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Die Österreicher sind stolz auf ihr Mineralwasser, dennoch trinken sie deutlich weniger als die Deutschen. Die Qualität des Leitungswassers ist hierzulande wesentlich besser.
Die Österreicher sind stolz auf ihr Mineralwasser, dennoch trinken sie deutlich weniger als die Deutschen. Die Qualität des Leitungswassers ist hierzulande wesentlich besser.
XAMTIW / ISTOCK / GETTY IMAGES PLUS

Prickelnde Geschäfte? - Branchenporträt Mineralwasser

04.12.2023 um 08:00, Jürgen Philipp
min read
Hochreines mineralisiertes WAsser klingt jetzt nicht ganz so sexy. Doch dahinter steckt ein spannendes Business, vor allem wie das Geschäft prickelnd bleibt.

Der Mensch vor 15.000 Jahren: Im heutigen Japan begann man, Feuer zur Herstellung von Keramik zu nutzen, Hunde werden zu Haustieren, und in Jordanien wurden von Archäologen Reste von Brot aus dieser Epoche gefunden. Das letzte Ende der Eiszeit war angebrochen, das nicht nur Ackerland freilegte, sondern so manche Quelle des Überlebens, wie etwa im heutigen Bad Vöslau. Aus 660 Metern Tiefe entspringt sie und speist den aktuellen Marktführer bei Mineralwasser in Österreich. Vöslauer ist im Privatbereich mit 40 Prozent die Nummer eins am Markt und zu 100 Prozent in Besitz der Ottakringer Getränke AG. Nach schwierigen Coronajahren – der Markt brach nicht zuletzt wegen der schwächelnden Gastronomie ein – ging es wieder bergauf: „2022 verzeichnete der Mineralwassermarkt eine Steigerung von 12 Prozent exklusive Near-Water-Produkte, also Mineralwasser mit Geschmack“, erzählt Birgit Aichinger, Geschäftsführerin von Vöslauer Mineralwasser.

84 Liter

Wir mögen’s gerne prickelnd
Das setzt sich auch 2023 fort, bis dato stieg der Verbrauch gegenüber 2022 um weitere 11 Prozent. „Vor allem Near Water (+18 Prozent) und Convenience-Produkte (+17 Prozent) sind im Umsatz gewachsen. Das sind Einweggebinde, die ein Fassungsvermögen von bis zu einem Liter aufweisen.“ Near Water ist einer der großen Trends, in dem die Produktentwickler großes Potenzial sehen. „Markenartikel-Unternehmen müssen Trends setzen“, verrät Patrick Moser, Prokurist bei Starzinger Getränke in Frankenmarkt und verantwortlich für das Mineralwassergeschäft, bestehend aus den Marken Frankenmarkter, Long Life und Juvina. „Wir versuchen, neuen Kundennutzen zu stiften. Diese Innovationen sind Beiwerk des Portfolios.“ Das Kerngeschäft besteht bei den meisten Abfüllern aber aus: „Prickelnd, das ist nach wie vor der Topseller. Stilles Mineralwasser wird zulasten von mildem stärker.“ Mineralwasser soll aber mehr können, als prickeln. Koffein, Vitamine, Fruchtsaft, Protein oder Spurenelemente wie Zink werden mittlerweile von fast allen großen heimischen Abfüllern zugesetzt, um damit „den Durst der Zeit“ zu treffen, wie es die Vöslauer-Chefin ausdrückt. Pro Kopf trinken Österreicher rund 84 Liter Mineralwasser pro Jahr, in Deutschland stolze 130 Liter: „Das liegt daran, dass die Qualität des Leitungswassers in Österreich viel höher ist als in Deutschland.“


