Steuerberatung: Der persönliche Kontakt bleibt unersetzlich
CHEFINFO: Wenn Sie Klienten zuletzt angerufen haben – welche Aussage war am häufigsten zu hören?
Christoph Harrer: „Es geht trotz Corona gut.“ Diesen Satz hören wir immer wieder. Auch wird uns bestätigt, dass die Auftragsbücher voll sind oder sich füllen. Zu schaffen machen vielen Produktionsunternehmen die Lieferschwierigkeiten bei Vorprodukten. Durch den Nachfrageüberhang aufgrund des teilweisen Rohstoffengpasses ist auch der Preis für den Materialeinkauf so stark gestiegen, dass der positive Effekt von Förderungen bei einigen Branchen nahezu aufgebraucht wird.
CHEFINFO: Welche Herausforderungen waren die besonderen für Sie und Ihre Kollegen in den vergangenen Monaten?
Harrer: Die Klienten schnellstmöglich bei der Beantragung der vielfältigen Corona-Hilfsmaßnahmen zu unterstützen und Ihnen auch Mut zuzusprechen. Intern waren viele Abstimmungs- und Weiterbildungstermine wahrzunehmen, um die Flut an Corona-Maßnahmen zu „verdauen“ und umzusetzen. Herausfordernd waren auch die von der Regierung immer wieder adaptierten Regelungen zu Umsatzersatz und Ausfallsbonus – hier den Durchblick zu bewahren und zeitgerecht die Beantragung für die Klienten durchzuführen, ist nur in einem gut funktionierenden Team möglich.
CHEFINFO: Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit den Finanzbehörden?
Harrer: Nach wie vor gut – wichtig ist, dass der persönliche Kontakt auch mit den Behörden etwa über Telefon aufrechtbleibt. Seit 1. März 2021 wurde ein eigener Telefonservice nur für Steuerberatungskanzleien eingerichtet, um eine verbesserte Zusammenarbeit zu ermöglichen.
CHEFINFO: Ein Ende der Krise ist absehbar. Worauf müssen Firmen jetzt achten?
Harrer: Die erforderliche Liquidität sollte für den kommenden Aufschwung bzw. für die Begleichung der coronabedingten gestundeten Abgaben mittels Planrechnungen abgeschätzt und mit den finanzierenden Institutionen frühzeitig besprochen werden. Sofern möglich, sollte von benötigten Materialien ein höherer Lagerbestand gehalten werden, damit es absatzseitig möglichst zu keinem Engpass kommt, wenn sich die Lage am Beschaffungsmarkt noch weiter zuspitzen sollte. Die Mitarbeiter, die zum Teil monatelang im Homeoffice gearbeitet haben, müssen dabei mitgenommen und wieder in das Unternehmen „integriert“ werden.
CHEFINFO: Welchen Rat würden Sie einem Unternehmensgründer mitgeben?
Harrer: Laufender Soll-Ist-Vergleich, Analyse der Zahlen des Businessplans mit den Echtzahlen und Vornahme von Anpassungen. Fokus auf das Business und Outsourcing von Agenden wie Buchhaltung und Lohnverrechnung. Gewinne in den ersten Jahren führen in der Regel zu Nachzahlungen bei der Einkommensteuer und bei der Sozialversicherung, eine entsprechende Liquiditätsvorsorge ist bereits heute für morgen zu treffen.
CHEFINFO: Digitalisierung ist das Motto der Stunde. Im Abgabewesen sind digitale Prozesse weit fortgeschritten. Wo orten Sie Verbesserungsbedarf?
Harrer: Österreich ist auf einem guten Weg in dieser Hinsicht. Viele Tools sind installiert worden und funktionieren mittlerweile auch sehr gut wie etwa das FinanzOnline-Portal oder das USP-Portal. Großen Verbesserungsbedarf sehe ich aktuell keinen, wobei Weiterentwicklungen immer notwendig sind.
CHEFINFO: Wie sehen Sie die Zukunft der Steuerberatung?
Harrer: Der Dschungel an gesetzlichen Bestimmungen und ihre Komplexität wird weiter steigen. Beratungsleistungen werden daher stärker nachgefragt werden. Die Steuerberatertätigkeit wird thematisch ausgeweitet werden. Klassische Bereiche wie das Erstellen von Buchhaltungen oder von Steuererklärungen werden an Bedeutung verlieren, andere Bereiche wie Steuergestaltungen an Bedeutung gewinnen. Der persönliche Kontakt, das Vertrauensverhältnis zu den Klienten wird trotz Digitalisierung unersetzlich bleiben. Attraktive Arbeitsbedingungen für Mitarbeiter werden weiter an Wichtigkeit zunehmen (z. B. Homeoffice, noch freiere zeitliche Rahmenbedingungen).
CHEFINFO: Die Kursentwicklung von Bitcoin und Co ist für viele Anleger verlockend. Worauf muss man aus steuerlicher Sicht aufpassen?
Harrer: Vereinfacht gesagt sind Gewinne bei im Privatvermögen gehaltenen Kryptowährungen im Rahmen der Spekulationseinkünfte zum Tarif zu besteuern. Dies ist dann der Fall, wenn der Tausch oder Verkauf von Bitcoins innerhalb eines Jahres nach ihrer Anschaffung erfolgt. Zinstragende Veranlagungen unterliegen den Kapitaleinkünften mit der Möglichkeit der Inanspruchnahme des besonderen Steuersatzes von 27,5 Prozent. Durch die Vielzahl an unterschiedlich angebotenen Produkten und durch den verstärkten Fokus der Finanzbehörden auf Kryptowährungen ist zur Vermeidung von Fehlern eine Abklärung mit einem Steuerberater jedenfalls zu empfehlen.