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Airport linz, Jetlinerimages

Airport Linz: Der Flughafen hebt ab

28.10.2024 um 11:55, Jürgen Philipp
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Am Airport Linz ist einiges in Bewegung. Selbst die Lipizzaner heben von dort aus ab. CHEFINFO bringt Einblicke in den Mikrokosmos Flughafen.

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Am Airport Linz wird ein -neuer Hangar gebaut. Die Privatjet-airline GlobeAir – eine von zwei in Linz stationierten – investiert in einen 1.200 Quadratmeter großen Wartungshangar samt Nebengebäuden nahe dem ehemaligen Charterparkplatz 2. 25 neue hoch spezialisierte -Arbeitsplätze sollen entstehen. In dem Gebäude werden auch Trainingsräumlichkeiten für die Piloten Platz finden. 984 europäische Flughäfen können mit dem europäischen Marktführer erreicht werden. Besonderheit: Das Unternehmen besitzt die größte Flotte an den viersitzigen Cessna Citation Mustang c510 weltweit. Die Flugzeuge schaffen eine Reichweite von 2.000 Kilometern. Linz hat sich einen guten Ruf beim Privatcharter erarbeitet. Wer länger und mit mehr Fluggästen unterwegs sein will, der kann auf das Angebot von Aerox zurückgreifen. Der Privatjetbroker entdeckte eine Marktlücke durch einen konkreten Anlassfall. Der LASK stand vor einem Problem. Wie kommt die Mannschaft in Coronazeiten rechtzeitig und so schnell wie möglich zu den Auswärtsspielen im Europacup? Aerox Geschäftsführer Benedetto Wagner, der mit seiner Personalfirma auch den Business Club sowie die Public Gastro des LASK unterstützt, kannte einen Privatjetpiloten. „So kam es zur Aerox-Gründung. Wir wollten das ordentlich aufziehen und holten noch eine Top-Expertin aus der Touristik an Bord.“

Effizienz statt Luxus

Ein Privatjetbroker sucht nach passenden Jets für die passenden Strecken. „Wir haben den Überblick über alle Flieger in der Nähe oder nutzen Jets, die sich ge-rade in Linz aufhalten, um den Service so kundenoptimiert wie möglich anzubieten. Wir fliegen aber nicht nur von Linz aus, sondern bedienen Kunden in ganz Europa.“ Hauptargument dieser Art des Reisens ist aber nicht, wie fälschlicherweise oft angenommen wird, der Luxus, sondern „die Effizienz, die Zeitersparnis und auch die -Privatsphäre. Wenn ich etwa in einem Tag von Linz nach Stockholm und zurück möchte, geht sich das mit der Linie nicht aus.“ Dazu können, je nach Flugzeugtyp, auch -kleine Flughäfen mit sehr kurzen Runways bedient werden. „Etwa La Mole in St. Tropez oder der Flughafen am Lido in Venedig.“ Reichweitenbeschränkungen spielen keine Rolle. In größeren Jets geht es von Linz aus beispielsweise immer öfter in Richtung Indien. Aerox fungiert dabei als höchstpersönliche Schnittstelle zwischen Airline und Fluggast. Den Linzer Airport lobt Wagner: „Die Lage ist super zentral. Die Zusammenarbeit mit dem General Aviation Center vor Ort ist professionell. Die Fluggäste können auch knapp vor dem Flug kommen und müssen keine unnötigen Wartezeiten in Kauf nehmen.“ 

Benedetto Wagner Geschäftsführer Aerox

Die Zusammenarbeit mit dem General Aviation Center vor Ort ist professionell. Die Fluggäste können auch knapp vor dem Flug kommen.

Passagiere heben ab

Das Privatjetbusiness ist allerdings komplex. Bei den öfter auch kurzfristig gebuchten privaten Flügen braucht es die passenden Flughafen- und Luftfahrtslots. Flughafenslots, die in besonders frequentierten Airports knapp sind. Der Linienverkehr ist planbarer. Auch wenn zuletzt auf Österreichs Airports ein Passagierplus verzeichnet wurde, hinkt Linz im Vergleich noch hinterher. 7,3 Millionen Passagiere gingen in Österreich im Juli und August 2024 „in die Luft“, um 6 Prozent mehr als im Vorjahr. In Linz ging diese Zahl um 18,8 Prozent zurück. Das soll sich nun rasch ändern. Zwei äußerst wichtige Fluglinien werden ab 28. Oktober wieder bedient. So kehrt die Austrian Airlines wieder nach Linz zurück und führt mit ihrem Partner Braathens Regional Airlines drei Flüge täglich von Linz nach Frankfurt durch. Linz ist damit wieder direkt an eines der wichtigsten europäischen Dreh-kreuze im Flugverkehr angebunden. 

Dank einer Pistenbreite von 60 Metern können in Linz die größten Transportflugzeuge der Welt, die Antonovs, landen. Herkömmliche Pisten sind nur 45 Meter breit.

