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Der steirische ÖVP-Spitzenkandidat Kurt Egger im Rahmen eines Interviews.
Kurt Egger geht als steirischer ÖVP-Spitzenkandidat in die Nationalratswahl.
Kurt Egger geht als steirischer ÖVP-Spitzenkandidat in die Nationalratswahl.
Philipp Lipiarski

Kurt Egger warnt: "32-Stunden-Woche ist realitätsfremd"

23.09.2024 um 13:35, Patrick Deutsch
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Kurt Egger setzt als steirischer ÖVP-Spitzenkandidat auf Infrastruktur-Ausbau und will dabei den Spagat zwischen Klimaschutz und Wirtschaftswachstum schaffen.

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Engagierter Wirtschaftsfachmann: Kurt Egger startete seine politische Laufbahn 1997 als Landessekretär der Jungen ÖVP Steiermark. Nach mehreren Positionen, unter anderem als Geschäfts- führer der ÖVP Graz Umgebung und Direktor des Wirtschaftsbunds Steiermark, ist er seit 2021 Abgeordneter im Nationalrat und seit 2022 Mediensprecher der ÖVP.

Sie sind Spitzenkandidat der ÖVP in der Steiermark. Was wollen Sie für die Steirer in der kommenden Legislaturperiode verändern?
Egger: Sowohl die Straßen- als auch die Schieneninfrastruktur müssen unbedingt ausgebaut werden. Wir brauchen den Ausbau der A9 im Süden von Graz, aber auch die S36 und die S37 im Murtal. Auf der Schiene müssen die Verbindungen von Graz nach Spielfeld und von Graz nach Bruck entsprechend den Verkehrserfordernissen erneuert werden. Und wenn wir die Chancengleichheit von Stadt und Land wirklich ernst nehmen, muss der Bund weiter in den Breitbandausbau investieren. Von besonderer Bedeutung für die steirische Wirtschaft ist auch die Aufrechterhaltung der Headquartertauglichkeit von Graz durch einen intakten Grazer Flughafen. Zudem wollen wir Kinderbetreuungsangebote erweitern sowie Investitionen in das Gesundheitssystem stärken. Ziel dieser Maßnahmen ist es, die ländlichen Regionen attraktiver zu gestalten, neue Arbeitsplätze zu schaffen und die Abwanderung in urbane Zentren zu verhindern.

Wie beurteilen Sie die aktuelle wirtschaftliche Lage in Österreich?
Egger: Die letzten Jahre waren für unseren Wirtschaftsstandort besonders herausfordernd, gleichzeitig trübt der Fachkräftemangel, demografischer Wandel und internationaler Wettbewerb die Lage weiter ein. Um gestärkt aus diesen Umbrüchen zu gehen, müssen wir den Wachstumsturbo zünden. Das heißt weniger überbordende Bürokratie, runter mit der zu hohen Steuerbelastung und zu geringen Anreizen für Arbeit - daher Vollzeit attraktiver gestalten, Anreize für Mehrarbeit, steuerfreie Überstunden sowie steuer- und abgabenfreies Arbeiten in der Pension. Denn um unseren Wohlstand und unsere Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten, braucht es Einsatz und Leistung.

Eine 32h Woche bei vollem Lohnausgleich ist schlichtweg realitätsfremd.

Kurt Egger über eine geforderte Arbeitszeitverkürzung

Was ist ein Leistungsträger?

Die ÖVP spricht sich gegen eine generelle Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich aus. Was sagen Sie einem jungen Menschen, der keine 40-Stunden arbeiten will?
Egger: Eine 32h Woche bei vollem Lohnausgleich ist schlichtweg realitätsfremd – einerseits aufgrund des vorherrschenden Fachkräftemangels, andererseits gibt es Bereiche, in denen in der verkürzten Arbeitszeit einfach nicht das gleiche geleistet werden kann. Wer sollte in den restlichen Tagen unsere Kinder betreuen, Kranke pflegen oder Kreuzungen regeln? Jungen Menschen sage ich immer, dass man mit einer reinen Teilzeitbeschäftigung spätestens bei Pensionsantritt negativ überrascht sein wird. Klar ist für mich, dass wir Vollzeitarbeit wieder so attraktiv gestalten müssen, dass der Mehrwert auch am Gehaltszettel klar erkennbar ist.

Wie bewerten Sie die aktuelle Steuer- und Abgabenpolitik, insbesondere in Bezug auf Teilzeitbeschäftigte?
Egger: Wir haben hier ein klares Ungleichgewicht: In Anbetracht der derzeitigen Situation brauchen wir Anreize für Mehrarbeit und gerechte Entlohnung für unsere Leistungsträger. Daher setzen wir mit dem Österreichplan auf steuerfreie Überstunden, eine weitere Lohnnebenkostensenkung und einen Vollzeitbonus. Wohlstand ist nur durch Leistung erreichbar und genau dieser Grundsatz muss in der Gesellschaft auch wieder stärker verankert werden.