Metallica „ermordet“ den Durst
Und die Branche bleibt innovativ. Starzinger war bis vor Kurzem noch Exklusivabfüller für „Liquid Death“, ein US- Startup, gegründet vom ehemaligen Netflix-Kreativdirektor Mike Cessario, das Mineralwasserdosen verkauft, um „seinen Durst zu ermorden“. Liquid Death zeigte das Potenzial auf, aus Mineralwasser ein Hype-Produkt zu formen, samt Kooperation mit der Rockband Metallica. Mittlerweile wird, den Logistikkosten geschuldet, der US-Markt nicht mehr von Oberösterreich aus bedient. Cessario zeigt dennoch auf, welches Potenzial in Mineralwasser steckt. Das teuerste seiner Art weltweit kommt aus Japan: Das Fillico Jewlery Water kostet rund 190 Euro pro Liter, gefolgt vom slowenischen ROI um 150 Euro und dem Svalbarði aus Norwegen um dagegen fast wohlfeile 79 Euro.

Birgit Aichinger
Birgit Aichinger sieht großes Potenzial bei "Near Water", also bei Mineralwasser mit "Zusatznutzen". Wasser mit Fruchtgeschmack, Spurenlementen oder Vitaminen.

Wir entnehmen weniger Wasser, als auf natürlichem WEg wieder nachgespeist wird.

Birgit Aichinger, Geschäftsführerin Vöslauer Mineralwasser GmbH

Warum ist unser Wasser nicht weltweit in aller Munde?
Während französisches Evian oder italienisches San Pellegrino weltweit verkauft werden, sind unsere Quellen international noch relativ still, wie Patrick Moser im Interview verrät. Globale Vermarktung wurde verschlafen. Herrn und Frau Österreicher mag das nicht stören, denn der Großteil der heimischen Quellen ist in rot-weiß-roten Händen. Nur Römerquelle (Nummer zwei beim Marktanteil) gehört dem Coca-Cola-Konzern, die Nummer drei am Markt, Waldquelle, einst im Besitz der Familie Esterházy, ist Teil der italienisch-schweizerischen Familie Pasqual. Vor einem Ausverkauf der heimischen Quellen an globale Konzerne scheint man gewappnet, auch davor, dass uns das Wasser ausgehen könnte. Wertvolles Mineralwasser solle schließlich für nachfolgende Generationen verfügbar bleiben.

Nachhaltig seit 15.000 Jahren
Nachhaltigkeit scheint ein Grundprinzip einer Branche zu sein, deren Rohstoff seit Jahrtausenden unter der Erde schlummert, bringt aber auch Herausforderungen mit sich. So sind Sodastream und Co. zur Konkurrenz angewachsen. Gleichzeitig verlangt der Markt nach nachhaltigen Verpackungen. Aichinger: „Klima- und Umweltschutz sind mittlerweile zu einem wesentlichen Faktor in puncto Kaufentscheidung geworden.“ Seit 2014 setzt Vöslauer wieder auf die Glas-Mehrwegflasche, bei Frankenmarkter war sie nie weg: „Wir verkaufen in Oberösterreich pro Stück gesehen etwa gleich viele Ein-Liter-Glasflaschen, wie 1,5-Liter-PET-Flaschen. Die verpflichtende Mehrwertquote, die am 1.1.2024 eingeführt wird, übererfüllen wir daher schon“, so Moser. Bei Vöslauer nahm man das mit 1.1.2025 geplante PET-Pfand bereits vorweg. „Wir haben seit April 2022 die bisher einzige PET-Mehrwegflasche im Angebot.“ Es ist das beliebteste Pfandgebinde bei Vöslauer. Bis 2030 will man daher den Anteil an Mehrweggebinden auf rund 40 Prozent verdoppeln. Für Patrick Moser geht es dabei nicht um Schwarz-Weiß-Denken. „Bei der Glasflasche kommt es auf die Distanz an. Man fährt immer zweimal, die Produktion von Glas ist energieintensiv und das Handling ist sehr aufwendig.“ Je näher der Konsument am Produzenten liegt, desto mehr zahlt sich die Glasflasche aus. „Gleichzeitig gibt es verschiedene Konsumanlässe. Es gibt also kein Richtig oder Falsch, aber ein Besser und ein weniger Gut.“