Direkt zum Inhalt
Profilbild
ASCENTXMEDIA / E+ / GETTY IMAGES

Fahrradmarkt - Es gibt keine Rabattschlacht

04.06.2024 um 08:44, Andreas Hamedinger
min read
Von den im Jahr 2023 verkauften 421.000 Fahrrädern waren etwa 52 Prozent E-Bikes. Von großflächigen Preisnachlässen und Lieferengpässen will man nichts wissen.

Im Jahr 2023 wurden erstmals mehr E-Bikes als nicht elektrisch betriebene Fahrräder verkauft. Die Fahrradverkaufszahlen bestätigen außerdem die rasant steigende Nachfrage nach E-Falträdern und (E-)Transportfahrrädern. Neben dem Ausbau der Radverkehrsinfrastruktur sind mone­täre Kauf­anreize wie Dienstfahrradmodelle und die E-Mobilitätsförderung erhebliche Treiber dieser Entwicklung. „Wir haben einen Meilenstein auf dem Weg zur nachhaltigen Mobilitätswende erreicht“, berichtet Hans-Jürgen Schoder, Sprecher der ARGE Fahrrad, der auch ­keine Lieferschwierigkeiten im Bereich der E-Bikes befürchtet: „Die Lager sind gut gefüllt, Probleme im Bereich der Lieferketten gibt es fast keine und auch die Preissituation ist eine stabile.“ Damit nähert sich laut Schoder der Markt wieder dem Niveau von 2019 an.

„In den Jahren 2020, 2021 und 2022 lag die Absatzmenge auf einem überdurchschnittlich hohen Niveau. „Dieses überproportionale Wachstum ist insbesondere durch pandemiebedingte Nachholeffekte entstanden und hat zu hohen Lagerbeständen im Handel 2022 und 2023 geführt. Infolgedessen wurden 2023 weniger Fahrräder von der Industrie an den Handel verkauft. Dadurch lassen sich jedoch keine Rückschlüsse auf die tatsächliche Nachfrage nach Fahrrädern im Handel ziehen. Diese ist weiterhin sehr hoch und kann durch die gut gefüllten Lager auch sehr gut gedeckt werden. Der Sport- und Fahrradfachhandel berichtet mit einigen Ausnahmen von zufriedenstellenden Verkaufs- und Umsatzzahlen.“

75 Prozent

Die Lager sind gut gefüllt, Probleme im Bereich der Lieferketten gibt es fast keine und auch die Preissituation ist eine stabile.

Hans-Jürgen Schoder, Sprecher der ARGE Fahrrad, Wels

Keine Probleme mit Lieferketten
Diese Sichtweise bestätigt auch Stefan Limbrunner, Geschäftsführer von KTM-Fahrrad: „Auch wenn Prognosen schwierig sind, wir gehen davon aus, dass der Markt für E-Fahrräder pro Jahr um 5 bis 15 Prozent steigen wird.“ Für Limburger sind bei den Händlern auch genug Fahrräder vorhanden: „Da es keine nennenswerten Probleme bei den Lieferketten gibt, ist die Auswahl an E-Bikes bestens“. Dass zeigen auch aktuelle Zahlen: Von rund 421.000 Fahrrädern, die 2023 von der Fahrradindustrie an den österreichischen Sport- und Fahrradfachhandel verkauft wurden, waren übrigens 52 Prozent E-Bikes. Bei den Fahrrädern für Erwachsene liegt der Marktanteil sogar bei 62 Prozent. Auch Christian Lehner, einer der Geschäftsführer von Sport Lehner aus Pregarten, sieht in diesem Bereich keine Schwierigkeiten: „Man kann davon ausgehen, dass rund 90 Prozent der Kunden ihr gewünschtes Fahrrad sofort oder schon nach ein, zwei Wochen erhalten. Bei speziellen Wünschen kann es auch länger dauern, doch das war auch schon vor Corona so.“ Für Lehner „gibt es auch keine Rabattschlacht“, wie in deutschen Medien zu lesen war. „Wer sich umsieht, bekommt natürlich günstigere Räder. Aber das war schon immer so. Unter dem Einkaufspreis zu verkaufen geht aus wirtschaftlichen Gründen sowieso nicht“, erklärt der Unternehmer.

Christian Lehner

Man kann davon ausgehen, dass rund 90 Prozent der Kunden ihr gewünschtes Fahrrad sofort oder schon nach ein, zwei Wochen erhalten.

Christian Lehner, Co-Geschäftsführer, Sport Lehner, Pregarten
Peter Pötscher im Shop
Peter Pötscher in seinem Shop: Service und Reparaturen von E-Bikes sind ein gutes Geschäft

Andere Marktlage in Deutschland
Damit scheint die Fahrradwelt in Österreich im Unterschied zu Deutschland noch in Ordnung zu sein. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ berichtete Ende April von einer „Doppelkrise am Fahrradmarkt“. Ein hoher Lagerbestand führe zu Rabattaktionen, gleichzeitig erleben manche Konsumenten die paradoxe Situation, auf bestimmte Rennradmodelle wochenlang warten zu müssen, weil ein Bauteil aus Asien fehle. Die Abhängigkeit der Branche von Asien sei immer noch sehr hoch. Manche Hersteller erreichten während der Pandemie Wachstumsraten von 30 bis 40 Prozent und gingen von einer ähnlich hohen Prognose in den Folgejahren aus. Mit der Insolvenz der Signa Holding seien auch einige wichtige Absatzkanäle in Deutschland weggebrochen. 

Stefan Limbrunner

Auch wenn Prognosen schwierig sind, wir gehen davon aus, dass der Markt für E-Fahrräder pro Jahr um 5 bis 15 Prozent steigen wird.

Stefan Limbrunner, Geschäftsführer, KTM Fahrrad GmbH, Mattighofen
Mountainbike
Die gute Nachfrage bei E-Bikes hält an. Bei manchen Händlern liegt die Elektro-Quote bei 80 Prozent

Wirtschaftsfaktor Reparaturen
Peter Pötscher, Intersporthändler mit Standorten in Linz, Freistadt, Rohrbach und Ottensheim, sieht die Situation hingegen gelassen. „Die Lager sind gut gefüllt und es gibt genug Auswahl, auch wenn Letztere naturgemäß je nach Saison schwankt.“ Laut Pötscher wird ein Bereich für die Händler von E-Bikes jedoch immer wichtiger: „Ein E-Bike benötigt mehr Aufwand und Zeit bei der Reparatur. Und da immer mehr Straßen-, Crossover- und Mountainbikes mit Elektroantrieb gekauft werden, wird auch der Wirtschaftsfaktor Reparaturen für uns als Händler immer wichtiger. Immerhin fallen pro Reparatur Kosten von etwa 100 bis 200 Euro an“. Dank der stark steigenden Verkaufszahlen in diesem Segment ist laut Pötscher bei einem Termin für eine Reparatur mit längeren Wartezeiten zu rechnen: „Es kann schon sein, dass ich bis zu drei Wochen warten muss, bis mein E-Bike an die Reihe kommt.“

more