Da ist Hopfen und Malz gewonnen
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Die Österreicher lieben ihr Bier und das zeigt sich Schwarz auf Weiß, wie der jüngste Branchenbericht verrät. Der Gesamtausstoß belief sich 2024 auf 10,09 Millionen Hektoliter (inkl. alkoholfreiem Bier) – ein Plus von 1,1 Prozent gegenüber 2023. Besonders erfreulich: Auch das Ausland entdeckt die heimische Biervielfalt. Der Exportanteil stieg um neun Prozent auf 1,56 Millionen Hektoliter. Wir sind daher weiterhin die globale Biertrinker-Nation Nummer zwei (103 Liter pro Kopf) hinter Tschechien. Übrigens: Die höchste Brauerei-Dichte Österreichs findet sich im Innviertel und es kommen immer wieder neue dazu. Statt einem vor 20 Jahren noch vorausgesagten Brauerei-Sterben wegen der zu großen Marktmacht der Konzernbrauereien wird die Biervielfalt größer. Diesem Trend hat sich auch die Bierregion Innviertel verschrieben.
Ahoi und Prost
Gründungsmitglied und quasi „Kapitän“ des Zusammenschlusses von aktuell neun Brauereien ist Manfred Schaurecker. Seit 30 Jahren betreibt er sein Schifffahrtsunternehmen am Inn, 20 Jahre lang war er Tourismusobmann in Schärding. Was ein Kapitän mit Bierbrauen zu tun hat? Schaurecker nahm 2016 das erste Brauereischiff Europas in Betrieb. „Es brauchte etwas Neues. Die Gäste sollen schließlich öfter kommen“, erzählt der Bierliebhaber. Er brachte sich gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin das Bierbrauen bei – mit großer Unterstützung der etablierten Brauereien in der Region. „Vor 13 Jahren waren die Brauer nicht sonderlich gut aufeinander zu sprechen, dabei haben wir ein Alleinstellungsmerkmal: die größte Brauerei-Dichte in Österreich.“ Mit der „Bierregion Innviertel“ wird dieser Fakt nun in den Mittelpunkt gerückt und auch die Brauer rückten zusammen. „Sie ziehen an einem Strang und helfen sich gegenseitig aus.“ So wurde auch dem Kapitän unter die Arme gegriffen, als er das Experiment einer Schiffbrauerei startete. „Natürlich hat jeder Braumeister sein Geheimnis und das wird auch nicht verraten.“

DIY-Bier
Schaurecker startete 2013 mit den ersten Versuchen, „die erstaunlicherweise sehr gut gelangen“. Das Hochwasser verhinderte aber vorerst die Inbetriebnahme. „2014 begannen wir, ein Schiff umzubauen. Wir ließen eine alte Sudanlage von einem Fassbinder aus der Gegend nachbauen und holten alte Kupferkessel als Dekoration aus dem Mühlviertel.“ Die kleine Brauanlage steht nun im Fahrgastraum. „Ich stehe als Kapitän nicht auf einem Hochstand, sondern bin inmitten der Gäste wie ein Busfahrer. Dadurch habe ich den direkten Kontakt zu ihnen.“ Zu Gästen, die am Schiff lernen, wie man Bier braut. „Wir wollten das einfach halten. Bier zu brauen, ist nicht sehr kompliziert. Gleich zu Beginn bekommt jeder einmal ein Bier in die Hand gedrückt. Die Gäste mahlen selber das Malz und bringen es in die Kleinbrauanlage ein.“ Während der Schifffahrt samt Mittagessen wird das Bier ständig gerührt. „Natürlich kommen wir in 2,5 Stunden nicht zur Würze, aber die Gäste verstehen nun jeden einzelnen Schritt.“ … Schritte wie das Vergären und die Reifung in der Kühlkammer, die sich im ehemaligen Gasthaus „Kanone“ befindet, wo Schaurecker auch Weißbier braut. „Daher nennen wir uns auch ‚Kanonenbräu‘.“
Vom Sauwald auf den Inn
