Direkt zum Inhalt
Andreas Salcher, Bestsellerautor und Bildungsexperte.
Andreas Salcher, Bestsellerautor und Bildungsexperte.
Andreas Salcher, Bestsellerautor und Bildungsexperte.
Lukas Beck

Andreas Salcher: "Benötigen einen Grundkonsens"

12.09.2024 um 08:28, Jürgen Philipp
min read
Andreas Salcher ist Visionär, wenn es ums Thema Bildung geht. Was braucht es, um das Bildungssystem in Österreich wieder an die Spitze zu bringen?

CHEFINFO: Die von Ihnen mitgegründete Sir Karl Popper Schule geht seit 25 Jahren neue Wege. Was unterscheidet sie von anderen Schulen?

Andreas Salcher: Das Wichtigste, das die Sir Karl Popper Schule von vielen anderen Schulen unterscheidet, ist, dass sie ihre Schülerinnen und Schüler vom ersten Tag an dabei unterstützt, herauszufinden, worin sie wirklich gut sind. Die Einführung des Maturagegenstands „Kommunikation und Sozialkompetenz“ ist ein zentrales Element für den Erfolg dieser Schule. Leider ist sie, trotz aller Bemühungen von uns Gründern, noch immer die einzige derartige Schule in Österreich. Dabei hätten alle Schüler und Schülerinnen ein Recht auf einen Gegenstand „Kommunikation und Sozialkompetenz“, einen persönlichen Coach, auf selbstbestimmtes Lernen in Lern-Labs, auf individuelle Lernziele zusätzlich zum Zeugnis und vor allem auf exzellente Pädagoginnen und Pädagogen. All das ließe sich auch im Regelschulsystem umsetzen.

Wenn wir heute die besten Kindergärten der Welt schaffen, dann werden wir in zehn Jahren eines der besten Bildungssysteme der Welt haben.

Andreas Salcher, Bestsellerautor und Bildungsexperte

Was bräuchte es, um unser Bildungssystem effektiver zu gestalten? Welche Prioritäten würden Sie setzen?

Salcher: Als Voraussetzung dafür, damit Österreich in der Champions League der Bildungsnationen mitspielt, benötigen wir einen Grundkonsens, dass Bildung eine nationale Top-Priorität erhält. Das bedeutet: Die Elementarpädagogik wird ausgebaut, weiter professionalisiert und konsequent als erste und fundamentale Stufe in das Bildungssystem integriert. Wenn wir heute die besten Kindergärten der Welt schaffen, dann werden wir in zehn Jahren eines der besten Bildungssysteme der Welt haben. Das Schulautonomiepaket 2017 war ein Schritt in die richtige Richtung, es ist nur heute, sieben Jahre danach, den meisten Schulen nicht bekannt, geschweige denn umgesetzt, obwohl es den Schulen viel pädagogische Autonomie ermöglichen würde, von der Abschaffung der 50-Minuten-Stunde, Auflösung der starren Klassenstrukturen. 10 Prozent der Unterrichtszeit sollten von Personen von außerhalb des Schulsystems gestaltet werden.

Wie müsste man da die Schulen strukturell verändern?

Salcher: Die wichtige strukturelle Veränderung wäre die flächendeckende Umsetzung der verschränkten Ganztagesschule. Die meisten innovativen Schulen sind echte Ganztagsschulen: Die teuersten Privatschulen in Großbritannien und den USA sind genauso wie fast alle erfolgreichen Brennpunktschulen echte verschränkte Ganztagesschulen. Die Vorteile sind eindeutig: Die Zeiteinteilung zwischen Lernbüros, Lehrvortrag, echtem Projektunterricht, Sport, Reisen und Exkursionen, selbstbestimmtem Lernen sowie Erholungs-, Essens- und Reflexionszeiten wird vom Lehrkräfteteam in Absprache mit der Schulleitung autonom festgelegt. Dadurch wird individuelles Eingehen auf jede Schülerin und jeden Schüler strukturell überhaupt erst möglich. Die Hausaufgaben fallen zum Großteil weg. Für Schüler, Lehrkräfte und ganz wichtig die Eltern endet die Schule im Normalfall zwischen 15 und 16 Uhr.

more