Terroralarm: Erschossener Schütze war Österreicher (18)
Bei dem erschossenen Schützen von München handelt es sich um einen 18-jährigen österreichischen Staatsbürger. Das bestätigte die deutsche Polizei in einer Pressekonferenz in München. Der Mann hatte am Donnerstag beim NS-Dokumentationszentrum in München das Feuer eröffnet. Daraufhin wurde er von der Polizei erschossen. Informationen der APA zufolge war er im Vorjahr bei der Staatsanwaltschaft Salzburg wegen terroristischer Vereinigung angezeigt worden.
Ermittlungen in Salzburg
"Gott sei Dank konnte ein Anschlag verhindert werden. Ich habe unmittelbar Kontakt mit meiner deutschen Amtskollegin Nancy Faeser aufgenommen und dem bayerischen Innenminister, Joachim Hermann, zum erfolgreichen Einschreiten der bayerischen Polizei gratuliert", meinte Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) in einer ersten Stellungnahme, die der APA vorliegt. Die österreichischen Sicherheitsbehörden stünden in intensivem Austausch mit den deutschen Kollegen.
In Österreich habe die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) Kontakt mit der israelischen Botschaft und Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) aufgenommen. "Die Sicherheitsmaßnahmen wurden erhöht", gab Karner bekannt.
Erhöhte Sicherheitsmaßnahmen
Das Wichtigste sei, "dass die Polizei rechtzeitig einschreiten und ein Blutvergießen verhindern konnte", bekräftigte Karner. Diese Ereignis zeige einmal mehr die Bedeutung der richtigen Ausrüstung und den Einsatz der richtigen Taktik: "Die Einsatztaktik sieht nunmehr vor, dass Täter sofort angegriffen und wenn nötig ausgeschaltet werden. So wurde es in München gehandhabt, wie mir Innenminister Joachim Hermann auch in unserem Telefonat bestätigte."
Karner fordert Überwachung
Bei dieser Gelegenheit wiederholte Karner seine Forderung nach "zeitgemäßen Ermittlungsmethoden" für die Polizei: "Wesentlich und unabdingbar ist die Möglichkeit der Überwachung der Messenger-Dienste. Es muss Schluss sein mit Ausreden, Aufschieben und Abwehren."
Es gehe darum, Verdächtige zu überwachen, Terroristen zu verhaften und Anschläge zu verhindern. Der junge Mann mit bosnischen Wurzeln war laut APA-Informationen den österreichischen Behörden als mutmaßlicher Islamist bekannt.
Bekannter Islamist
Es soll sich bei ihm zwar um keinen sogenannten Hochrisiko-Gefährder gehandelt haben. Auf seinem Handy wurden aber Daten und ein Computerspiel sichergestellt, die eine Nähe zu islamistisch-terroristischem Gedankengut bezeugten, wurde der APA bestätigt.
Er wurde daraufhin bei der Salzburger Anklagebehörde wegen Verdachts in Richtung terroristischer Vereinigung zur Anzeige gebracht. Das Verfahren wegen Mitgliedschaft bei der radikalislamischen Terror-Miliz "Islamischer Staat" (IS) sei aber eingestellt worden, hieß es.
Eine offizielle Bestätigung der Salzburger Anklagebehörde gab es vorerst nicht. "Wir erteilen dazu heute keine Medienauskünfte", teilte Behördensprecherin Ricarda Eder auf APA-Anfrage mit. Zu einem späteren Zeitpunkt stellte sie eine Stellungnahme in Aussicht
IS-Propaganda
Am Handy soll der 18-Jährige nach Informationen der APA in erheblichen Mengen IS-Propagandamaterial abgespeichert gehabt haben. Auf dem Computerspiel, das sich über soziale Kanäle unter IS-Sympathisanten verbreitet hatte, sollen Tötungsszenarien der Terror-Miliz nachgestellt worden sein.
Auf die Handy-Inhalte waren die Strafverfolgungsbehörden aufmerksam geworden, nachdem der Jugendliche an seiner Schule gewalttätig gegen Mitschüler vorgegangen war. Im Zuge dieser Ermittlungen soll sein Handy sichergestellt und ausgewertet worden sein, hieß es gegenüber der APA.
Keine Netzwerke
Wie der APA aus gut informierten Kreisen versichert wurde, war zumindest den heimischen Behörden bisher nicht bekannt, dass der 18-Jährige Teil eines IS-Netzwerkes war oder im Internet Anschluss an Gleichgesinnte gefunden hatte.
