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Armin Wolf und Gerhard Karner fallen sich in der Sedung gegenseitig ins Wort
Wolf und Karner liefern sich in der ZIB2 ein hitziges Wortgefecht.
Wolf und Karner liefern sich in der ZIB2 ein hitziges Wortgefecht.
Screenshot ZIB2/orf/tvhthek.orf.at

Streit in ZIB2: Wolf fetzt mit Innenminister

24.08.2022 um 09:25, Stefanie Hermann
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In der ZIB2 kommt es zu heftigen Wortgefechten zwischen Moderator Wolf und Innenminister Karner.

Für seine Interview-Führung ist Armin Wolf weit über die Landesgrenzen berühmt und berüchtigt. Nicht selten, dass er seine Studio-Gäste hart an die Kandare nimmt. Im Gespräch mit Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) reißt dem routinierten Anchorman aber fast der Geduldsfaden. Es sind schwierige Themen, die zu hitzigen Debatten und Überlänge führen: Anti-Asylkurs, illegale Abschiebungen und zuletzt auch der Fall Kellermayr.

>>> Brutale Kritik an Karner nach ZIB2

Migranten abschrecken

Einstiegsthema des denkwürdigen Gesprächs sind die brandaktuellen Pläne des Ministers. Mit einerAnti-Asyl-Kampagne will er Migranten abschrecken, nach Österreich zu kommen. Diese würde nicht nur die Zahl der Asylanträge nach unten bringen, sondern sei auch ein probates Mittel, um Schleppern das Handwerk zu legen. Experten sehen die Pläne des Ministers jedoch kritisch: Vergleichbare Kampagnen hätten in der Vergangenheit keinen messbaren Effekt erzielt.

Wolf widerspricht Karner

Sinnhaftigkeit und Nutzen hinterfragt auch Wolf - und liefert sich prompt ein erstes Wortgefecht mit Karner. "Warum glauben Sie, dass diese Info-Kampagne mehr bringt als in den letzten Jahren?", will Wolf wissen. Sie sei wichtig, um "Schleppern nicht die Deutungshoheit zu überlassen". "Das hat Ihre Vorgängerin Mikl-Leitner vor sechs Jahren schon probiert, hat nix gebracht", so Wolf. Karner widerspricht: Die Zahlen seien in den Jahren danach sehr wohl zurückgegangen. "Nein", sagt Wolf. "Doch", sagt Karner. Es soll nicht das letzte Mal in diesem Gespräch sein.

Das hat Ihre Vorgängerin Mikl-Leitner vor sechs Jahren schon probiert, hat nix gebracht.

"Was Sie behaupten, ist unwahr"

"Menschen aus Indien, Pakistan und Tunesien haben keine Chance auf Asyl in Österreich", so Karner in den letzten Tagen mehrfach. Tatsächlich haben aus diesen Ländern 48 Menschen Asyl oder humanitären Schutz erhalten, hält Wolf fest. "Was Sie behaupten ist also schlichtweg unwahr." Karner revidiert: "Ich habe gesagt, praktisch keine Chance." Und das sei immerhin ein wichtiger Unterschied.

Europäische Lösung für österreichisches Problem

Ziel von Karner sei, die Grundversorgung zu entlasten. Dafür müsse die Rückkehr-Beratung intensiviert werden. Auf internationaler Ebene brauche es Verhandlungen mit Serbien bezüglich der Visafreiheit und Rückführungsabkommen mit Ländern wie Indien. Beides betreffe auch andere europäische Länder.

Immer wenn es der ÖVP schlecht geht oder Wahlen bevorstehen, zieht die ÖVP öffentlich ein Ausländerthema hoch.

Karner lädt Wolf ins Burgenland

Diese würden das aber nicht zu so einem großen Thema machen, meint Wolf. "Es gibt Kritiker die sagen: 'Immer wenn es der ÖVP schlecht geht oder Wahlen bevorstehen, zieht die ÖVP öffentlich ein Ausländerthema hoch.'" Das Problem sei real und alles andere als parteipolitisch, verwehrt sich der Innenminister.  Bürgermeister aus dem Burgenland, rot wie schwarz, hätten sich an ihn gewandt. Und Karner lädt Wolf ein, sich die Situation vor Ort selbst anzusehen: "Wenn Sie morgen Zeit haben, fahren Sie mit mir nach Oberpullendorf oder Neusiedl am See."

Migrationsströme richten sich nicht nach Innenminster-Farbe

Streit um Fall Tina

Endgültig der Kragen platzt Wolf, als es um den Fall Tina geht. Die damals 12-jährige Wiener Schülerin wurde unter heftigen Protesten abgeschoben. Der Bundesverwaltungsgerichtshof hat zuletzt entschieden, dass die Abschiebung nicht rechtsmäßig war. Das Mädchen ist mittlerweile nach Österreich zurückkehrt. Das Urteil sei zu Kenntnis zu nehmen, es sei aber auch "anders interpretierbar", so Karner. Sowohl abschieben als auch nicht-abschieben sei rechtlich vertretbar gewesen. Nein, sagt Wolf, "jetzt nicht mehr". Doch, sagt Karner.

Ich hoffe nicht, dass Sie jetzt gesagt haben, Sie werden auch in Zukunft rechtswidrige Abschiebungen durchführen.

"Das ist falsch, Herr Karner"

Schließlich reicht es Wolf. "Das ist falsch, Herr Karner", fällt er dem Minister ins Wort. Karner pocht auf die Glaubwürdigkeit des Asylsystems und schließt weitere Fälle nicht aus. "Auch in Zukunft wird es solche Abschiebungen geben." Bei sicheren Drittstaaten brauche es die klare Linie.

Karner äußert sich erstmals zu Fall Kellermayr

Heftige Kritik an den Behörden gab es in den vergangenen Wochen auch für den Umang mit dem Fall Kellermayr. Bis zuletzt hatte sich Karner dazu nicht geäußert. In der ZIB2 nimmt er erstmals Stellung. "Wenn ein Mensch Selbstmord begeht und auf eigenen Wunsch aus dem Leben scheidet, dann sind sich wohl alle einig, dass vieles falsch gelaufen ist und wahrscheinlich auch im Leben der Frau Dr. Kellermayr", so Karner. Es sei ein tragisches Schicksal, das gesamtgesellschaftlich zu beurteilen sei. Am Vorgehen von Polizei und Justiz möchte Karner keine Kritik üben: "Ich bin nicht bereit einzelne Behörden oder Mitarbeiter am digitalen Pranger zu opfern."

Wahrscheinlich ist vieles in ihrem Leben falsch gelaufen.

 

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