Das Wasser, die wohl wichtigste Zutat beim Brauen, kommt natürlich nicht aus dem Inn oder der städtischen Wasserleitung: „Die Schärdinger Stadtleitung hat einen Härtegrad von 17 Grad deutscher Härte, das ist für uns ungeeignet.“ Daher pumpen es Schaurecker und sein Team aus dem Sauwald ab. „Wir holen es vom ‚Wirt z‘Kneiding‘. Er hat eine Quelle im Wald mit einem Härtegrad von 3,2 – das ist perfekt.“ Und dann ist da noch eine weitere „Zutat“: Hygiene. „Die ist extrem wichtig. Ein Braumeister hat zu mir einmal gesagt: ‚Wir sind die bestbezahlten Putzfrauen.‘“ Das Bier vom Schiff kann man nur bei Schaurecker selbst erwerben. „In den Einzelverkauf zu gehen, wäre zu teuer. Wir bräuchten eine Abfüllanlage und vieles mehr. Da bleibt nichts mehr übrig.“ Die Kostensituation bei heimischen Brauereien ist ohnehin schon angespannt. Neben hohen Energie- und Lohnkosten müssen vor allem die größeren Brauereien in der Region Innviertel einen weiterer Kostenfaktor stemmen. „Es gibt bei uns einen Pfandtourismus. Die Leute kaufen eine Kiste Innviertler Bier in Deutschland und bezahlen dort nur acht Cent Pfand pro Flasche; wenn sie die bei uns wieder zurückgeben, bekommen sie 20 Cent zurück. Das müssen die Brauereien schlucken.“ Die Branche muss sich daher immer neuen Herausforderungen stellen, die sie im Verbund und dank teilweise jahrhundertealtem Know-how aber stets zu meistern weiß.
Kein Konkurrenzdenken

Jahrhundertealtes Know-how, wie man es in Uttendorf findet. Seit 1600 wird dort Bier gebraut. Die Familie Vitzthum ist stolz auf dieses Erbe, zu dem auch ein eigener 100 Meter tiefer Brunnen zählt. Dieser liefert den Grundstoff, der sich vor allem für untergärige Biere, wie das mehrfach ausgezeichnete Pils – eines der besten Österreichs –, anbietet. Aktuell steht das Starkbier „Vicedominator“ im Fokus. „Es ist unser Saisonbier zur Fastenzeit. Das geht auf die bayrische Tradition und deren Mönche zurück. Diese hatten damals bis zu 100 Fasttage. Sie brauten daher Starkbier mit höherem Nährwert. Wie in Bayern üblich, enden diese Sorten mit einem -ator am Schluss“, schildert Wolfgang Vitzthum. Die Bierregion sieht er als großen Schritt für die regionalen Brauereien. „Man hat sich vorher persönlich nicht so gekannt. Jetzt kommen wir viel öfter zusammen und haben ein Vertrauensverhältnis aufgebaut. Es gibt kein Konkurrenzdenken, auch wenn es immer wieder einmal Kundschaften gibt, die mehrere gerne beliefern würden.“ Ein Miteinander, das „nahe liegend“ ist: „Nur zwölf Kilometer von uns liegt Altheim mit zwei Brauereien, auch Schnaitl ist in der Nähe, doch jeder hat sein Hausgebiet und seine Stammkundschaften.“
Treue Stammkundschaft
Stammkundschaften, die Uttendorfer Bier auch im Großraum Linz, Wels oder Salzburg hat, denn – so Vitzthum –: „Die treue Stammkundschaft ist wichtig. Mit Aktionsware im Handel, wie sie Großbrauereien anbieten können, tun sich kleinere schwer. Die Leute wissen, dass wir hochwertige Produkte machen und es wird auch wieder mehr drauf geschaut.“ Der Biermärz, das jährliche Highlight, bringt weitere potenzielle Stammkundschaft. „Wir sind als Bierregion medial viel besser vertreten, als wir das als Einzelner könnten. Das generiert Aufmerksamkeit.“ Vitzthum sieht Uttendorfer Bier für die Zukunft gerüstet. Die nächste Generation steht bereits ante portas und so wird die höchste Brauerei-Dichte Österreichs auch weiterhin Bestand haben.