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Vulkan in Guatemala | Credit: iStock.com/Dennis Alberto Gonzalez Salas
Trauen Sie sich und machen Sie eine Vulkanwanderung
Trauen Sie sich und machen Sie eine Vulkanwanderung
iStock.com/Dennis Alberto Gonzalez Salas

Guatemala – Eine Vulkanwanderung

15.05.2023 um 13:05, Artikel von Passion-Autor: Helena Haselsteiner
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Wer Guatemala einmal von einer anderen Seite entdecken möchte, setzt auf eine Vulkantour. Warum man sich diese einmalige Chance nicht entgehen lassen sollte.

Der Volcán de Fuego, beinahe 4000 Meter hoch, bildet gemeinsam mit dem Vulkan Acatenango das Bergmassiv La Horqueta. El Fuego gilt als einer der aktivsten Vulkane Guatemalas. Und ich war dort – saß am sandartig schwarz-gefärbten Abhang und konnte kaum glauben, dass das lavasprühende Massiv vor meinen Augen Wirklichkeit sein soll.

Antigua und eine Tour zu einem aktiven Vulkan

Es ist November 2022. Mit meinen drei ReisegefährtInnen komme ich in der Stadt Antigua an, etwa 30 Kilometer von der Hauptstadt Guatemala-City entfernt. Als früheres politisches und kulturelles Zentrum Mittelamerikas stellt Antigua eine typisch spanisch kolonialisierte Stadt dar, was jedoch nicht an dessen heimatlich-antiken Charme zerrt. Die Straßen sind gepflastert. Die Gassen mit deren buntbemalten Häuserwänden oft schmal. Der Hauptplatz im Zentrum bietet Raum für typisch guatemaltekische Straßenstände und den Verkauf von aus Perlen gewebtem Schmuck, Töpfereien und lateinamerikanischen Früchten.

Die Stadt ist für TouristInnen nicht nur auf Grund der vielen Barrockkirchen, gemütlichen Cafés und vollgerammelten Souvenirshops von großer Attraktivität – die wohl größten Sehenswürdigkeiten stellen die um Antigua gelegenen Vulkane dar – darunter der aktive Vulkan El Fuego. Durch seine große Beliebtheit gibt es zahlreiche Tour-Angebote verschiedenster Agenturen und genau das ist auch unser Plan: Eine Wanderung zum aktiven Vulkan.

Aktiver Vulkan El Fuego | Credit: iStock.com/Francois Boudrias
Der aktive Vulkan El Fuego

Vulkantour gemeinsam als Gruppe

Am 23. November geht es los. Mit Versorgung für einen Tag und eine Nacht bepackt, kommen wir zum Treffpunkt im Stadtinneren und lernen unsere aus 24 Leuten und vier Tourguides bestehende Reisegruppe für die Vulkantour kennen. Die Gefühle sind eine Mischung aus großer Aufregung und mindestens genauso großem Respekt, mit einem kleinen Beigeschmack von Furcht vor dem mehrstündigen Aufstieg.

Mit einem Bus fahren wir zum Anfang der Wanderstrecke, die auf den Zwillingsvulkan Acatenango zum Camplager führt. Zugegebenermaßen hätte ich mir den Aufstieg schlimmer erwartet. Aber nach dem ersten Stückchen in der prallen Sonne wird die Wanderung mit vielen Pausen, etwa alle halbe Stunde, zu einer angenehm meditativen Tätigkeit, während der man entweder stillschweigend die mit kraftvollem Grün bewachsene Natur bewundert oder sich in Gespräche mit Leuten aus aller Welt verwickelt: Ein Spanier aus der ländlichen Gegend Barcelonas, der selbst sein Obst und Gemüse anbaut und gerne über Nachhaltigkeit lernt. Ein Pärchen aus Berlin, die dem immergrauen Großstadtwinter entfliehen wollen. Eine Freundesgruppe aus England, die sich gerne Mal über die langsameren TeilnehmerInnen der Gruppe beschweren. Obwohl es nur ein Tag und eine Nacht sind, die man miteinander verbringt, hat man doch das Gefühl, sich kennenzulernen und das anstrengende Projekt der Wanderung gemeinsam zu meistern.