Ryanair ante portas

Ebenfalls ab 28. Oktober wird die Ryan-air vier wöchentliche Flüge (je zwei Hin- und Rückflüge) nach London Stansted anbieten. Mit 182 Millionen Passagieren 2023 ist Ryanair Europas -größte Fluggesellschaft. Das Unternehmen will mit der neuen Verbindung von Linz nach London/Stansted eine Lücke füllen, „die Lufthansa und andere Hochpreisfluggesellschaften hinterlassen haben, die in den letzten Monaten ihre Verbindungen zum bzw. vom Flughafen Linz eingestellt haben“, heißt es in einer Aussendung der irischen Airline. Ryanair ist auf Expansionskurs. Die Low-Cost-Airline kann ihre günstigen Preise nicht zuletzt durch das Ausweichen auf kleinere Airports garantieren, die deutlich günsti-gere Konditionen bieten. 400 neue Flugzeuge sind bestellt, bis 2034 sollen 300 Millionen Passagiere befördert werden. „Ryanair ist die einzige Fluggesellschaft, die in den nächsten Jahren ein bedeutendes Wachstum erzielen wird, wie es in Linz der Fall ist“, meint Andreas Gruber, Österreich-Chef von Ryanair. 

Hörschinger Frachtschwerpunkt

Während Linz bei den Passagierzahlen dabei ist, verlorenes Terrain gutzumachen, ist der Airport im Sektor der Luftfracht im DACH-Raum im Spitzenfeld. Mit durchschnittlich 55.000 Tonnen Fracht pro Jahr ist man hinter Wien (280.000 Tonnen) die Nummer zwei in Österreich und mehr als doppelt so stark wie die Nummer drei, Graz, mit rund 20.000 Tonnen. „Von den 44 Flughäfen im DACH-Raum sind wir im Bereich Cargo an elfter Stelle“, erzählt der Geschäftsführer des Airport Linz, Norbert Draskovits. Obwohl erst 1994 der erste Frachtterminal gebaut wurde, erkannte man in Hörsching schnell das Potenzial. Heute stehen fünf der sechs Terminals für die Cargo-Branche zur Verfügung.

Exporteure vor der Haustüre

Das ist kein Zufall. Für Draskovits bietet Linz ein scheinbar perfektes Biotop für den Transport per Flugzeug: „Es braucht eine Nähe zu einem guten Exportmarkt. 27 Prozent aller Exporte kommen aus Oberösterreich. Die exportorientierte Industrie ist sehr nahe und wir haben in der direkten Umgebung unzählige Logistikunternehmen.“ Um diese Mengen zu bewältigen, müssen für Draskovits mehrere Voraussetzungen gegeben sein: „Man braucht viel Fläche. Wir haben insgesamt 20.000 m2 Lagerfläche und 8.000 m2 Bürofläche. Fläche, die man nicht nur Outdoor, sondern auch Indoor braucht.“ Wie wichtig der benötigte Platz ist, zeigt sich am deutlichsten Donnerstag- und Freitagnacht: „Das sind bei uns echte Stoßzeiten. Hier kommen die meisten Lkw. Das hat zum einen produktionstechnische Gründe, zum anderen ist die Fracht dann am Montag in Asien.“

Selbst Flugzeuge werden geflogen, wie die Flieger für die Red Bull Airpower. Möglich macht das Spezialgerät zum Verfrachten der Jets.

Effizienter Zoll als Asset

Zwei der fünf Frachtterminals betreibt der Airport selbst. „Die anderen drei sind vermietet.“ In den Terminals wird verzollt, verpackt und die Ware „ready to transport“ gemacht. Ware, die nicht nur aus der näheren Umgebung kommt, sondern auch über unsere Grenzen hinaus. So werden auch bayrische Exportprodukte von Linz aus in die Welt geschickt, denn „man kann mit einer guten Dienstleistung rundherum, etwa bei der Verzollung und Aufbereitung, reüssieren. Man muss nur effizienter oder billiger sein.“ Das schafft man in Hörsching offensichtlich besser als anderswo. „Wir haben eine exzellente Zusammenarbeit mit dem Zoll. Der österreichische Zoll arbeitet sehr effizient. Wir sind nahe am deutschen Markt, vor allem an Bayern, und da macht es oft Sinn, auf Linz auszuweichen.“ Die zentrale Lage der Stadt zu den großen Hubs ist ein weiterer Pluspunkt für den Standort Hörsching: „Die Ware kommt zu 70 Prozent per Lkw zu uns. Wir liegen da ideal zwischen den Hubs Wien, München, Mailand und Zürich.“ 

Hörsching ist der einzige Flughafen in Österreich, der Huftiere ex- und importieren darf. Vor Kurzem checkten 140 Schafe ein.

