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Das Mercedes-Benz Museum ist das meistbesuchte Museum in Stuttgart.
Das Mercedes-Benz Museum ist das meistbesuchte Museum in Stuttgart.
Das Mercedes-Benz Museum ist das meistbesuchte Museum in Stuttgart.
Mercedes-Benz AG

Firmenmuseen: Die Marke in der Ausstellung

11.10.2024 um 12:30, Michael Schwarz
min read
In den letzten Jahren haben sich immer mehr Unternehmen architektonische Denkmäler gesetzt und Museen, Kompetenzzentren und Erlebniswelten geschaffen.

Markentreue: In Zeiten des Internets ist dieses Konzept gefährdet. Manchen Unternehmen gelingt es, in den volatilen Gefilden von Social Media zur Trendmarke zu werden. Langfristig in den Köpfen der Menschen zu bleiben ist im Worldwide Web jedoch oft schwierig. Die Marke und das Unternehmen spürbar zu machen, Assoziationen mit positiven Erlebnissen zu erzeugen und schlichtweg besser verstanden werden: Das sind ­Ziele für Unternehmen, die langfristig die Treue von Kunden gewinnen wollen. Und all das können Firmenmuseen und -erlebniswelten erreichen. Corporate Museums sind Publikumsmagnete, bleiben in Erinnerung und machen Unternehmen greifbarer. Früh erkannte man das Potenzial im industriell geprägten Norden Italiens. Sechs Millionen Italiener besichtigten über einen Zeitraum von vier Jahren Firmenmuseen. Das meistbesuchte ist das Ferrari Museum in Maranello, aber auch Alfa Romeo, Lavazza und Pirelli betreiben erfolgreiche Ausstellungen. Um zu erkennen, welchen Reiz Automobile auf Interessierte ausstrahlen, reicht ein Blick zu unseren deutschen Nachbarn. In München findet sich das traditionsreiche BMW Museum und in Stuttgart-Zuffenhausen feiert das Porsche-­Museum dieses Jahr seinen 15. Geburtstag. Das 2006 eröffnete Mercedes-Benz Museum überflügelte sogar staatliche Einrichtungen und ist das meistbesuchte Museum in Stuttgart. Und der Trend zu den Prestige­objekten ist selbst in digitalen Zeiten noch ungebrochen. Nintendo eröffnet am 2. Oktober in Uji, Japan, sein erstes Nintendo-Museum.

Die Identität von KTM spiegelt sich in der Architektur der Motohall wider.
Die Identität von KTM spiegelt sich in der Architektur der Motohall wider.

Besucher von weiter weg verweilen in der Region, wovon auch der Einzelhandel sowie die Hotellerie und Gastronomie profitieren.

Eva Priewasser, Managing Director KTM Motohall
Eva Priewasser, Managing Director KTM Motohall
Eva Priewasser, Managing Director KTM Motohall

Innovation im Design

Im Museum zählen die inneren Werte, aber schon die Außenansicht sagt vieles über das Unternehmen aus. Die 2019 eröffnete KTM Motohall spiegelt innen und außen die Dynamik ihrer Marke wider. Drei große Aluminiumbänder wickeln sich um die Fassade und symbolisieren Umlaufbahnen des KTM-Universums. Die perforierten Lochmuster sollen laut dem Architektenbüro „X Architekten“ Reifenspuren darstellen. Markant ist die innere Aufteilung der Stockwerke. Denn Besucher können sich durch das Gebäude, das aus zwei ineinander verschobenen Ellipsen besteht, barrierefrei ohne Stiegen und Lift bewegen. Auch das Mercedes-Benz Museum soll Innovation und Kreativität signalisieren. Man verzichtete auf geschlossene Räume und auch gerade Wände sucht man vergeblich. Die Materialien des Automobilbaus wurden in der Fassade des 50 Meter hohen Gebäudes aufgegriffen, und so präsentiert sich das Mercedes-Benz Museum von außen komplett in Glas und Aluminium. Ein besonders markantes Beispiel von Corporate Design ist der sogenannte BMW-Vierzylinder, das Verwaltungszentrum BMWs in ­München. Daneben liegt das BMW Museum – umgangssprachlich bekannt als Weißwurstkessel. Das denkmalgeschützte Gebäude, geplant vom Wiener Professor Karl Schwanzer, ist mittlerweile ein Wahrzeichen der bayrischen Hauptstadt.

Das BMW Museum im Vordergrund und der BMW Vierzylinder greifen architektonisch die Identität des Fahrzeugherstellers auf.
Das BMW Museum im Vordergrund und der BMW Vierzylinder greifen architektonisch die Identität des Fahrzeugherstellers auf.

