"Endgenervt": VdB warnt vor "Schwurbler oder Schlafschaf"
Die Bregenzer Festspiele haben begonnen! Traditionell hat Bundespräsident Alexander Van der Bellen das kulturelle Highlight am Bodensee eröffnet – ein Akt, den er mittlerweile auf besondere Art zu nützen weiß.
"Zwölftonmusik der Festpielreden"
"Die Eröffnung der Bregenzer Festspiele ist für mich jedes Jahr aufs Neue eine wunderbare Gelegenheit, kurz ein bisschen unbequem zu werden. Quasi die Zwölftonmusik der Festspielreden. Thematisch ist das keine große Herausforderung, wo doch beinahe alles gerade entweder aufregt oder frustriert." Anders als im letzten Jahr schlägt das Staatsoberhaupt diesmal aber deutlich versöhnlichere Töne ein.
"Endgenervt vom Diskurs"
Von Klima über Politik bis zu einfachen Doppelpunkten und Sternchen: Alles würde aktuell frustrieren, weltweit würde sich der politische Frust in Gewalt entladen. Dabei seien es nicht die – durchaus wichtigen – Themen, die aufregen würden. "Vielleicht sind Sie, sind wir nur 'endgenervt' von der Art und Weise, wie wir darüber sprechen", mutmaßt VdB. "Die Welt, über die wir öffentlich sprechen, ist ganz einfach. Sie ist blitzschnell erklärt. Sie ist eindeutig. Etwas ist entweder schwarz oder weiß, groß oder klein, oben oder unten, gut oder böse."
Gefährliches Schubladendenken
Eindringlich warnt Van der Bellen vor dem gefährlich-spaltendem "Entweder-Oder"-Denken. Schubladendenken sei zwar praktisch, aber gefährlich. "Es stellt uns an gegenüberliegende Pole und verhindert, dass wir uns zusammentun." Genau diese Mentalität spalte die Gesellschaft und blockiere (konstruktive) Kommunikation. Dazu kommt: So einfach ist es auch nicht immer. "Ich frage Sie: In welche Schublade kommt denn bei Ihnen zum Beispiel jemand, der eigene Biogurken erntet und ein Schweinsschnitzel dazu isst? Wie sieht es mit jemandem aus, der Mustafa heißt und im harten Tiroler Dialekt redet? Oder jemand, der bei jedem Zeltfest vorne dabei ist, in der Kantine dann aber strikt das Veggie-Menü bestellt? Was ist mit jemandem, der überzeugt Krachlederne trägt – und genauso überzeugt gendert? Oder jemandem, dem Grenzen wichtig sind, und der sich für die örtliche Flüchtlingsfamilie einsetzt?", wird der Präsident plakativ. "Ist doch nicht einfach in schwarz-weiß, oder? Nicht jeder, der auf einem Rad sitzt, ist ein Ökofanatiker. Und nicht jeder, der ein Schnitzel isst, ist ein Klimasünder."
Lassen Sie sich nicht einteilen, kategorisieren und an den Rand drängen. Und holen auch Sie nach Möglichkeit all jene wieder heraus aus den Schubladen, in die Sie sie gesteckt haben.
Damit wir wieder normal miteinander reden können – über Klima, Politik, Demokratie. (vdb) pic.twitter.com/P73UAPg2cQ— A. Van der Bellen (@vanderbellen) July 17, 2024
Ruf nach mehr Gelassenheit
"Wo ist unsere Gelassenheit geblieben?", will er wissen. "Spaltung ist kein Naturgesetz. Sie passiert, weil viele mitspielen." Gegen die Spaltung müsse man sich aktiv stellen. Seine Lösung: "Nicht mitzuspielen." Denn: "Wir alle haben in der Hand, ob die Stimmung zwischen uns vertrauensvoll ist oder vergiftet."