Michael Ludwig: „Wir bleiben weltoffen“
Inhalt
- Regeln für digitale Kommunikation
- Milliarden-Investment in grüne Zukunft
- Asyl und Arbeit
- Keine Abschottung
- Wahl: Wunschergebnis
- Koalitionsgeflüster
Ein neues Arbeitsmodell für mehr Integration, eine „grüne Zukunft” des Wirtschaftsstandortes und sein ganz persönliches Wahlziel: Wiens Bürgermeister hat fixe Vorstellungen, wie es mit der Stadt und ihren Menschen weitergehen soll.
Regeln für digitale Kommunikation
Der Polit-Populismus regt auf und verstört viele: Wie ist es um die Gesprächskultur im Rathaus bestellt?
Michael Ludwig: Die Polarisierung, befeuert durch die sozialen Medien, macht mir generell Sorge. Ich bemühe mich um ein gutes Klima – zu allen Parteien hin, aber auch im Austausch mit den Glaubensgemeinschaften. Im von mir gegründeten Religionsrat werden Standpunkte eingebracht und diskutiert. Das ist gut gelebte Debatte. In der digitalen Welt sind gesamtstaatliche Regularien dringend notwendig – ohne bürgerliche Rechte auszuhebeln.
Apropos: Beim Klimaschutzgesetz ist man in Vorleistung gegangen. Interessensvertreter sehen den Produktions-Standort gefährdet.
Michael Ludwig: Das will ich verneinen. Wir schaffen damit verlässliche Rahmenbedingungen und eine neue, nachhaltige Visitenkarte. Vor allem für grüne Industrien werden wir zu einem sicheren und attraktiven Standortpartner.
Milliarden-Investment in grüne Zukunft
Laut Prognose wird die Stadt im Jahr 2050 gut 300.000 Einwohner mehr haben: Wie klimafit wächst Wien weiter?
Michael Ludwig: Wir bauen ganz massiv die Infrastruktur aus, allein 100 Millionen Euro im Jahr wandern ins Kanalnetz. Gut investiertes Geld, wenn man an das glimpflich verlaufene Hochwasser im letzten September denkt. In den nächsten fünf Jahren werden etwa die Stadtwerke 8,8 Milliarden Euro ausgeben, davon wandern 8,1 Milliarden in klimaschutzrelevante Maßnahmen. Ein Riesenschub für eine nachhaltige Stadt, die Wiener Wirtschaft – und für den Arbeitsmarkt.

Asyl und Arbeit
Mit der Integration sind ebenso große Herausforderungen verbunden.
Michael Ludwig: Vom Spracherwerb bis zur sozialen Absicherung: Wir stemmen die extrem fordernden Hauptaufgaben. Besonders weil es der Bund bislang nicht geschafft hat, eine gerechte Verteilung herbeizuführen.
Ich trete dafür ein, Asylwerber über das AMS abzuwickeln – dafür braucht es dort mehr Budget und Personal.
Ihr Alternativvorschlag?
Michael Ludwig: Ich bin prinzipiell dafür, dass möglichst alle, also auch Asylwerber und Asylberechtigte möglichst schnell in den Arbeitsmarkt kommen und – falls notwendig – über das AMS abgewickelt werden. Die Auszahlung von Leistungen ist meinen Vorstellungen nach an eine Residenzpflicht zu koppeln. Wer nach Österreich kommt und nicht arbeitswillig ist, hat dann mit den bereits bestehenden Sanktionen, die das Arbeitsmarktservice vorsieht, zu rechnen. Das wäre effizient, wichtig für den Jobmarkt und eine schnellere Integration. Und natürlich auch für die Gerechtigkeit auf Bundesebene.
Keine Abschottung
Wir stehen vor Weichenstellungen: Wie soll Wien in fünf Jahren dastehen?
Michael Ludwig: Sehr stabil und weiter bereit für ein Miteinander. Wir wollen ein weltoffenes Zentrum bleiben: nicht nur für den für uns so wichtigen Tourismus, sondern beispielsweise auch für internationale Friedenskonferenzen.

Wahl: Wunschergebnis
Ab welchem Wahlergebnis gehen Sie Ende April zufrieden in den Wahlabend?
Michael Ludwig: Wenn ich mir die Landtagswahlen der letzten Jahre in Österreich so anschaue, haben die Regierenden immer so zwischen dreieinhalb und zehn Prozentpunkte verloren. Also von daher habe ich einen starken Ehrgeiz, dass wir an das letzte Ergebnis der Gemeinderatswahl ziemlich rankommen. Was übrigens ein sehr gutes war.
„Politik ist kein Selbstzweck, sondern soll immer auch den Menschen dienen, die in unserer Stadt leben."
Ihr Wunschpartner?
Michael Ludwig: Mit Rot-Pink haben wir eine sehr gut funktionierende Koalition, jetzt kommt es auf die Wählerinnen und Wähler an, wie sie entscheiden.
Koalitionsgeflüster
Nach der Wahl am 27. April will Wiens Bürgermeister mit allen Parteien Sondierungsgespräche führen und in Verhandlungen treten – mit einer Ausnahme. „Ich habe schon beim letzten Mal die FPÖ ausgeschlossen und bleibe dabei“, so seine klare Ansage. Grund seien die „diametralen Auffassungsunterschiede über das Menschen- und Gesellschaftsbild“.