HR ist kein Alleinunterhalter
CHEFINFO: Welche Rolle sehen Sie im Hintergrund von KI, Generationenwandel oder geringerer Loyalität für HR in der Zukunft?
Julia Oberhumer: HR ist ein ganz zentraler Dreh- und Angelpunkt in einem Unternehmen. Im besten Fall ist es ein Vermittler, der auf einen gemeinsamen Interessenausgleich hinwirken kann. Damit trägt es auch zu einem guten Arbeitsklima und einer guten Unternehmenskultur bei. HR ist aber kein Alleinunterhalter. Es reicht nicht, jemanden zu engagieren und dann zu glauben, dass damit alles gut wird. Gerade vor dem Hintergrund der großen Herausforderungen. Die Art, wie wir arbeiten, befindet sich in einem gigantischen Wandel. Das Industriezeitalter wird abgelöst. HR ist ein Mutmacher, um Neues zu wagen. Ich war kürzlich auf einer HR-Tagung, auf der uns Isabell Welpe, Professorin an der TU München, eine Frage gestellt hat: Was sind die sieben teuersten Wörter in einem Unternehmen? Wir haben gegrübelt. Die Antwort: Das haben wir immer schon so gemacht. Dem kann ich nur zustimmen. Wer sich der Veränderung verschließt, für den wird es teuer.
Sie bieten HR-Interimsmanagement an. Was ist das genau und wie funktioniert es?
Oberhumer: Zum einen kommen große Unternehmen mit bestehender HR-Struktur auf uns zu, die akut einen weiteren Recruiter, sprich: zusätzliche Ressourcen, benötigen. Zum anderen sind es kleinere bzw. mittelständische Unternehmen mit 50 bis 250 Mitarbeitern. Diese haben meist noch keine eigene HR-Abteilung im Haus. HR läuft nur nebenbei mit, oft muss sich auch die Geschäftsführung damit beschäftigen. Die meisten kommen aber erst, wenn es schon brennt. Die Handlungsbereitschaft steigt im gleichen Verhältnis wie der Leidensdruck, etwa wenn viele Stellen vakant sind oder Mitarbeiter davonlaufen, weil das Gras auf der anderen Seite grüner erscheint. HR-Interimsmanagement ist daher auch klassische Unternehmensberatung. Wenn wir in ein Unternehmen kommen, lösen wir anfangs ein wenig Ängste aus. Angst, dass gleich alles neu gemacht werden muss. Doch unser Zugang ist behutsam und auf Augenhöhe. Die Vorgehensweise ist ganz individuell. Bei manchen Unternehmen müssen wir von null auf aufbauen. Andere haben schon tolle Programme, auf die wir aufsetzen und die wir optimieren können. Die Ausgangslage ist sehr verschieden, die Probleme sind aber immer ähnlich.