Wow-Effekt

Hätte man bis 2019 gefragt, wo der ­höchste Schokoladenbrunnen der Welt steht, hätte die Antwort Las Vegas geheißen. Doch wurde der Stadt der Super­lative diese Auszeichnung damals abgerungen. Und zwar von der 1.259 Einwohner zählenden Gemeinde Allhaming. Dort errichtete die Confiserie Wenschitz ihre Pralinenwelt. Unter einer Glaspyramide, die sofort an das Louvre in Paris erinnert, ragt der 11,3 Meter hohe Schokoladenbrunnen in die Höhe. „Der Schokoladebrunnen ist natürlich unser Superstar“, erklärt Maître Chocolatier Helmut Wenschitz, „jede Erlebniswelt braucht einen Wow-Effekt.“ Zum Staunen bringen Besucher auch die sogenannten „Wunderkammern“ in den Swarovski Kristallwelten. So zum Beispiel der Kristalldom, eine Kuppel, die aus 595 Spiegeln besteht und den Besuchern das Gefühl vermitteln soll, in einem Kristall zu stehen.

Der höchste Schokoladenbrunnen der Welt reckt sich in der Pralinenwelt Wenschitz gen Himmel.
Der höchste Schokoladenbrunnen der Welt reckt sich in der Pralinenwelt Wenschitz gen Himmel.

Jede Erlebniswelt braucht einen Wow-Effekt.

Helmut Wenschitz
Helmut Wenschitz, Maître Chocolatier
Helmut Wenschitz, Maître Chocolatier

Markenverstärker

560.000 Besucher begrüßte man 2023 in den Swarovski Kristallwelten. „Für 2024 rechnen wir mit einer weiteren Steigerung der Besuchszahlen“, sagt Stefan Isser, Geschäftsführer D. Swarovski Tourism Services. In der Welt der Firmenmuseen waren die Kristallwelten ein Vorreiter. 1995 wurden sie noch vor international bekannten Erlebniswelten wie der Heineken Experience in Amsterdam gegründet. „Damals war es unser Ziel, das Unternehmen Swarovski mit Tourismus, Einzelhandel und gas­tronomischen Erlebnissen zu verbinden“, erklärt Isser, „so wird die Marke Swarovski in den Kristallwelten lebendig und schafft bleibende Erlebnisse, die weit über das bloße Produkt hinausgehen.“ Denn Marken müssen heute mehr bieten als Produkte, weiß Isser: „Sie müssen Geschichten erzählen und dadurch emotionale Verbindungen aufbauen. Genau das leisten die Swarovski Kristallwelten.“ In Mattighofen besuchten vergangenes Jahr rund 60.000 Interessierte die KTM Motohall. Welche Rolle die Motohall für die Marke KTM spielt, erklärt Managing Director Eva Priewasser: „Sie ist der Ort, der es Motorsportenthusiasten ermöglicht, die 70-jährige Geschichte der Marke KTM und der dazugehörigen Technik im Detail zu erklären und erfahrbar zu machen.“ Auch für Wenschitz hat die Pralinenwelt einen wichtigen Effekt auf die Marke. Rund 30.000 Menschen wollten 2023 mehr über Schokolade wissen. „Der Wiedererkennungswert der Marke hat sich durch die vielen Besucher erhöht“, bemerkt Wenschitz. 

Die Swarovski Kristallwelten gehören nach fast 30 Jahren zur DNA von Wattens.
Die Swarovski Kristallwelten gehören nach fast 30 Jahren zur DNA von Wattens.

Marken müssen heute einen echten Mehrwert schaffen, Geschichten erzählen und dadurch emotionale Verbindungen aufbauen.

Stefan Isser, Geschäftsführer D Swarovski Tourism Services
Stefan Isser, Geschäftsführer D. Swarovski Tourism Services
Stefan Isser, Geschäftsführer D. Swarovski Tourism Services

Unternehmens-Tourismus

Nur 400 Meter neben der A1-Abfahrt Allhaming liegt die Pralinenwelt. Reisegruppen, die auf der Autobahn unterwegs sind, will Wenschitz ansprechen. „Davon profitieren alle Destinationen in unserer Nähe, die wir auch weiterempfehlen“, so der Schokoladensommelier. Die Kristallwelten zogen in ihren 29 Jahren mehr als 17 Millionen ­Gäste nach Wattens. „Heute sind die Kristallwelten fest in der Tiroler Kulturlandschaft verankert und zählen zu den meistbesuchten Sehenswürdigkeiten Österreichs“, sagt Isser, „was der Region sowohl touristisch als auch wirtschaftlich zugutekommt.“ Und auch im Innviertel profitiert der Tourismus von der KTM Motohall. „Durch die internationale Bekanntheit der Marke KTM wird Mattighofen zu einem attraktiven Besucherziel“, zeigt sich Priewasser überzeugt, „wovon auch der Einzelhandel sowie die Hotellerie und Gastronomie profitieren.“ Firmenmuseen und -erlebniswelten steigern also nicht nur das Prestige eines Unternehmens und den Wiedererkennungswert der Marke. Sie sind Ausflugsziele und haben das Potenzial, Fremdenverkehr in Orte zu bringen, die davor in keinem Reiseführer aufschienen.

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