Familienpolitik: FPÖ & ÖVP verhandeln Herdprämie
Inhalt
- Das plant Blau-Schwarz
- Betreuungszuschuss bereits Praxis
- Oberösterreich
- Salzburg
- Steiermark
- Kritik an "Herdprämie"
- Kinderbetreuung ausbauen
- Falle für Frauen
- SPÖ und NEOS schlagen Alarm
Die Regierungsverhandlungen zwischen FPÖ und ÖVP laufen auf Hochtouren. Neben den geplanten Sparmaßnahmen sorgt ein weiteres Thema vor allem außerhalb der Verhandlungsräume für hitzige Debatten: die sogenannte „Herdprämie“. Insbesondere die FPÖ drängt auf eine stärkere finanzielle Förderung für Eltern, die ihre Kinder zu Hause betreuen und sie nicht in öffentliche Kinderbetreuungseinrichtungen geben. Für die ÖVP ist eine solche Betreuungsprämie durchaus vorstellbar.
Das plant Blau-Schwarz
Die FPÖ plant, den Kinderbetreuungsbonus für alle jene, die ihre Kinder daheim betreuen, in Höhe der Mindestsicherung aufzustocken. Familien sollen damit einen finanziellen Anreiz erhalten, auf eine externe Betreuung zu verzichten und stattdessen die Kindererziehung in den eigenen vier Wänden zu übernehmen. Ziel sei eine "echte Wahlfreiheit" zwischen Erwerbstätigkeit und Betreuung.
ÖVP-intern wird die Forderung nicht als „No-Go“ bezeichnet. Die Verhandlungen stünden aber noch am Anfang, betont Familienstaatssekretärin Claudia Plakolm, die für die Volkspartei die Familienagenden mit ihrem FPÖ-Gegenüber Rosa Ecker verhandelt. Generell könnte sich für die Volkspartei aber ein Interessenskonflikt ergeben. Sie hat sich auf die Fahnen geschrieben, den Anteil Vollzeiterwerbstätiger zu erhöhen. Eine Prämie fürs "daheim bleiben" dürfte da das falsche Signal sein und Eltern den Wiedereinstieg ins Berufsleben deutlich erschweren.
Betreuungszuschuss bereits Praxis
Das Konzept ist nicht neu. In Teilen Österreichs wird die Betreuung daheim vom Land oder Gemeinden subventioniert.
Oberösterreich
Bereits 2019 hat die FPÖ in Oberösterreich eine solche Förderung eingeführt. Familien, die ihre Kinder zwischen dem dritten Lebensjahr und dem verpflichtenden Kindergartenjahr zu Hause betreuen, erhalten dort bis zu 960 Euro pro Jahr – wenn sie das beitragsfreie Betreuungsangebot bis 13:00 Uhr nicht in Anspruch nehmen. Manko: Die dafür verwendeten Mittel seien eigentlich für den Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen vorgesehen, bemängelt die Arbeiterkammer.
Salzburg
Ähnliche Modelle existieren auch in vereinzelten Gemeinden in Salzburg und der Steiermark. In Berndorf beispielsweise zahlt die Gemeinde 130 Euro monatlich für Kleinkinder zwischen zwei und drei Jahren, die ausschließlich zu Hause betreut werden. Für jüngere Kinder, die zwischen 17 und 23 Monaten alt sind, gibt es 70 Euro monatlich. Das Modell unterstütze vor allem Familien im ländlichen Raum, die beispielsweise nicht auf die Unterstützung von Großeltern zurückgreifen können und sich die Kosten für eine Betreuungseinrichtung sparen möchten.