Zumindest in Österreich dürften derzeit keine Hinweise auf allfällige Mitwisser und Mittäter bezüglich seiner terroristischen Absichten vorliegen. Ob es sich tatsächlich um einen Einzeltäter gehandelt hat, ist Gegenstand der angelaufenen Ermittlungen.
Einreise kurz vor Tat
Der 18-Jährige soll erst vor Kurzem nach Deutschland eingereist sein, berichtete der Sender WDR am Donnerstag. Nach Informationen der "Bild"-Zeitung soll der Bewaffnete vor dem NS-Dokuzentrum vorgefahren sein und mit einer Langwaffe auf Polizeiposten vor dem Gebäude geschossen haben.
Schüsse auf Polizei
Bei der Waffe soll es sich nach Aufnahmen aus dem Internet um ein altertümliches Gewehr mit Bajonett gehandelt haben. "Er hat gezielt auf die Polizisten geschossen, die haben das Feuer erwidert", sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann. Der Schütze wurde schwer verwundet und starb später. Nach Angaben der Behörden gab es keine weiteren Verletzten.
Weitere Anschlagspläne
Herrmann schloss nach den Schüssen von München einen Anschlagsplan auf das in der Nähe des Tatorts befindliche israelische Generalkonsulat nicht aus. Es müsse davon ausgegangen werden, dass es möglicherweise einen solchen Plan gegeben habe, sagte Herrmann. Die Hintergründe müssten jedoch noch aufgeklärt werden.
Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder sprach von einem "schlimmen Verdacht" und verwies auf einen möglichen Zusammenhang zwischen der Tat und dem Gedenktag an das Attentat auf die israelische Olympia-Mannschaft in München am 5. September 1972.
Gedenktag als Motiv?
Der Schutz jüdischer Einrichtungen sei für ihn von ganz zentraler Bedeutung. Der israelische Präsident Isaac Herzog verurteilte gemeinsam mit Deutschlands Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Tat.
Beide hätten in einem Telefonat ihre "gemeinsame Verurteilung und unser Entsetzen" über die Tat "in der Nähe des israelischen Konsulats in München zum Ausdruck gebracht", schrieb Herzog am Donnerstag im Onlinedienst X.
Starker Schulterschluss
Wie das israelische Außenministerium auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mitteilte, waren keine Mitarbeiter des Generalkonsulats von dem Vorfall betroffen. In der diplomatischen Vertretung habe es gerade eine Gedenkfeier zum Olympia-Attentat in München 1972 gegeben.
Kein Konsulatspersonal betroffen
Der israelische Botschafter in Österreich, David Roet, äußerte sich in einer Aussendung sowohl entsetzt als auch erleichtert: "Am selben Tag, an dem unsere Nation an den brutalen Mord an elf israelischen Olympioniken durch palästinensische Terroristen bei den Olympischen Spielen in München erinnert, versuchte erneut ein hasserfüllter Terrorist, unschuldiges Blut zu vergießen." Roet betonte: "Der heutige Angriff erinnert uns daran, dass der Kampf gegen Terror und Antisemitismus noch lange nicht vorbei ist. Er erfordert ein volles und unerschütterliches Engagement von uns allen. Wir müssen geeint stehen, denn nur gemeinsam können wir diese Kräfte des Hasses überwinden."
Attentat auf Olympische Spiele
Am 5. September vor 52 Jahren erschossen palästinensische Terroristen der Gruppe "Schwarzer September" während der Olympischen Sommerspiele in München im Olympischen Dorf zwei Männer und nahmen neun Geiseln aus dem israelischen Olympia-Team. Rund 18 Stunden später endete ein Befreiungsversuch mit dem Tod der neun israelischen Geiseln, eines Polizisten und von fünf der Attentäter. Die Terroristen wollten mehr als 200 Gefangene in Israel und zwei Anführer der deutschen linksextremen Terrorgruppe "Rote Armee-Fraktion" (RAF), Andreas Baader und Ulrike Meinhof, freipressen.
Motive unklar
Die Motive des Bewaffneten waren am Donnerstagvormittag noch unklar. "Wir erhalten Kommentare mit Spekulationen und Falschinformationen", schrieb die Polizei und appellierte zugleich: "Ihr könnt uns am meisten helfen, wenn ihr dies unterlasst und Gerüchte nicht teilt." Die Kollegen würden auf Hochtouren arbeiten. Sobald gesicherte Informationen vorlägen, würden diese mitgeteilt.
"Wir möchten darauf hinweisen, keine Bilder oder Videos von dem Einsatz zu posten oder im Netz zu teilen", hieß es auf X weiter. Es sei ein Upload-Portal eingerichtet worden (https://medienupload-portal02.polizei.bayern.de/), so könnten die Ermittler am besten unterstützt werden.