WHO-Pandemievertrag: Das steht wirklich im Plan
- Was der Vertrag regelt
- Was nicht enthalten ist
- Gültigkeit und nächster Schritt
- USA sind nicht dabei
- Kritik am Vertrag
Fünf Jahre nach Beginn der Corona-Pandemie und mehr als drei Jahre intensiver Verhandlungen haben sich die Mitgliedstaaten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) auf einen internationalen Pandemievertrag geeinigt. Ziel ist es, künftig besser auf globale Gesundheitskrisen reagieren zu können und ein Chaos wie im Jahr 2020 zu verhindern. Die Unterhändler haben dem Vertragsentwurf nach nächtelangen Sitzungen in Genf zugestimmt. Die endgültige Verabschiedung ist für die Weltgesundheitsversammlung im Mai geplant.
WHO-Generaldirektor Dr. Tedros Adhanom Ghebreyesus spricht von einem historischen Moment: „Die Nationen der Welt haben heute in Genf Geschichte geschrieben.“ Es sei gelungen, ein generationenübergreifendes Abkommen zu schaffen, das zeige, „dass Multilateralismus lebt“.
Was der Vertrag regelt
Der neue Vertrag sieht eine engere Zusammenarbeit bei der Pandemievorsorge, der Forschung und der Versorgung vor. So sollen Gensequenzen von Krankheitserregern künftig international geteilt und Medikamente sowie Impfstoffe gerechter verteilt werden. Der sogenannte One-Health-Ansatz, der die Gesundheit von Menschen, Tieren und Umwelt gemeinsam betrachtet, wird ebenso gestärkt wie regionale Forschungskapazitäten. Auch ein globales Lieferkettennetzwerk und ein koordinierter Finanzmechanismus sind vorgesehen.
Zudem enthält das Abkommen Maßnahmen zum Technologietransfer in ärmere Länder und sieht den Aufbau eines internationalen Einsatzteams für Gesundheitskrisen vor. Die Staaten verpflichten sich, ihre Gesundheitssysteme widerstandsfähiger aufzustellen und die Krisenvorsorge zu verbessern.
Die Regelung im Überblick
- Aufbau eines Systems zur Zugangserleichterung und fairen Verteilung von Krankheitserregerdaten (inkl. Gensequenzen).
- Stärkung der internationalen Zusammenarbeit bei Forschung und Entwicklung, besonders durch regional breit aufgestellte Kapazitäten.
- Förderung des Technologie- und Wissenstransfers, um ärmere Länder zu unterstützen.
- Einrichtung eines globalen Lieferketten- und Logistiknetzwerks.
- Schaffung eines koordinierten Finanzmechanismus für Pandemienotfälle.
- Aufbau eines qualifizierten internationalen Gesundheitseinsatzteams.
- Verpflichtung zum One-Health-Ansatz, der Mensch, Tier und Umwelt verknüpft.
Heads up: Countries negotiating a #PandemicAccord will shortly livestream the closing session of the current round.
You'll be able to tune in to the milestone moment here: https://t.co/XBUYa0EVYI— World Health Organization (WHO) (@WHO) April 16, 2025
Was nicht enthalten ist
Was der Vertrag ausdrücklich nicht vorsieht: Die WHO erhält keine neuen Befugnisse zur Anordnung von Lockdowns, Impfpflichten oder Reisebeschränkungen. Die nationale Souveränität der Mitgliedsstaaten bleibt weiter unangetastet. Maßnahmen dürfen nur im Einklang mit dem jeweiligen nationalen Recht erfolgen. Das macht auch eine Schwachstelle im Übereinkommen aus: Verpflichtungen werden teils vage formuliert, etwa mit Einschränkungen wie „in gegenseitigem Einvernehmen“.
Im Überblick: Keine Befugnis der WHO
- Lockdowns anzuordnen
- Impfpflichten zu verhängen
- Reisebeschränkungen durchzusetzen
Gültigkeit und nächster Schritt
Der finale Text wird ab dem 19. Mai 2025 bei der WHO-Vollversammlung zur Abstimmung vorgelegt. Wird er dort angenommen, beginnt der Ratifizierungsprozess weltweit. Die nationalen Parlamente müssen dem Vertrag erst zustimmen. Das bedeutet: Bis zur tatsächlichen Umsetzung kann es dauern – oder sie bleibt ganz aus, wenn Staaten sich verweigern.
USA sind nicht dabei
Definitiv nicht dabei sind die USA: Nach dem Regierungswechsel hat sich Washington aus den Verhandlungen zurückgezogen. Bereits 2020 hat Präsident Donald Trump einen Austritt aus der WHO angekündigt. Im Jänner 2026 tritt er tatsächlich in Kraft. Unter der aktuellen US-Regierung wird der Vertrag daher weder ratifiziert noch inhaltlich unterstützt.
Die Folgen für die internationale Gemeinschaft sind erheblich: Als bedeutende Macht in Forschung, Impfstoffproduktion und Krisenmanagement fehlt den internationalen Bemühungen ein zentraler Akteur. Auch das Signal an den Rest der Welt ist ambivalent.
Kritik am Vertrag
Der Vertrag wird nicht nur mit Jubel angenommen, auch von „historisch” sei er weit entfernt, monieren Kritiker. Gian-Luca Burci, Professor am Zentrum für globale Gesundheit in Genf, spricht von einem „Anfang und keinem Ende“. Viele Formulierungen des Vertrags seien unkonkret. Verpflichtungen könnten durch nationale Gesetze aufgeweicht werden, tatsächliche Fortschritte bleiben abhängig vom politischen Willen der jeweiligen Staaten.