Flugfracht stark reglementiert

Ein weiteres Asset sind die benötigten fachlichen Skills, die weit über klassische Lagerarbeit hinausgehen. „Flugfracht ist stark reglementiert. Mitarbeiter im Cargo brauchen daher spezielle Schulungen, weil Flugwaren immer speziell sind.“ So gibt es eigene Regeln beim Transport von pharmazeutischen Waren – die oft den Luftweg nehmen –, dazu dürfen keine gefährlichen Stoffe transportiert werden. „Ein Mitarbeiter braucht daher mindestens ein halbes Jahr, bis er all die Besonderheiten der Flugfracht beherrscht.“ Qualifiziertes Personal, das auch am Airport fehlt: „Das ist ein gewisser Bottleneck für zusätzliches Wachstum.“

Fit für die Größten der Welt

Ein weiteres Spezifikum des Standortes ist die gute Zusammenarbeit mit dem direkten Nachbarn, dem Bundesheer. „Manchmal braucht es Spezialfahrzeuge, um Waren bewegen zu können. Die kann uns das Bundesheer zur Verfügung stellen.“ In Covid-Zeiten kam es zudem zu vielen Sondertransporten, die mit den größten Frachtmaschinen der Welt, Antonovs, transportiert wurden. „Sie passen mit ihren sechs Triebwerken und einer Spannweite von 60 Metern auf keine normale Piste. Diese sind meist nur 45 Meter breit. In Linz können sie aber landen.“ Der Grund für die außergewöhnliche Breite liegt ebenfalls beim Bundesheer. Der benachbarte Fliegerhorst Vogler ist nicht nur starker Partner des Zivilflughafens – man kooperiert eng bei gemeinsamen Themen wie Feuerwehren, dem Winterdienst oder der Pistenbeleuchtung –, sondern könnte für weitere Modernisierungsschübe sorgen.

Auf gute Nachbarschaft

Dahinter steckt der „Aufbauplan 2032+“ des Bundesheeres. „Hörsching ist ein bedeutender Standort des Bundesheeres im Land Oberösterreich, aber auch für unsere Luftstreitkräfte. Das Bundesheer wird außerdem in den nächsten Jahren einiges Geld in die Hand nehmen, um die Infrastruktur auf die Höhe der Zeit zu heben“, so Verteidigungsministerin Klaudia Tanner bei der Präsentation des Plans. Im Zuge dieses Vorhabens werden rund 1,2 Milliarden Euro investiert. Neben modernen Unterkünften und neuen Hangars wird auch Fluggerät angeschafft. Transportmaschinen des Typs C-390 Embraer und die Sikorsky UH 60-M Hubschrauber, besser bekannt als Black Hawk, werden ebenso in Hörsching stationiert wie zwölf Jettrainer. Für Norbert Draskovits bedeuten diese Investitionen das Heben neuer Synergien. „Wir profitieren bei der Infrastruktur, etwa bei der Umstellung auf eine LED-Beleuchtung.“

Point to Point

Draskovits ist daher guter Dinge, dass sich der Flughafen weiter gut entwickeln wird, und bekommt vor allem im Bereich -Cargo Rückenwind. „Normalerweise stehen Lokalflughäfen nicht im Fokus der großen Logistiker. Üblicherweise wird viel Ware mit klassischen Passagierflugzeugen transportiert. Es gibt nur -einige wenige reine Airlines, die sich auf Fracht konzentrieren.“ Eine der größten ist die Turkish Cargo. „Sie haben bereits 25 reine Frachtflugzeuge und sie haben zehn weitere bestellt.“ Dieser „Point to Point“--Anbieter ist auch in Linz prominent vertreten. „Vor drei Jahren konnten wir Turkish Cargo überzeugen, nicht den Hub Wien zu verwenden, sondern zu uns nach Linz zu kommen. Wir wollten ursprünglich zwei bis drei Flüge pro Woche einbuchen, jetzt sind es bereits fünf.“ Turkish Cargo bedient über Istanbul die Märkte Asien und Afrika. Draskovits und sein Team ruhen sich auf diesen Erfolgen aber nicht aus, sondern sind ständig auf Fachmessen unterwegs, um für den Standort zu werben. „Wir müssen aktiv akquirieren.“ 

Ryanair-Chef Michael O’Leary hat leicht lachen. Seine Fluglinie ist im Aufwind. Ab 28. Oktober fliegen die Iren auch wieder von Linz nach London/Stansted.

Der Gap zum Schiff wird kleiner

Das Potenzial sei jedenfalls da. „Generell ist der EU-Markt weltweit der -wichtigste. Am chinesischen Markt dominiert die Binnenfracht. Das Wachstum der -Branche wird jedenfalls bleiben.“ Und es kann oft sehr schnell gehen: „Es geht nicht nur um die wirtschaftlichen Zyklen, sondern auch, wie offen das Meer ist. Wir können viel rascher auf Krisensituationen reagieren.“ Flugzeuge können quasi „über Nacht“ ihren Kurs ändern. So flogen europäische Airlines nicht mehr über russisches Staatsgebiet. Der Stau am Suezkanal, die Angriffe der Huthis im Roten Meer, Piraterie oder der Ukrainekrieg wirken sich mittel- und unmittelbar auf die Seefracht aus. „Damit steigen die Versicherungsprämien in der Schifffahrt. Der Gap zur Flugfracht wird dadurch geringer.“ Das alles könnte dem Linzer Flughafen mit seiner Cargo-Spezialisierung künftig noch mehr Auftrieb geben. Für einen Steilflug ist man jedenfalls gerüstet.

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