Online-Shopping: Mit (k)einem Klick im Kaufrausch?
Mein Drehsessel war in die Jahre gekommen. Das Leder bröselte ab. Ein neuer musste her! Die Auswahl bei den Möbelhändlern vor Ort war begrenzt, daher habe ich mich online umgesehen. Schnell bin ich fündig geworden und habe mir den drehbaren rosaroten Samtstuhl kurzerhand bestellt. Bis endlich der Link zur Paketsendungsverfolgung kam, mein Sessel also verschickt wurde, hat es einige Tage gedauert. Danach ging’s mit der Lieferung umso flotter. Zu dieser Zeit war in meiner Gegend zum Glück ein fähiger, freundlicher Paketbote unterwegs. Ein so netter Kerl, der mir das schwere Teil auch noch zwei Schritte weiter in den Flur getragen hat und nicht draußen auf den Stufen stehen ließ.
Während ich diese Zeilen schreibe, sitze ich schon auf dem neuen Armlehnstuhl. Leider war der Weg dorthin aber ein steiniger und eine „schwere Geburt“, wie wir in Österreich gern sagen. Die Schrauben fehlten! Also schrieb ich eine Nachricht an den Kundenservice des Möbelhändlers mit der Bitte um Zusendung der fehlenden Teile. Es hat eine Weile gedauert, bis eine Antwort folgte: Man wird mir den nötigen Zubehör umgehend zusenden. Es ging dann auch recht rasch, aber leider wurden mir die falschen Schrauben zugeschickt. Auch wenn die Artikelnummer bis zur vorletzten Zahl stimmt – die letzte Ziffer macht sehr wohl einen Unterschied! Glücklicherweise waren vier der acht falschen Schrauben für mich den-noch brauchbar, weil zumindest der Durchmesser stimmte, und nun sitze ich endlich auf meinem neuen Stuhl!
Online-Shopping – das Paradies auf Erden?
Hätte ich meinen Sessel vor Ort gekauft, wäre die Reklamation wohl weniger umständlich verlaufen. Im Lager werden mir die fehlenden Schrauben ausgehändigt und ich kann das Teil fix zusammenbauen. Wenn alles einwandfrei funktioniert, ist es bequem und praktisch, online einzukaufen. Ich muss bei Kälte oder strömendem Regen nicht raus. Ich muss mich nicht durch überfüllte Geschäfte quetschen. Ich muss mich nicht in eine lange Schlange an der Kassa einreihen und warten, weil der oder die vor mir noch gefühlt 97 Minuten nach exakt 97 Cent in einzelnen Münzen sucht, während ich und die Leute hinter mir murren und schnauben. Ich bin an keine Öffnungszeiten gebunden. Die Auswahl ist riesig und mit ein paar Klicks ist alles erledigt.
Tja, wenn das Wörtchen „wenn“ nicht wäre … Die Kontaktaufnahme erfolgt im Problemfall über eine Einheitsmailadresse, wo die Nachrichten jedes Mal von einem/einer anderen Mitarbeiter*in bearbeitet werden und man sein Anliegen immer wieder aufs Neue vorbringen muss. Hat man Pech, kommt noch der Ärger mit einer missglückten Zustellung hinzu. Wie oft ging es mir schon so, dass die Zustellung nicht geklappt hat, obwohl ich zu Hause war. Dann musste ich mein Paket erst wieder bei der Post abholen. Ein Paket mit teuren Pullis hat eine Freundin bis heute nicht erhalten. Beschwerden verliefen im Sand, denn im System scheint es als zugestellt auf. Wer auch immer sich da an fremdem Eigentum bedient hat – das nervt! In Hochphasen der Online-Bestellungen wie kurz vor Weihnachten oder während der Pandemie kamen noch ewig lange Wartezeiten dazu.
Online bestellen oder zurück in die Läden?
Ich bin Historikerin. Manchmal lebe ich wohl zu sehr in der Vergangenheit, denn ich mag die analoge Welt. Ich kaufe lieber analog als digital ein. Erstens muss ich mich nicht mit der Postsendung rumärgern, denn ich kann das Geshoppte gleich und persönlich mit nach Hause nehmen. Zweitens sehe ich sofort, was ich kaufe. Die Ware liegt griffbereit vor mir. Ich muss mich nicht auf ein Foto, einen Beschreibungstext und Bewertungen verlassen. Ich mag auch die Hintergrundmusik in den Geschäften, die engen Umkleidekabinen, das Flanieren durch den Buchladen und das Schmökern in Buchrückentexten. Es mag blöd klingen, aber es ist wahr: Shoppen – mit allem, was dazugehört – entspannt mich. Na ja, zumindest die meiste Zeit über (Stichwort: 97 Cent).
Drittens verlieren wir soziale Kontakte, wenn wir ständig alles im World Wide Web erledigen. Es ist nett, mit einem Verkäufer zu plaudern, sich beraten zu lassen. Hin und wieder trifft man auf bekannte Gesichter. Die Welt wartet auf uns vor der Tür, nicht vor dem Bildschirm! Viertens schaffen wir Arbeitsplätze, wenn wir den kleinen Läden, aber auch den Ketten vor Ort die Treue halten. Wenn ich genau weiß, was ich will, kommt Punkt Nummer fünf ins Spiel: die Filialabholung. Die ist für mich ein praktischer Kompromiss.
Zur Autorin
Ungewöhnliche Trends und wenig Alltägliches - von leichter Hand präsentiert: Dem hat sich Passion Author Hanna E. Lore buchstäblich verschrieben.