Platz da! Erfolgsmodell Self Storage
Hand aufs Herz: Haben Sie während der Lockdowns die Zeit genutzt, um Ordnung zu schaffen? Wenn ja, waren Sie nicht allein. Die Altstoffsammelzentren des Landes wurden regelrecht gestürmt, phasenweise musste man Menschen abweisen, weil man mit der Menge nicht nachkam. Oberösterreich ist übrigens Staatsmeister beim Entsorgen, und dennoch gibt es so manches Stück, von dem man sich nicht trennen kann oder einfach nicht trennen will. Bei rund 10.000 Dingen, die ein Mensch in Westeuropa im Schnitt besitzt, kann es schnell einmal eng werden in den eigenen vier Wänden. Mietflächen wie Garagen oder Lagerplätze sorgen für Abhilfe.
US-Import
In Europa sind Mietlager für Privatpersonen eine noch relativ junge Branche. In den USA hingegen hat sie bereits Tradition. 1895 gründeten die Brüder John und Martin Bekin die Bekins Van & Storage Co. 1906 entstand ihr erstes Self-Storage-Lagerhaus in Los Angeles. Pro US-Bürger vom Baby bis zum Greis hat heute jeder der 328 Millionen Amerikaner im Schnitt 0,7 m2 Fläche gemietet. Dafür steht eine Lagerfläche von rund 30.000 Fußballfeldern zur Verfügung. Europa hinkt da noch weit hinterher, holt aber auf.
Einer der Pioniere hierzulande ist Martin Gerhardus, geschäftsführender Gesellschafter von MyPlace SelfStorage. „Ein Freund, der 1998 aus den USA zurückkam, erzählte mir und meinem damaligen Geschäftspartner von Self Storage, einer Dienstleistung, die in ganz Amerika bereits gang und gäbe und außerdem sehr erfolgreich wäre.“ Gerhardus und sein Kompagnon setzten sich hin und rechneten. „Wir waren sofort von der Geschäftsidee begeistert.“ Ende 1998 begann man zu dritt, die Geschäftsidee in die Tat umzusetzen.
Vom Pionier zum Marktführer
MyPlace ist mit mittlerweile 52 Filialen und 34 Prozent Marktanteil Marktführer im DACH-Raum. „In den kommenden Jahren sollen in verschiedenen Städten in Deutschland, Österreich und der Schweiz neue MyPlace-Filialen entstehen. Unser Ziel ist es, dass die Bewohner der MyPlace-Regionen innerhalb von zehn Autominuten eines unserer Häuser erreichen können.“ Gerhardus versucht auch Einzelhandel, Supermärkte, Cafés und Bäckereien an den Standorten anzusiedeln, um sie zu beleben. „Das Self Storage wird somit ein Teil der alltäglichen Besorgungen.“
Spiegelbild des Lebens
Die Beweggründe, sich ein Lager zu mieten, sind vielfältig, berichtet der Pionier. Von einfachem Platzmangel über Übersiedelungen, Renovierungen, Erbschaften oder Scheidungen, Todesfälle, Hochzeiten bis hin zu Kunden, die es beruflich ins Ausland zieht und ein sicheres Depot für ihr Hab und Gut suchen, reicht die Palette. Die Lager bilden damit das reale Leben und seine Hochs und Tiefs ab. „Die Businesslager werden von Gewerbetreibenden und Firmen etwa als Zusatzlager für sich oder für den Außendienst, als Aktenlager während der gesetzlich auferlegten Aufbewahrungsfrist oder zum Verstauen sperriger Messestände und Werbematerialien benutzt.“
Online-„Speicherplatz“
Natürlich macht auch vor der Self-Storage-Branche die Digitalisierung nicht halt. „Dabei ist die digitale Vertragsabwicklung die wohl wichtigste Digitalisierungsmaßnahme. Vor allem die jüngeren Generationen sind es heutzutage gewohnt, nahezu alles online zu erledigen. Sein Abteil online buchen zu können, bietet einen niederschwelligen Zugang zu den Self-Storage-Angeboten.“ MyPlace-Kunden können bereits seit zwei Jahren die Anmietung ihres Abteils komplett online abwickeln. Und auch das Thema „Nachhaltigkeit“ ist in der Branche längst angekommen: „Bei MyPlace setzen wir seit geraumer Zeit beim Bau neuer Filialen mit einem konsequenten Fokus auf Technologien wie Wärmepumpen, Photovoltaik oder begrünte Dächer stark auf Umweltschutz und Nachhaltigkeit.“
Garagen-Startup