Steiermark
In der Gemeinde Lannach wird bereits seit acht Jahren eine ähnliche Prämie gewährt. Eltern erhalten dort monatlich zwischen 100 und 300 Euro, je nach Alter des Kindes und Dauer der Betreuung. Die Förderung endet mit dem dritten Lebensjahr des Kindes. Die Förderung sei eine "kostengünstige Alternative zur institutionellen Kinderbetreuung", verteidigt Bürgermeister Josef Niggas (ÖVP) das Modell. Für einen Krippenplatz fallen in der Gemeinde durchschnittlich 18.000 Euro pro Jahr an, während die „Herdprämie“ die Gemeindekosten deutlich senke. Es sei eine "willkommene Unterstützung für junge Familien“, zeigt er sich überzeugt.
Kritik an "Herdprämie"
Staatliche Zahlungen an Eltern, die ihre Kinder betreuen: Das klingt im ersten Moment gar nicht mal schlecht. Fakt ist jedoch, dass die Betreuung nach wie vor überwiegend von Müttern übernommen werden. Das hat dem Modell auch den Namen "Herdprämie" eingebracht. Frauen würden quasi eine Prämie dafür erhalten, wenn sie statt einer Erwerbstätigkeit nachzugehen daheim "hinterm Herd" blieben.
Kritiker bemängeln nicht nur die Propagierung eines in ihren Augen überholten Familienbildes. Vor allem sei die Selbstbestimmung von Frauen in Gefahr. Durch die einseitige Prämie würde eine finanzielle Schieflage entstehen, die Frauen erneut in traditionelle Rollenbilder – und damit finanzielle Abhängigkeit – drängen würde. Auch die Finanzierung stößt vielen sauer auf.
Kinderbetreuung ausbauen
Während sich einzelne Gemeinden über geringere Kosten freuen, kritisieren andere die Umschichtung von eigentlich verplantem Budget. Die für den Bonus verwendeten Gelder seien ursprünglich für den Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen vorgesehen gewesen, kritisiert etwa die Arbeiterkammer. „Die Förderung geht zulasten der frühkindlichen Bildung und der wirtschaftlichen Eigenständigkeit von Frauen“, so Vera Glassner von der AK Wien. Beim Ausbau von Krippen- und Kindergartenplätzen geht es zudem nicht nur um die Betreuung der Kleinsten. Eltern und vor allem Frauen wird so auch die rasche Rückkehr in die Erwerbstätigkeit ermöglicht.
Falle für Frauen
Glassner warnt vor den langfristigen Folgen der „Herdprämie“: Frauen würden durch die Maßnahme massiv benachteiligt, da der Wiedereinstieg ins Berufsleben erschwert werde. Zudem erhöhe sich das Risiko von Altersarmut, da geringere Pensionsansprüche aufgebaut würden. „Von echter Wahlfreiheit kann keine Rede sein, solange flächendeckende Kinderbetreuung fehlt“, betont sie. Auch vom Erreichen der EU-Vorgaben, bis 2030 mindestens 45 Prozent der Kinder unter drei Jahren in Betreuungseinrichtungen unterzubringen, sei Österreich weit entfernt.
SPÖ und NEOS schlagen Alarm
Die SPÖ und die NEOS lehnen die „Herdprämie“ entschieden ab. Die Pläne seien "geschichtsvergessen", kritisiert SPÖ-Frauenchefin Eva-Maria Holzleitner. Statt einem Zuschuss zur Betreuung daheim fordert sie einen Rechtsanspruch auf einen kostenlosen ganztägigen "Kinderbildungsplatz" ab dem ersten Lebensjahr. Barbara Novak, SPÖ Wien nennt den Vorstoß gar einen „Frontalangriff auf Frauenrechte“ und warnt: „Die Prämie drängt Frauen in Abhängigkeit und nimmt Kindern wichtige Zukunftschancen.“
Auch die NEOS betonen die Notwendigkeit, in Kinderbetreuung zu investieren, anstatt Frauen durch finanzielle Anreize zu Hause zu halten. NEOS-Frauensprecherin Henrike Brandstötter sieht die Maßnahme als Angriff auf die Selbstbestimmung von Frauen. „Die Freiheit der Frau beginnt in der eigenen Geldbörse. Investitionen in Bildung und Betreuung sind dringend notwendig.“