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Weekend/Steinberger-Weiß

Mercedes-Benz EQA: Kleiner Stromer, ganz groß!

03.08.2021 um 10:00, Lukas Steinberger-Weiß
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Das "Klein" bezieht sich rein darauf, dass der EQA das Einstiegsmodell in die Elektromobilität bei Mercedes ist. An Platz mangelt es dem A unter Strom nicht. Auch Reichweite, Ladegeschwindigkeit und Fahrgefühl haben uns mehr als überzeugt.

4,463 Meter ist der EQA lang, der Radstand beträgt rund 2,7 Meter und ja, das Außendesign ist seinem Verbrenner-Bruder dem GLA ähnlich. Abseits davon merkt man aber sofort, hier ist Zukunft drin. Das gewohnt moderne Mercedes-Cockpit mit vielen Displays und sinnvollen Knöpfen zeigt gleich an, wo die Reise hingeht - "EQ" prangt groß darauf. Unter dieser Haube haust kein brummender, vibrierender Verbrenner mehr.

Nein, der E-Motor surrt leise vor sich hin, leistet trotzdem satte 190 PS und bietet ein Drehmoment von 375 Newtonmeter. Das macht den 2-Tonner (inklusive Redakteur etwas mehr) nicht zur ultimativen Drag-Race-Maschine. Der Sprint von 0 auf 100 Sachen dauert 8,9 Sekunden. Wie bei vielen, rein frontgetriebenen, Stromern bemerken wir aber auch hier, dass sich die Vorderreifen selbst mit dieser Beschleunigung schwer tun und anfangen durchzudrehen. Wir hatten den EQA 250 im Test, es gibt ihn aber auch als 300 und 350 4MATIC, also allradgetrieben. Wer jedoch sanft ins Gaspedal steigt, wird trotzdem mit viel Vortrieb belohnt. Der EQA beschleunigt lautlos und doch kräftig, die Dosierung macht's aus. Nach kurzer Eingewöhnung, bekommt man ein gutes Gefühl dafür. Wirklich gut gelungen ist auch das Rekuperationssystem. Mittels Pedals am Lenkrad lässt sich der Wirkungsgrad einstellen. Wer die stärkste Stufe wählt, kann den EQA nahezu unter lediglicher Zuhilfenahme des Gaspedals beschleunigen und zum Stillstand bringen. Nicht ganz One-Pedal-Driving aber fast. Die Anzeige belohnt diese Fahrweise mit "Eco-Punkten" und zusätzlicher Reichweite.

Laden und Reichweite

Als in Linz angesiedelte Motorredaktion, liegt unser Standort idealerweise sehr zentral in Österreich. Nach Wien sind es etwa 180 Kilometer, nach Graz rund 200, nach Salzburg 120, ins benachbarte Passau rund 80. Das alles ist mit dem EQA ohne Probleme machbar. Bei voller Ladung der 66 kWh Batterie zeigt die Anzeige rund 380 Kilometer an und die sind, je nach Fahrweise auch schaffbar. 350 halten wir für absolut möglich. Die vom Werk angegebenen 426 Kilometer nach WLTP wohl nur im reinen Stadtbetrieb. Trotzdem, 350 Kilometer reichen völlig aus, denn...

..ist der Saft aus, dann lädt der EQA sehr flott wieder auf. An der Schnellladestation mit 50 kW dauert es von 20 auf 100 rund 40 Minuten. Das ist ein Pipi-Aufenthalt samt Kaffee an der Raststation. An der Superschnellladestation mit 100 kW+ sind es sogar nur rund 25 Minuten. Auf 100 Prozent wohlgemerkt, denn der EQA wird ab 80 Prozent Ladung nicht langsamer und lädt bis rund 97 Prozent mit fast vollem Saft. Erst dann wird die Geschwindigkeit gedrosselt. Auch die Anzeige im Display des EQA ist höchst akkurat und zeigt die zu erwartende Ladezeit perfekt an. Man merkt, hier hat sich vor allem bei der Software sehr viel getan. Das ist bei einem E-Auto die halbe Miete, denn nur wenn Ladesäule und Auto gut harmonieren ist es so komfortabel wie im EQA. Probleme an Ladestationen gab es nie. 

