Matthias Walkner: Er spricht mit seinem verletzten Bein
Mit 14 Jahren kaufte ihm sein Vater heimlich ein Motorrad und legte den Grundstein für eine spektakuläre Karriere: 2018 gewann der 37-jährige Salzburger als erster Österreicher die Rallye Dakar. Fünf Jahre später muss er nun nach einem schweren Trainingssturz um seine Karriere bangen. Die Diagnose: Mehrfache, auch offene, Frakturen an Schien- und Wadenbein sowie am Fuß, sowie einen komplexen Trümmerbruch am Sprunggelenk.
Matthias Walkner über seine Heimkehr
weekend Du warst neun Wochen im Krankenhaus, wie war das Gefühl nachhause zu kommen?
Walkner: Es war unbeschreiblich. Viele Freunde sind gekommen, wir haben das ein oder andere alkoholische Getränk genossen, "Schmäh" geführt, in der Sonne gesessen und meine Mama hat mir ein Bratl gemacht. Es gab eine Woche "wünsch dir was".
weekend Seit fast einem Monat bist du auf Reha im steirischen Tobelbad. Wie geht es dir jetzt?
Walkner: Gefühlt ganz gut. Die Wunden und Narben heilen schön, das kaputte Sprunggelenk ist von der Mobilität besser wie gedacht. Die ersten CT- und Röntgenbilder sehen vielversprechend aus, aber die Wahrheit kommt erst ans Tageslicht, wenn ich mehr als die aktuellen zehn Kilo belasten darf. Ich brauche bestimmt auch noch OPs.
Fuß: Von 'Captain Hook' zu 'Optimus Prime
weekend Du hast erzählt, du sprichst sogar mit deinem verletzten Fuß?
Walkner: Ja, tatsächlich. Ich habe mich inzwischen auch bei meinem Fuß entschuldigt, für das, was ich ihm angetan habe. Am Anfang nannte ich ihn "Captain Hook“, weil er mich einfach genervt hat. Nach drei Wochen hieß er "Ironman“, weil so viele Schrauben drin sind, und in den nächsten Wochen werde ich ihn "Optimus Prime“ nennen- sobald ich ihn mehr belasten kann. Ich sage zu ihm, wenn wir zusammenhelfen, haben wir noch ein cooles Leben vor uns.
weekend Glüht das Feuer fürs Rennfahren bereits wieder in dir?
Walkner: Für das Motorradfahren extrem. Je mehr Zeit ich habe, mir Motorrad-Videos anzusehen, desto mehr denke ich, es wird Zeit, dass ich fit werde. Ob ich wieder Rennen fahren kann, die Frage stellt sich noch nicht. Zuerst muss ich in den normalen Lebensalltag zurückfinden. Die Vorzeichen stehen aber sehr gut für die Schwere der Verletzung. Man darf nicht vergessen, dass im Fuß etwa ein einzelner Knochen in 31 Teile zersplittert ist. Es war ja auch nicht abwegig, das man den Fuß amputieren muss.
Austausch mit Marcel Hirscher
weekend Hast du mit deinem Freund Marcel Hirscher schon gesprochen?
Walkner: Ich habe die letzten Wochen oft und sehr gern mit Marcel telefoniert, auch als es mir richtig schlecht ging. Man will die Mama zum Beispiel in so einer Situation ja nicht noch mehr beunruhigen. Marcel ist in seiner Karriere von schweren Verletzungen verschont geblieben, da kenne ich mich, glaube ich besser aus, aber er ist von der Einstellung zum Leben sehr positiv und extrem stark. Wir möchten auf jeden Fall wieder gemeinsam Motorrad fahren, sei es beim Extrem-Enduro oder Motocross.
Zeit der Herausforderungen und Dankbarkeit
weekend Was waren die bewegendsten Momente seit deinem Unfall?
Walkner: Die prägendste Zeit war im Spital in Amerika. Ich hatte so viele Magenkrämpfe von den Schmerzmitteln, doch ohne habe ich es nicht ausgehalten. Ich hatte 110 Ruhepuls im Liegen. Sie konnten mir gar nicht so viel Morphium geben, dass der Schmerz wegging. Und ich denke, dass ich einiges gewohnt bin. Ich bin 2019 sechs Tage lang mit einem gebrochenen Sprunggelenk noch die Dakar gefahren. Aber dieser Nervenschmerz über so eine lange Zeit war dieses Mal extrem heftig.
weekend Was nimmst du mit aus dieser schweren Zeit?
Walkner: Es macht einen härter und man lernt Kleinigkeiten zu schätzen. Ich bin froh, das überstanden zu haben und dem Krankenhauspersonal unendlich dankbar, dass sie in den schlimmsten Momenten meines Lebens alles für mich getan haben. Mein Lieblingsspruch ist jetzt: Am Ende des Tages wird alles gut, und ist es noch nicht gut, ist es noch nicht das Ende...