Geheimes Papier: Daran ist die Koalition gescheitert
Inhalt
- Der Stand der Verhandlungen
- Grün: Erzielte Einigungen
- Gelb: Details zu klären
- Rot: Keine Einigungen
- Was davon jetzt kommt
Nach 44 Tagen Verhandlungen haben die Gespräche zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS ein jähes Ende gefunden. Erst sind die NEOS abgesprungen, am Tag darauf hat auch die ÖVP den Verhandlungstisch verlassen. Seitdem gehen die Erzählungen weit auseinander, was der Grund für den Abbruch der Koalitionsgespräche war.
Dem ORF liegt das rund 300 Seiten starke Papier zum Stand der Verhandlungen zwischen den Parteien vor. In einigen Punkten konnten sich die Parteien einigen, in vielen war kein Kompromiss in Sicht.
Der Stand der Verhandlungen
Ob Zuckerl- oder Austro-Ampel, in der Namensgebung für das potenzielle Dreierbündnis war man sich in Österreich noch uneinig. Eine tatsächliche "Ampel" haben die Verhandler aber für das Messen ihres Fortschritts verwendet. Grün für erzielte Einigung, Gelb für Themen, in denen noch Details zu klären waren und Rot für Punkte, in denen die Differenzen zu groß waren.
Jetzt ist schon wieder was vom LKW gefallen.
Das Dokument, das zeigt, wo sich ÖVP, SPÖ und Neos geeinigt hätten und was auf „rot“ war. Das Programm der gescheiterten Regierung. Gleich in der #zib2— Martin Thür (@MartinThuer) January 8, 2025
Grün: Erzielte Einigungen
- Reform der Bildungskarenz: Die Zugangshürden sollten höher werden. Auch sollte sie nicht mehr direkt nach der Elternkarenz möglich sein.
- Reform der Sozialhilfe: Die Länder sollten weiterhin zahlen. Die Abwicklung sollte jedoch über das AMS erfolgen.
- Wahlärzte-Debatte: Die Diskussion über die Rolle der Wahlärzte wurde unter der Überschrift „Fairer Beitrag der Wahlärzte für das öffentliche Gesundheitssystem“ vertagt.
- Weiterbau gestoppter Autobahnprojekte: Der Bau diverser Projekte, darunter des umstrittenen Lobautunnels, sollte wieder aufgenommen werden.
- Klimabonus: Der umstrittene Klimabonus sollte nicht vollständig gestrichen, sondern evaluiert und reformiert werden.
- Kopftuchverbot für minderjährige Mädchen: Es wurde eine Einigung auf ein solches Verbot erzielt.
Gelb: Details zu klären
- Einführung einer Bundesstaatsanwaltschaft: Für die Einführung einer Bundesstaatsanwaltschaft waren alle drei Parteien. Strittig blieb, ob sie eine Einzel- oder Dreierspitze erhalten sollte.
- Kindergrundsicherung: Die Kindergrundsicherung gilt als ein zentrales Projekt der SPÖ. In den Verhandlungen blieben Details dazu umstritten.
- Strafen für Eltern bei Verletzung der Schulpflicht: Generell konnten sich die Parteien hier auf eine Sanktionierung für Eltern einigen. Die Frage um finanzielle Strafen blieb jedoch offen.
- Erweiterte Cannabis-Abgabe für Schmerzpatienten: Die Details hierzu waren noch nicht finalisiert; die generelle Legalisierung von Cannabis blieb bis zuletzt auf Rot gestellt.
- Sparbedarf des ORF: Einig waren sich ÖVP, SPÖ und NEOS auch, dass beim ORF der Sparstift angesetzt werden sollte. Eine Einigung über ein Einfrieren der Beitragserhöhung ab 2026 gab es jedoch nicht.
- Abschaffung des Anhörungsrechts der Landeshauptleute: Der Vorschlag von SPÖ und NEOS blieb umstritten.
Rot: Keine Einigungen
- Klimaticket für alle bis 18: Beim Gratis-Klimaticket für alle bis 18 gab es keine Einigung.
- Abschaffung der AUVA: Auch der Vorschlag, die gesetzliche Unfallversicherung abzuschaffen, fand keine Mehrheit.
- Degressives Arbeitslosengeld: Die Idee, das Arbeitslosengeld über Zeit zu reduzieren, wurde abgelehnt.
- Valorisierung von Arbeitslosengeld und Notstandshilfe
- Verkürzung des Zivildienstes auf sechs Monate
- Erhöhung der Strafen für Klimakleber: Die ÖVP forderte eine stärkere Sanktionierung für Klimakleber. NEOS und SPÖ lehnten das ab.
- Mehr Ressourcen und Kompetenzen für die Korruptionsstaatsanwaltschaft: Hier wiederum waren es SPÖ und NEOS, die einen Ausbau der Möglichkeiten forderten. Eine Einigung blieb aus.
- Strafmündigkeit ab 12 Jahren: Auch in der Senkung des Strafalters gab es keine Einigung.
- Budget- und Steuerfragen: Letztlich zum Abbruch geführt haben sollen die Fragen rund ums Budget. Vor allem in puncto Pensionsreform und Bankenabgaben waren die Differenzen der Standpunkte zu groß.
Was davon jetzt kommt
Ob viel vom bereits Ausgehandelten umgesetzt wird, darf bezweifelt werden. Die NEOS bestätigen, bereits ausgehandelte Punkte auch unter Blau-Schwarz im Parlament zu unterstützen. "Neues Spiel", sagt dazu aber der designierte ÖVP-Chef Christian Stocker.