Themen, die auch das Unternehmen GaragenCity beschäftigt. Im Bereich Mietgaragen sind die Linzer österreichischer Marktführer. 1.600 Garagen stehen zur Miete bereit. „Die Suche nach Lagerflächen steigt ständig, weil der Wohnraum geringer wird. Ob Sportartikel, Ski, Fahrräder, Spielsachen, Tauchutensilien, Fischerei, viele bringen ihr Hobby nicht mehr unter“, schildert Inhaber Josef Ploier. Vor zehn Jahren begann die Erfolgsstory der Linzer. Vor fünfeinhalb Jahren löste man das Unternehmen aus der ursprünglichen Bauträgerfirma heraus. Ploier stieß durch Zufall auf das Thema: „Wir haben ein Garagenprojekt gestartet und plötzlich waren 20 Leute da, die alle mieten wollten. Heute haben wir zwölf Standorte in ganz Österreich und sind nach wie vor auf Expansionskurs.“
Wer eine Garage mieten will, muss Wartezeiten in Kauf nehmen. „In Oberösterreich haben wir aktuell keine Flächen frei.“ Der Run auf Stauraum ist ungebrochen. Der Expansion sind aber natürliche Grenzen gesetzt: „Es wird immer schwieriger, geeignete Grundstücke zu bekommen, weil wir nicht irgendwo in der Pampa bauen wollen, sondern in der ersten Reihe.“ Hauptsächlich sucht man sich hochfrequentierte Straßen als Standort aus. „Allein durch den vorbeifahrenden Verkehr machen wir damit Werbung genug“, schildert Geschäftsführer Mario Fuchs. Nicht nur die Frequenzlage, auch die Dachfläche wird genutzt: „Wir errichten aktuell 22.000 m2 PV-Anlagen auf unseren Dächern. Im nächsten Jahr können wir damit rund 1.000 Haushalte mit Strom versorgen.“
Garagen als Wertanlagen
Grundsätzlich darf man in den Garagen alles lagern, nur Tiere, brennbare oder gefährliche Stoffe sind verboten. Und manchmal gibt es Kurioses zu berichten: „Es gab sogar schon Anfragen von Menschen, welche die Garage als Wohnraum nutzen wollten.“ Auch das ist natürlich tabu. Ansonsten sind die Mieter äußerst loyal: „Die Miete ist grundsätzlich unbefristet. Meistens behält sich ein Mieter seine Garage, weil er weiß, dass er sonst keine mehr so schnell bekommt.“ Wer keinen Platz braucht, kann dennoch profitieren: „Man kann bei uns auch Garagen als Wertanlage kaufen. Damit erzielt man rund fünf Prozent Rendite. Der Investor kauft die Garage gleich samt dem Mieter, damit sind Einnahmen garantiert. Das ist vor allem für Menschen attraktiv, die Kleinanlagemöglichkeiten suchen.“ Da man nicht unters Mieterschutzgesetz fällt und die gesamte Verwaltung übernommen wird, ein sehr unkompliziertes und risikoloses Investment.
Zweistellige Wachstumsraten
Dass der Boom anhält, scheint vorprogrammiert. Ploier: „Es kommt uns schon sehr entgegen, dass die Planungsweisen von modernem Wohnbau meist nur kleine Keller und nur einen Parkplatz vorsehen. Daher bleibt die Nachfrage auch weiterhin wohl höher als das Angebot.“ Das Unternehmen will daher nochmals ordentlich Fläche schaffen: „In den nächsten fünf Jahren wollen wir uns verdoppeln.“ Der Sprung nach Deutschland ist bereits gelungen: „Wir sind auch in Deutschland vertreten. Dort sind die jährlichen Zuwachsraten im Mietgaragenmarkt zweistellig.“
Digitale Lagerwirtschaft
Ein etwas anderes Geschäftsmodell verfolgt Martin Sonntag, Geschäftsführer der LBL Lager-Box-Linz GmbH. Nicht nur Privatpersonen, sondern auch gewerbliche Kunden können das Lager in Pichling benutzen, Services wie Warenannahme und Staplerdienst lassen sich dazu buchen.
„Es gibt eigentlich nichts, was nicht gelagert wird“, meint Sonntag. Auch er sieht viel Marktpotenzial bei Lagerflächen: „Die Branche hat hohe Wachstumsraten, wobei sie sich auf verschiedene Formen des Self Storage aufteilen wird, wie stationäres Self Storage, Lagerbox zum Kunden oder Einzellagerung von Kartons.“ Und er sieht mit der Digitalisierung einen weiteren Professionalisierungsschub: „Einerseits beim gesamten Einlagerungsprozess, andererseits aber auch bei der individuelleren persönlichen Betreuung der einzelnen Kunden mit diversen Zusatz-Services.“ Die Branche hätte also noch jede Menge Wachstumspotenzial, wenn – ja wenn – der Platz dafür da wäre.