H2 ist tot, lange lebe H2
Der Bund deutscher Steuerzahler legt sich fest: „Sinnlos-Förderungen“ für Wasserstoffautos müssten eingestellt werden, die Technologie sei „tot“. Gleichzeitig wird moniert, dass die europäische Autoindustrie durch die verschlafene E-Mobilitätsrolle ihren Status verlieren würde. Arbeitsplätze in einer Schlüsselindustrie seien gefährdet. Europas Autoindustrie ist bei Batterien und Rohstoffen jedoch zu sehr abhängig von Asien. Wasserstofftanks und -motoren hingegen könnten in Europa weitgehend autark hergestellt werden. Doch Knackpunkt beim Thema Wasserstoff sind die hohen Produktionskosten sowie die heikle Logistik. E-Autos hingegen bremsen die lange Ladedauer, die fehlende Infrastruktur sowie die nach wie vor geringen Reichweiten. Wenn man doch nur Wasserstoff direkt im Fahrzeug produzieren könnte ... Kann man, wie ein Projekt unter rot-weiß-roter Führung beweisen will.
Mit Alk im Tank Wasserstoff produzieren?
Der Grazer Antriebsspezialist AVL will in Kombination mit europäischen Forschungspartnern und Universitäten genau das schaffen. Im Fokus steht der Einsatz bei Lkw und Bussen. Das Konsortium arbeitet an einem kompakten Membrangenerator, der mit jeglicher Art von Brennstoff betankt werden kann, etwa Erdgas, Biogas, Alkohol usw. und diese in hochreinen Wasserstoff umwandelt. Das CO2, das normalerweise durch die Verbrennung der Treibstoffe entsteht, wird damit stark reduziert bzw. sogar ganz vermieden. Der Clou: Es muss keine eigene Wasserstoffinfrastruktur geschaffen werden, da die Treibstoffe sich ganz leicht und überall lagern lassen. Zudem braucht das Fahrzeug keine teuren H2-Hochdrucktanks und die Reichweite erhöht sich gegenüber konventionellen Wasserstoff-Lkw deutlich. Mit digitalen Zwillingen wird das Antriebssystem derzeit optimiert. Das Projekt wird im Rahmen der EU-Initiative ALL-IN Zero gefördert.
Österreichs Wasserstoffkompetenz
Technologieoffenheit, von der vor allem österreichische Unternehmen profitieren könnten, wie Arbeitsminister Martin Kocher am Rande der BMW Group Hydrogen Days anmerkte: „In den vergangenen Jahren haben sich österreichische Betriebe und Forschungseinrichtungen in der Entwicklung und Produktion von wasserstoffbasierten Zukunftslösungen einen Technologievorsprung erarbeitet, den es zu stärken gilt. Die Stärkung der frühen Wasserstoffwirtschaft eröffnet neue Möglichkeiten für nachhaltiges Wachstum und neue Beschäftigungsfelder.“ BMW ist seit 1979 in der Wasserstofftechnologie, zog sich zwischenzeitlich wieder zurück und startete neu durch. Auch im BMW Group Werk Steyr ist die grüne Technologie ein Thema: „In Österreich sehen wir eine große Kompetenz in der Wasserstofftechnologie“, erklärt Klaus von Moltke, Geschäftsführer BMW Group Werk Steyr.
Zwei Infrastrukturen billiger als eine?
Wasserstoffantriebe werden dabei nicht als Konkurrenz zur reinen E-Mobilität gesehen, sondern als zusätzlicher Player: „Im Hinblick auf Ladeinfrastruktur und Netzstabilität ist eine Diversifizierung der Zero-Emission-Antriebe sinnvoll. Studien bestätigen, dass der Aufbau zweier sich ergänzender Infrastrukturen günstiger sein wird als der Aufbau einer einzigen Infrastruktur, die alle Herausforderungen allein bewältigen muss. Vor allem wird die Wasserstoffversorgung die Lastspitzen reduzieren und kann damit den notwendigen Ausbau des Stromnetzes verringern“, schildert Jürgen Guldner, Programmleiter Wasserstofftechnologie der BMW Group. Das große Ziel einer klimaneutralen Mobilität könne nur gemeinsam bewältigt werden. Um das Potenzial für H2-Fahrzeuge zu demonstrieren, starteten die Münchner 2022 mit einer Pilotserie des BMW iX5 Hydrogen. 100 wurden bisher weltweit getestet. Vier davon stehen nun auch in Österreich zur Verfügung. Ob und wie man damit in die Zukunft fährt, wird man sehen.