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Sogar die U.S. Navy setzt auf unbemannte Fluggeräte von Schiebel. Die Camcopter werden bei der Minensuche eingesetzt und können radioaktive Stoffe aus der Luft erkennen.
Sogar die U.S. Navy setzt auf unbemannte Fluggeräte von Schiebel. Die Camcopter werden bei der Minensuche eingesetzt und können radioaktive Stoffe aus der Luft erkennen.
FACC, Schiebel

Luftfahrtbranche: Der Himmel ist rot-weiß-rot

28.10.2024 um 12:37, Jürgen Philipp
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In fast allen Aspekten der Flugbranche steckt ein Stück Österreich, ob in der Luft oder am Boden. Ein Rundflug zu Weltmarktführern und Nischenplayern.

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Rund 50 Unternehmen in Österreich sind im Bereich -Aviation und Raumfahrt tätig. Die wenigsten davon sind der breiten Öffentlichkeit bekannt, dabei genießen sie weltweit einen einzigartigen Ruf, sind Welt- oder Technologieführer und stellten sogar manche Rekorde auf. Der wohl bekannteste Player ist Frequentis. Emanuel Strunz gründete das Unternehmen 1947 ursprünglich als Anbieter von Funkanlagen. Seit 1955 beschäftigt man sich mit der Flugsicherung. 1996 kaufte sich der ehemalige technische Geschäftsführer im Zuge eines MBOs ein und baute den damals 45 Mitarbeiter zählenden Betrieb zum Weltmarktführer für sichere Kommunikationssysteme aus. Zu den Kunden zählen die NASA ebenso wie Scotland Yard. Der Konzern hat heute etwa 2.200 Mitarbeiter in 35 Ländern.

Unhackbar!

Auch Schiebel in Wiener Neustadt kann sich Weltmarktführer nennen und das gleich in zwei Segmenten. Zum einen bei Minensuchgeräten und zum anderen bei unbemannten Hubschraubern. Das Hightech-Luftfahrzeug Camcopter® S-100 wird etwa von Küstenwachen eingesetzt. Der Camcopter ortet Schiffbrüchige und ist im Kampf gegen Piraterie und Schlepperwesen im Einsatz. Die besonderes robuste Bauweise lässt das Fluggerät selbst bei rauen Witterungsverhältnissen abheben – und noch etwas macht Schiebel-Drohnen einzigartig. Das Unternehmen hält sie für unhackbar. Möglich macht das die verschlüsselte Kommunikation mit den Bodenstationen. Die Codes werden ständig geändert. Ein weiteres stark wachsendes Einsatzgebiet ist die Emissionsüberwachung. Der Camcopter kann von der Luft aus giftige und sogar radio-aktive Stoffe detektieren.

In höchster Präzision werden bei FACC Komponenten für Flugzeuge gefertigt, wie in diesem Bild zu sehen – Schubumkehrgehäuse.

Vom Ski zum Jumbojet 

Weitaus bekannter als Schiebel ist Oberösterreichs Branchen-Platzhirsch FACC. Mit einem Personalstand von 3.500 Spezialisten in 13 Ländern ist das Unternehmen einer der größten heimischen Arbeitgeber in der Branche. Die Leichtbaukomponenten der Rieder finden sich so gut wie in allen Flugzeugtypen der großen Hersteller Boeing oder Airbus. Die Wurzeln des Konzerns verrät noch die Firmenadresse: „Fischerstraße 9“. Es war Fischer Ski, das sich Anfang der 1980er-Jahre mit Faserverbundstoffen beschäftigte. 1985 -erfolgte der erste Serienauftrag für die Flugzeugindustrie und damit startete der internationale Höhenflug. 1989 wurde die „Fischer Advanced Composite Components“ (FACC) aus dem Sportartikelkonzern ausgegliedert und widmet sich seitdem ganz und gar dem Luftverkehr.

Fliegender OP-Saal 

Nur 40 Autominuten von FACC entfernt, in Ranshofen, befindet sich der Nischenplayer AAT Air Ambulance Technology. Das Familienunternehmen hat seine Wurzeln in der AMAG. Egon Kuntner und seine Frau Dorothea wagten 1993 ein Management-Buy-out. AAT hat sich auf das Interieur von Helikoptern spezialisiert. Neben luxuriösen Innenausstattungen steht – wie im Firmennamen ersichtlich – die Einrichtung von Notfallhubschraubern im Fokus. Die -größte Herausforderung bei Air Ambulances liegt in der optimalen Raumausnutzung. Das Notfallpersonal benötigt Platz, um den Patienten optimal versorgen zu können. Als einziges Unternehmen am Markt kann AAT die „Quick Conversion Technology“ anbieten. Damit können die vom Unternehmen angebotenen Systeme in kürzester Zeit in die Fluggeräte eingebaut werden. Diese Nischenexpertise führte dazu, dass AAT Kunden in fünf Kontinenten und über 60 Ländern ausstatten, warten und servicieren kann. 

Dieser Typ DA62 MPP von Diamond Aircraft dient für Forschungszwecke des National Geographic Institute in Argentinien.

Rot-weiß-roter E-Flieger 

Ebenso als Exportschlager entpuppen sich die Produkte von Österreichs einzigem Flugzeughersteller: Diamond Aircraft in Wiener Neustadt. Auch wenn das Unternehmen heute in Besitz der chinesischen Wanfeng Aviation -Industry steht, wird nach wie vor in Niederösterreich produziert. 1981 von Wolf Hoffmann in Kärnten gegründet, ist Diamond weltweit die Nummer drei bei einmotorigen Leichtflugzeugen. Im Laufe der Geschichte wurden -unzählige Innovationen lanciert und Rekorde eingeflogen. So gelang 2004 etwa der erste Transatlantik-Nonstop-Flug mit einem Dieselflugzeug. 2008 setzte Boeing mit einer Dimona-Maschine von Diamond einen Hybrid-Elektromotor mit Lithium--Ionen-Akku und Brennstoffzelle ein. Es war das erste Flugzeug, das 20 Minuten mit Brennstoffzelle flog. Mittlerweile sind die Wiener Neustädter Flugpionier bei elektrisch betriebenen Propellermaschinen. Das eDA40 getaufte Leichtflugzeug ist das erste seiner Art in seiner Klasse. Damit fliegt es sich nicht nur grüner, sondern auch leiser. Zudem rechnet Diamond Aircraft mit um 35 Prozent geringeren Instandhaltungskosten. Um Kosteneffizienz geht es auch bei „Bionic Surface Technologies“ (BST) aus Graz. Weltweit tätig, forscht und entwickelt BST nano- oder mikrostrukturierte Oberflächen (sogenannte Riblets), um den strömungsdynamischen Widerstand zu senken. Das bringt in etwa 4 Prozent Kraftstoffeinsparung bei Businessjets und einen um 3 Prozent höheren Wirkungsgrad für Verdichter und Ventilatoren. Effizienz, die man nicht sehen kann, so wie auch die meisten Weltmarktführer, Hidden Champions und Nischenplayer in Österreichs Luftfahrt- und Raumfahrtindustrie für die breite Bevölkerung unsichtbar sind.

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