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Laut Martin Andree geht eine große Gefahr für Demokratie und Wirtschaft von der digitalen Monopolisierung durch US-Konzerne aus.
Laut Martin Andree geht eine große Gefahr für Demokratie und Wirtschaft von der digitalen Monopolisierung durch US-Konzerne aus.
Laut Martin Andree geht eine große Gefahr für Demokratie und Wirtschaft von der digitalen Monopolisierung durch US-Konzerne aus.
Thomas Fedra

Martin Andree: Im Kampf gegen digitale US-Monopole

09.09.2024 um 13:07, Michael Schwarz
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Dem unglaublichen Einfluss von US-Konzernen widmet sich Medienwissenschaftler Martin Andree in seinem Vortrag auf dem diesjährigen Marketing Forum.

Nach einer zweijährigen Pause legt das Marketing Forum sein Comeback hin. Und vieles ist neu bei dem bekannten Branchenevent. Im Mittelpunkt stehen Interaktion und Diskurs. Statt klassischen Vorträgen setzt man auf den Austausch mit dem Publikum. Außerdem hat man sich für eine neue Location entschieden: das modern eingerichtete Haus der Wirtschaft. Teilnehmer des Marketing Forums können sich auf „Out oft the Box Thinking“ von Experten freuen, so Christoph Teller, Präsident des Marketing Club Linz. Einer dieser Experten, der die großen Herausforderungen anspricht, ist Martin Andree.

CHEFINFO: Zu welchem Thema werden Sie am Marketing Forum 2024 sprechen?

Martin Andree: Thema wird sein, dass unsere digitale Medienwirklichkeit durch ganz wenige Tech-Unternehmen abgedeckt wird. Und das hat sehr negative Folgen. Einerseits für die Demokratie, weil damit diesen Tech-Unternehmen unsere zukünftige politische Öffentlichkeit quasi gehört. Aber eben auch für die Wirtschaft, weil Monopole immer sehr negative Folgen für Wirtschaftsteilnehmer haben. 

Die Problematik der Zukunft ist, dass wir Kritik an Big Tech nur noch auf ihren digitalen Plattformen äußern können.

Martin Andree, Medienwissenschaftler

Diese Monopolisierung kritisieren Sie in Ihrem Buch „Big Tech muss weg!“. Was ist Big Tech?

Andree: Also es gibt die EU-Definition der Very Large Platforms. Aber hier geht es insbesondere um die ganz großen fünf. Das sind, Medienöffentlichkeit betreffend, vor allem Alphabet und Meta. Aber natürlich auch Apple, Amazon und Microsoft.

Das Internet wurde für seine Demokratisierung von Wissenserzeugung gepriesen. „User-generierte Inhalte“ statt mächtiger Leitmedien. War das ein Irrglaube?

Andree: Natürlich war das Internet, vor allem das World Wide Web, erfunden durch Tim Berners-Lee im Jahr 1989, demokratisierend. Das steht außer Frage. Was aber natürlich dann in den 2000ern begonnen hat, war, dass eben Plattformen durch Netzwerkeffekte sich den Traffic aus diesem Internet in monopolistische Silos ziehen. Das haben wir damals nicht verstanden. Traffic außerhalb der großen Plattformen findet jetzt kaum noch statt. Und damit ist eigentlich das, was ursprünglich einmal demokratisierend war, in das Gegenteil umgeschlagen.

Braucht es Intervention durch die Politik, um einen Gegentrend zu setzen?

Andree: Das klingt jetzt nach Bürokratie. Eigentlich ist aber das Gegenteil der Fall. Diese Monopolisierung ist das Ergebnis einer Fehlregulierung. Diese besteht darin, dass die großen Plattformen regulatorisch wie Infrastrukturbetreiber behandelt werden, während andere Medien zum Beispiel anders reguliert sind. Sie monetarisieren aber Inhalte wie jedes redaktionelle Medium. Ich schlage deshalb eine Liberalisierung der digitalen Märkte vor. Wichtig ist die Ermöglichung von Chancengleichheit, die durch diese aktuelle Fehlregulierung aktiv verhindert wird. Monopolisten haben natürlich großes Interesse daran, den Status quo beizubehalten. Sie arbeiten mit dem Narrativ, dass Bürokraten das Netz regulieren wollen. Dabei ist genau das Gegenteil der Fall. Und übrigens niemand reguliert härter und gnadenloser als Big Tech, nämlich in ihren eigenen Plattformen. Denn da gehört ihnen quasi die Rechtsprechung.

Kann digitales Marketing an Facebook-Anzeigen und YouTube-Werbung noch vorbei?

Andree: Unter monopolistischen Bedingungen haben wir keine Möglichkeiten, an diesen Riesenplattformen vorbeizuarbeiten. Ich verkaufe mein Anti-Big-Tech-Buch auch auf Amazon, weil ich keine andere Wahl habe. 90 Prozent aller Online-Buchverkäufe gehen über Amazon. Das ist die Problematik der Zukunft. Dann können wir Kritik an Big Tech nur noch auf ihren digitalen Plattformen äußern.

Ihre Kritik richtet sich gegen US-­Konzerne. Wie sehen Sie die Vorstöße asiatischer Konkurrenz wie TikTok?

Andree: TikTok ist sehr stark geworden, das Problem der Monopole sehe ich jedoch hauptsächlich bei den amerikanischen Anbietern. Es ist aber eine Ironie des Schicksals, dass TikTok, das unter dem Schutzschirm einer diktatorischen Digitalwirtschaft entstanden ist, die einzige Ausnahme darstellt, bei der es ein neuer Wettbewerber geschafft hat, gegen die US-Monopole nennenswerte Nutzungszeiten aufzubauen. Deswegen zeigt sogar TikTok aus einer anderen Perspektive, wie problematisch diese monopolisierte digitale Wirtschaft ist. 


Infos zum Marketing Forum 2024

Donnerstag, 19. September 2024, Beginn 09:00 Uhr, Wirtschaftskammer OÖ, Hessenplatz 3, 4020 Linz

Im toten Winkel des Marketings. Verborgene Potenziale – übersehene Chancen

 

Nähere Infos und Anmeldung unter:

marketingclub-linz.at/mfl2024
 

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