Architektur - Repräsentationsfläche Dach
Das Dach rein auf seine praktische Funktion des Unterstands zu reduzieren, wird ihm nicht gerecht. Tatsächlich werden Farbe und Form bewusst gewählt und können in manchen Fällen sogar ein architektonisches Statement sein. Im gewerblichen Bereich dominiert das Flachdach, während im privaten Wohnbau das Steildach immer noch die Nase vorne hat. Auch bei den Dacheindeckungen gibt es große Unterschiede.
Von A wie Aluminium bis Z wie Zink ist alles möglich. Besondere Bekanntheit haben „Eternit®“- beziehungsweise Faserzementplatten erlangt. Der Markenname ist vielleicht sogar bekannter als die eigentliche Bezeichnung. Der klassische Tonziegel wurde in unseren Breiten erstmals von den alten Römern verbreitet und noch heute erfreut er sich großer Beliebtheit. „Immer öfter wird das Dach als Teil des gesamten Hauskonzepts betrachtet“, meint Alexander Eppler, Bundesinnungsmeister der Spengler und Geschäftsführer des Dachdeckerunternehmens Johann Eppler KG, „bei den Materialien ist der Mix jedoch immer da: Ziegel, Blech und Flachdach. Sehr gerne wird da auch mit Farben gearbeitet.“
Steil oder flach?
Bei der ästhetischen Bewertung von Dachformen scheiden sich die Geister. Eppler erkennt hier keinen klaren Trend: „Der ‚kubische‘ Baustil ist immer noch sehr präsent, aber auch das klassisch geneigte Dach ist nach wie vor beliebt.“ Letztlich hat beides Vor- und Nachteile und sollte wohl den entsprechenden Anforderungen angepasst werden. Die Dachschräge bietet beim Steildach die idealen Voraussetzungen für eine Photovoltaik (PV)-Anlage und stellt darüber hinaus eine sicherere Ableitung von Niederschlagswasser dar. Dahingegen betont Eppler auch die Nutzungsmöglichkeiten des Flachdachs als Terrasse oder Garten: „Das Dach wird immer häufiger als Nutzfläche geplant und gestaltet.“ So hat beispielsweise die Linz AG mit ihrem Hafenpark auf den Dächern des Betriebsgeländes im großen Stil einen öffentlichen Raum geschaffen und damit eine Doppelnutzung ermöglicht, die laut Linz AG „für ganz Europa einzigartig ist“.
Von Eisschauern und Hitzewellen
Vor der derzeitigen Krise im Baugewerbe zählte die Branche einige gute Jahre. Als 2021 faustgroße Hagelkörner auf das Mühlviertel einschlugen, war die Auslastung bei den Dachdeckern ohnehin noch hervorragend durch die zahlreichen Neubauprojekte. Diese Naturkatastrophe ließ die Auftragsbücher daraufhin aus allen Nähten platzen. Der oberösterreichische Dachdecker-Landesinnungsmeister Othmar Berner stellte daher Anfang 2024 fest: „Es sind heute noch immer nicht alle Dächer neu eingedeckt.“ Während andere Unternehmen in der Baubranche mit Mühe versuchen, Mitarbeiter durch die Krise halten zu können, verortet Berner bei den Dachdeckern sogar einen Fachkräftemangel. Noch mehr Projekte könnten laut ihm umgesetzt werden, wenn Mitarbeiter vorhanden wären. In Zukunft sollte man „den Ausbau von Energie- und Wärmegewinnung stärker in den Vordergrund rücken sowie thermische Sanierungen mit Augenmaß durchführen“, so Berner. Für die Dachdecker bietet die Sensibilisierung der Bevölkerung für die Klimaerwärmung auch Chancen. „Wir haben mit höheren Temperaturen zu tun. Wir müssen daher Gebäude klimafit machen“, sagt Berner.
Stromproduktion und Kanalentlastung
Zahlreiche Dächer wurden in den vergangenen Jahren mit PV-Anlagen ausgestattet. Beim Neubau ist es definitiv ratsam, schon in der Planung eine etwaige Nutzung mit Professionisten abzusprechen. „Es müssen Dachdurchbrüche für Leitungsdurchführungen vorgesehen werden und es ist eine erhöhte Lasteinwirkung zu berücksichtigen“, weiß Eppler. Eine weitere Möglichkeit, etwas für die Umwelt zu tun, ist die Dachbegrünung. Tatsächlich haben begrünte Dächer neben der Nutzungsmöglichkeit als Garten einen weiteren großen Vorteil: die sogenannte Retention. Gemeint ist damit die Rückhaltung von Regenwasser. Die längste Zeit versuchte man, bei Flachdächern Niederschlag möglichst rasch abzuführen. Bei Starkregen kann das – vor allem im urbanen Raum – jedoch zu einer Überlastung der Kanalisation und im schlimmsten Fall zu Überschwemmungen führen. Flächenversiegelung und Klimawandel tragen ihren Teil zur Verschärfung dieses Problems bei. Begrünte Dächer wirken hingegen wie Wasserspeicher. Mit gewöhnlicher Extensivbegrünung lassen sich bis zu 40 Liter pro Quadratmeter speichern. „Bis zu einer Woche dauert es, bis aus einem begrünten Dach das Wasser abfließt“, so Berner. Sinnvoll ist es, bei Dächern, die der Retention dienen sollen, das Gefälle möglichst gering zu halten. Jedoch können auch Dächer mit hoher Neigung begrünt werden, wie ein Projekt in St. Wolfgang zeigt. Das Dach der Zukunft ist also mehr als nur Schutz vor der Witterung. Es ist Nutzfläche, Kraftwerk, Wasserspeicher und so letztlich auch ein Aushängeschild für die Werte der Menschen, die darunter leben.