Scheidung vom kranken Partner: Geht das eigentlich?
Die Trennung von Wolfgang Porsche (79) von seiner schwer kranken Frau Claudia Hübner (74) machte kürzlich Schlagzeilen. weekend.at hat berichtet. Viele fragen sich, ist es so einfach, sich von seinem kranken Ehepartner scheiden zu lassen? Die Wiener Rechtsanwältin Susanna Perl-Lippitsch klärt im Interview auf.
"Der gesunde Partner hat ein Recht auf Scheidung"
weekend.at: Ist Krankheit ein Grund, um sich scheiden zu lassen?
Susanna Perl-Lippitsch: Ja, das kann sie sein. Das Ehegesetz billigt bei Krankheit dem scheidungswilligen und gesunden Ehegatten grundsätzlich das Recht auf Scheidung zu. Diese Möglichkeit steht zwar in einem Spannungsverhältnis zur ehelichen Beistandspflicht ("in guten wie in schlechten Zeiten"), wird aber insofern abgefedert, als die Ehe nicht geschieden werden darf, wenn sie den kranken Ehegatten außergewöhnlich hart treffen würde. Das muss das Gericht anhand der konkreten Umstände von sich aus prüfen.
weekend.at: Kann man sich scheiden lassen, wenn der Ehepartner gesundheitlich so angeschlagen ist, dass er oder sie nicht mehr ansprechbar (wie im Falle von Demenz) ist?
Susanna Perl-Lippitsch: Liegt eine so schwere Erkrankung vor, dass der Kranke nicht prozessfähig ist, ist er zwar Partei des Verfahrens, den Scheidungsprozess führt aber sein gesetzlicher Vertreter.
weekend.at: Muss der Ex-Ehepartner im Falle einer Scheidung die Pflegekosten übernehmen?
Susanna Perl-Lippitsch: Das hängt vom Grad des Verschuldens des scheidungswilligen Ehepartners ab. Hat dieser selbst einen Scheidungsgrund gesetzt und gelangt das Gericht zu der Auffassung, dass ihn an der Zerrüttung der Ehe mehr Verschulden trifft, dann ist er – wenn er der Besserverdiener ist – zu lebenslangen Unterhaltszahlungen an den kranken Partner verpflichtet. Kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass keinen von beiden ein Verschulden trifft, so hat der kranke Partner Anspruch auf den notdürftigen Unterhalt. Eigenes Vermögen und Einkommen des kranken Partners müssen allerdings berücksichtigt werden.
weekend.at: Wie kann man eine solche Trennung moralisch vertreten, es heißt ja in Gesundheit und in Krankheit?
Susanna Perl-Lippitsch: Aus meiner Sicht ist das moralisch vertretbar. Das Gericht prüft ja, ob das Scheidungsbegehren sittlich gerechtfertigt ist. Dabei werden die konkreten Lebensumstände, wie die Dauer der Ehe, das Lebensalter der Ehegatten und ihr gesamtes bisheriges Verhalten zueinander in Betracht gezogen.
weekend.at: Kommt eine solche Scheidung wie im Falle Porsche öfters vor? Hatten Sie so einen Fall schon einmal?
Susanna Perl-Lippitsch: Eine Scheidung wie im Fall Porsche kommt selten vor, da die Umstände meist besonders tragisch und außergewöhnlich sind. Aber einmal hatte ich eine solche Scheidung. Da ist die Ehe eines jungen und glücklich verliebten Ehepaares durch einen tragischen Unfall des Mannes von einem Tag auf den anderen zerbrochen.