Vulkane von Guatemala | Credit: iStock.com/diegograndi
Die Landschaft Guatemalas ist einzigartig

Wanderung bis zum El Fuego

Gegen Abend erreichen wir das Camplager. Viel Zeit zum Verschnaufen bleibt nicht, denn wer will, kann noch ein zusätzliches Wanderstück von eineinhalb Stunden hin und retour auf den aktiven Vulkan El Fuego anhängen, um der sprühenden Lava noch etwas näherzukommen. Obwohl man die Rauchwolken und die feuerroten Eruptionen bereits vom Zeltlager aus gut beobachten kann, entschließe ich mich dazu, trotz Erschöpfung die Wanderung fortzusetzen – und was soll ich sagen: Das war definitiv die beste Entscheidung.

Auch wenn die Anstrengung, das zusätzliche Stück in völliger Finsternis zuerst bergab und dann wieder bergauf zu wandern, noch um einiges intensiver wird, was vor allem damit zusammenhängt, dass einem der sandartige Geröllboden immer wieder unter den Füßen wegrutscht, ist das Ergebnis der vermutlich großartigste Anblick meines Lebens.

Am schwarz-gefärbten Abhang in noch sicherer Entfernung vom Vulkan setzen wir uns nieder, inmitten einiger anderer Wandergruppen. Der Wind pfeift so kalt um unsere Köpfe, dass uns alle friert. Doch dem schenken wir kaum Beachtung. Alles, worauf wir unsere Aufmerksamkeit lenken können, ist der Vulkan vor uns, der im Abstand von etwa drei bis fünf Minuten Lava sprüht. Die sich zuerst in Gestalt einer Fontäne in die Höhe erstreckt und dann langsam auf das Vulkanmassiv herunterregnet und einen blutroten Fluss die Schräge des Vulkans entlang bildet. Dass die Stärke der Vulkaneruptionen so schwer vorauszusagen ist, macht das ganze vielleicht noch ein wenig aufregender. Ich erinnere mich sehr gut an das gemischte Gefühl aus Furcht, wenn die Lavafontäne von einem lauten Knall begleitet in die Höhe schießt, und großer Achtung vor der Schönheit dieses Naturspektakels.

Camplager vor einem Vulkan in Guatemala | Credit: iStock.com/Fantastic Geographic
Camplager vor dem Vulkan Acatenango

Weiter zur Spitze des Acatenango

In der Nacht kann ich kaum schlafen. Es ist vermutlich eine Mischung aus dem Adrenalin, das immer noch durch meinen Körper schießt, der Kälte und der lauten Knalle, die mich wach halten. Viel Zeit zum Schlafen blieb uns sowieso nicht, denn um vier Uhr morgens werden wir geweckt, um unsere letzte Wanderung in Angriff zu nehmen – auf die Spitze des Acatenango, von der aus man den Sonnenaufgang beobachten kann.

Nach weiteren eineinhalb Stunden kommen wir gerade rechtzeitig oben an, immer noch ist es eisig kalt und wir alle sind müde von einer schlaflosen Nacht, doch erneut fällt all das von mir ab, als ich den ewig weiten Himmel vor mir sehe, der sich wolkenlos in blass orange-rosa Farben tüncht. Und dabei die Sicht auf den noch ausbrechenden Vulkan freigibt. Ein Anblick, von dem es schwerfällt, sich loszureißen.

Zwei Urlauber betrachten die Vulkane | Credit: iStock.com/Dennis Alberto Gonzalez Salas
Neue Eindrücke und Freundschaften warten in Guatemala

Freundschaften und neue Reisepläne

Es ist kaum möglich, sich vorzustellen, wie irgendetwas dieses Erlebnis überbieten könnte. Doch das Schöne am Reisen ist, dass die Abenteuer nicht aufhören und der gesamte Weg von Zufällen geprägt ist, die sich in etwas Großartiges entwickeln können. So wie an diesem Tag der Wanderung, als wir uns auf den Weg zurück in die Stadt machen und ich aus meiner Gruppe ein Mädchen aus Israel kennenlerne. Zu dem Zeitpunkt, als wir uns unterhalten und über unsere weiteren Reisepläne austauschen, weiß ich noch nicht, dass wir uns so gut verstehen und zwei Monate gemeinsam durch Kolumbien reisen würden. Ein großer Zufall, entstanden aus einem einzigartigen Erlebnis, das in einer noch einzigartigeren Freundschaft enden sollte.

Zur Autorin

Das Schreiben und das Reisen liegen Helena Haselsteiner im Blut. Auf weekend.at teilt die Salzburgerin ihre Eindrücke und Empfehlungen mit den Leserinnen und Lesern.

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