Die ÖVP sieht sich als Vertreter der „Leistungsträger“. Wie würden Sie einen „Leistungsträger“ definieren?
Egger: Leistungsträger sind jene Personen, die durch ihren Einsatz zur Gesellschaft und Wirtschaft eine tragende Rolle spielen, sei es in der Familie, in der Arbeit oder im Ehrenamt. Sie sind die starke Mitte – alle Arbeitnehmer, Bauern, öffentlich Bedienstete und Unternehmer - und ihnen verdanken wir unseren Wohlstand.

Hinter den Kulissen wird Kurt Egger als zukünftiger Finanzminister gehandelt.

Wirtschaft und Klima gehen Hand in Hand

Der Wirtschaftsbund betont die Wichtigkeit von Fachkräften und will gezielt qualifiziertes Personal nach Österreich holen. Welche Maßnahmen sind hier konkret geplant?
Egger: Um den Fachkräftebedarf in Zukunft zu decken, müssen wir sowohl die qualifizierte Zuwanderung als auch integrative Maßnahmen stärken. Dazu zählen die Weiterentwicklung der Rot-Weiß-Rot-Karte, der Bürokratieabbau für anwerbende Unternehmen und die gezielte Rekrutierung von Arbeitskräften in Schlüsselmärkten. Eine erfolgreiche Integration setzt auch die Akzeptanz und Annahme unserer Werte voraus, insbesondere in den Bereichen Arbeit und Geschlechterrollen. Zuwanderung ins Sozialsystem gilt es durch strengere Regelungen zu verhindern.

Sie haben gesagt, dass wirtschaftliches Wachstum und Klimaschutz Hand in Hand gehen müssen. Wie wollen Sie diesen Spagat in der Praxis umsetzen?
Egger: Wirtschaftswachstum und Klimaschutz können durch Investitionen in grüne Technologien, Energieeffizienz und nachhaltige Mobilität gefördert werden, da diese Innovationen neue Arbeitsplätze schaffen und gleichzeitig Emissionen reduzieren. Das Wirtschaft und Klima Hand in Hand gehen können, zeigen auch nachhaltige Investitionen in die steirische Infrastruktur, wie etwa der Ausbau der Koralmbahn. Wieso sich gerade die ansonsten so umweltbewussten Grünen jahrelang gegen dieses Projekt gestellt haben, kann ich nicht nachvollziehen.

Welche Maßnahmen plant die ÖVP, um dem Problem der Bodenversiegelung in der Steiermark entgegenzuwirken?
Egger: Bodenversiegelungen könnten etwa durch Entsiegelungsmaßnahmen und nachhaltige Investitionen in die kommunale Infrastruktur reduziert werden. Hier braucht es aber einen ganzen Mix aus Maßnahmen, um auch die Lebensqualität in ländlichen Gebieten zu verbessern.

Weil wir als Volkspartei die starke Mitte vertreten und die einzige Wahl zwischen rechten Radikalen und linken Träumern sind.

Kurt Egger über die Positionierung der ÖVP.

Nächste Station: Finanzminister?

Sie haben sich gegen den sogenannten „Burgenland-Sozialismus“ ausgesprochen. Wie würden Sie Ihre eigene wirtschaftspolitische Vision im Vergleich dazu beschreiben?
Egger: Als Volkspartei setzen wir auf die ökosoziale Marktwirtschaft und erteilen Verstaatlichungen eine klare Absage. Insgesamt trete ich für eine wirtschaftspolitische Vision ein, die auf mehr Freiheit, weniger staatlichen Eingriffe, mehr Eigenverantwortung und marktwirtschaftliche Prinzipien basiert. Ziel dabei sollte es immer sein wirtschaftliches Wachstum und Wohlstand zu fördern, ohne den Sozialstaat aus den Augen zu verlieren.

Der ÖVP werden bei der kommenden Nationalratswahl herbe Verluste vorausgesagt, aber eine Koalition ohne ÖVP-Beteiligung scheint fast unmöglich. Warum braucht es die ÖVP in der Regierung?
Egger: Weil wir als Volkspartei die starke Mitte vertreten und die einzige Wahl zwischen rechten Radikalen und linken Träumern sind. Wir stehen für Sicherheit und Stabilität und garantieren eine Wirtschafts- und Sozialpolitik mit Hausverstand sowie die Erhaltung unseres Wohlstandes für die nächsten Generationen.

Sie werden unter der Hand als möglicher Finanzminister gehandelt. Ein Amt, das Sie reizt?
Egger: Mir ist nicht bewusst, dass dies der Fall ist und ich beteilige mich auch nicht an Personalspekulationen. Ich bin aktuell mit meiner Aufgabe als Nationalratsabgeordneter und Mediensprecher, sowie als Generalsekretär beim Wirtschaftsbund überaus zufrieden. Und jetzt hat es ohnehin Priorität, die Wähler von unserem Programm zu überzeugen.

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