Fahrgefühl und Cockpit

Das Fahrwerk des EQA ist völlig in Ordnung und lässt sogar flotte Kurvenfahrten zu. Etwas komfortabler gedämpft dürfte er allerdings noch sein, arge Schläge lässt er doch etwas zu hart ans Rückgrat durch. Aber vielleicht sind wir auch verwöhnt, da wir den EQA direkt nach dem GLE mit Luftfahrwerk in den Test-Fuhrpark bekommen haben. Etwas Feintuning darf aber beim EQA gerne passieren. Beim Beschleunigen muss man, wie schon erwähnt, gut dosieren; wer wie ein wilder Bleifuß ins Gaspedal trabt, um den E-Motor zu fordern, wird mit durchdrehenden Vorderreifen "belohnt". Hier empfehlen wir dann zum Allrad zu greifen, denn der verteilt die Last besser auf alle vier Räder. Ist aber kein Unikum des EQA, auch andere frontgetriebene Stromer können mit dem großen, sofort zur Verfügung stehenden, Drehmoment schwer umgehen.

Das Cockpit hat uns sehr gut gefallen uns ist äußerst hochwertig. Die geteilten Bildschirme für Fahrinfo und Infotainment sind gewohnt solide Kost, einzig die Bediengeschwindigkeit ist oft nicht ganz ruckelfrei. Das dürfte 2021 schon etwas flüssiger gehen. Besonders gelungen ist das AR-Navi. Fahrinformationen werden in die Straße eingeblendet, was bei Abzweigungen besonders hilfreich ist. Auch die Ampelsicht wollen wir eigentlich nicht mehr missen. Steht man mit dem EQA an der Ampel zeigt die Kamera im Display diese an. Besonders bei hoch hängenden Signalanlagen eine Wohltat für den Nacken, denn verrenken ist nicht mehr.

Die restliche Verarbeitung ist über alle Zweifel erhaben. Man sitzt gut, die Bedienung der Klimaautomatik und des Infotainments ist ein solider Mix aus Touch, Knöpfen und sogar einem Touchpad. Hier leistet Mercedes Großartiges. Auch erwähnenswert ist das MBUX-Sprachsystem. Mit "Hey Mercedes" aktiviert man die nette Dame, die fast alles zu können scheint. Reichweite ansagen, Ambientebeleuchtung ändern, Wetterinfos liefern, Familie anrufen, Witze erzählen und und und. Sprachbedienung auf höchstem Niveau.

Fazit - ein Stern unter Strom

Mercedes hat länger gebraucht, um E-Autos auf den Markt zu bringen. Schon der EQC war ein solides Gefährt, aber der EQA hat uns wirklich gut gefallen. Platzverhältnisse, Fahrwerk, Ladegeschwindigkeiten und Reichweite passen perfekt. Dazu gibt es ausgereiftes Infotainment und Connected-Services wie App-Bedienung und noch viel mehr. Vor allem für die Stadt ist der EQA, ob seiner kompakten Maße, ein perfekter Begleiter, aber auch auf längeren Ausfahrten ist Reichweitenangst bei diesem Stromer kein Thema.

Und da wären wir beim großen Wermutstropfen: Dem Preis. Der ist zwar für das Gebotene in Ordnung, bei einem Startpreis von über 48.000 Euro werden aber trotzdem viele schnaufen. Mit diversen Paketen und Extras wie bei unserem Testauto ist man dann schon bei rund 55.000 Euro. Seine "Rivalen" kosten jedoch ähnlich, Tesla Model 3, Polestar 2 und Konsorten sind alle in dieser Preisregion angesiedelt. Wer auf den Stern verzichten kann und trotzdem viel Reichweite braucht, wird ab rund 35.000 Euro bei Koreanern und anderen Deutschen eher fündig.

Mehr Fotos:

Technische Daten Mercedes-Benz EQA 250:

Batterie und Reichweite: 66,5 kWh, 426 Kilometer Reichweite Werksangabe lt. WLTP

Testreichweite: 350 Kilometer (18 - 21 kWh Verbrauch auf 100 Kilometer)

Leistung: 190 PS E-Motor (Vorderradantrieb), 375 Nm Drehmoment, 8,9 Sekunden von 0 auf 100 km/h

Leergewicht: 2.040 Kilogramm

Höchstgeschwindigkeit: 163 km/h

Preis: ab 48.590 Euro

 

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