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Bruno Buchberger
Keine Spur von Altersmüdigkeit: Derzeit arbeitet Bruno Buchberger an seinem neuen Buch „Wissenschaft und Meditation – die Erfindung der Zukunft“ und gibt…
Keine Spur von Altersmüdigkeit: Derzeit arbeitet Bruno Buchberger an seinem neuen Buch „Wissenschaft und Meditation – die Erfindung der Zukunft“ und gibt…
Herman Wakolbinger

Bruno Buchberger: "Lehrer leisten Unmögliches"

15.02.2022 um 10:18, Jessica Hirthe
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Mit fast 80 programmiert Bruno Buchberger immer noch täglich Algorithmen. Der Gründer des RISC an der JKU und des Softwareparks Hagenberg über die Kultur des freien Denkens und wie man mehr Studenten und Innovation nach OÖ bringen könnte.

Wie bewerten Sie den ­Bildungsstandort OÖ?
Bruno Buchberger: Wir brauchen uns nicht zu verstecken. Auf Pisa gebe ich wenig. Wie bei den Uni-Rankings: Sie sind gut, damit man sich anstrengt, aber die einzelnen Punkte zu vergleichen bringt nichts. Die Schulen bemühen sich, auch die Politik. Lehrer leisten heutzutage Unmögliches mit den Kindern.

Welches Wissen sollte man Grundschülern unbedingt vermitteln?
Buchberger: Man sollte die Kinder und Jugendlichen nicht überlasten und immer wieder überlegen, was wirklich wesentlich ist. Das sind die Techniken, wie man kritisch denkt, wie man sich Wissen beschafft, wie man gut erklärt, wie man miteinander umgeht und wie man sich ein großes und offenes Weltbild erarbeitet. Das braucht Zeit und Vorbilder, das lässt sich nicht reglementieren und im Lehrplan fixieren.

Wäre also Schulautonomie zeit­gemäßer, um die Qualität an den Schulen zu verbessern?
Buchberger: Durchaus. Die sekun­däre Bildung ist untrennbar mit der tertiären verbunden. Da passiert die Entwicklung der geistigen Haltung eines Landes. Wenn an den Unis der Geist in Ordnung ist, strahlt er aus – auch auf die Lehramtskandidaten. Freiheit und Selbstverantwortung ist der europäische Beitrag zur Welt, die Kultur des freien Denkens und Sprechens. Da kann man nicht früh genug damit anfangen.

Digitalisierung, IT, KI – sollten diese Dinge nicht viel früher in den Schulen unterrichtet werden?
Buchberger: Nein, auch wenn mich manche dafür prügeln würden. Es ist wichtiger, dass die Kinder hinaus­gehen und sehen, wie ein Baum funktioniert – nicht nur theoretisch, sondern ihn auch anfassen. Ein Verständnis dafür zu bekommen, dass wir ein integrierter Teil der Natur sind – intellektuell und empathisch. Das ist wichtiger, als zu wissen, was KI ist. Das erfasst man schnell, wenn man gelernt hat, wie man denkt.

In der heutigen Zeit ist die Uni verantwortlich dafür, Marketing zu betreiben und Studenten zu rekrutieren.

Wie bewerten Sie die Unis und FHs?
Buchberger: In der Forschung sind wir in einigen Fächern exzellent. Etwa die Mathematik und Informatik in Linz haben Weltruf. Auch in der Mechatronik haben wir Leute, die weltweit einzigartige Sachen machen. Das Problem ist halt, dass wir viel zu wenig Studenten haben.

Woran liegt das?
Buchberger: Daran sind wir selbst schuld, das will nur keiner hören. Man  glaubt, man macht gute Forschung und Lehre, dann werden die Studenten schon kommen. Das ist zu kurz gegriffen. In der heutigen Zeit ist die Uni verantwortlich dafür, Marketing zu betreiben und Studenten zu rekrutieren.  

Wie könnte das funktionieren?
Buchberger: Zum einen müssten das die Professoren selbst machen. Das steht aber in keinem Dienstvertrag, also fühlt sich keiner dafür verantwortlich. Woran es vor allem scheitert: der Lifestyle, die Integration der Studenten, das Life after Five. Ich habe einen Studien­gang gegründet, um Ausländer anzuziehen, habe sie mit Firmen in Verbindung gebracht, damit sie ein Stipendium bekommen. Sie kamen, waren begeistert, und kaum waren sie fertig mit dem Studium, waren die meisten weg. Die blieben, sagten: Die Firma ist toll, aber sie haben keinen Anschluss. Das ist der Punkt: die Integration als Oberösterreicher.

Wen sehen Sie in der Verantwortung?
Buchberger: Wir Professoren sollten alle 10 Prozent unserer Zeit darauf verwenden, Studenten zu rekrutieren, sie mit Unternehmen zusammenbringen,  zu integrieren, und auch dafür sorgen, dass ein Lifestyle entsteht, der wenigstens als Art intellektueller, innovativer Raum funktioniert. Das wäre sowieso für Oberösterreichs Entwicklung ein wichtiges Konzept: die Entwicklung des Großraums als eine urbane, internationale, vibrierende, jugendliche Region.

Wir meinen, Innovation kommt von Plänen, die man in der Politik macht, aber sie kommt von den  jungen Leuten – außerhalb des Geplanten.

Ist der Großraum Linz nicht attraktiv genug, um Studenten herzulocken?
Buchberger: Ja und nein. Im Prinzip hätten wir alles, aber de facto sind wir total unattraktiv. Es geht um etwas Atmosphärisches. Es bemühen sich eh alle, aber es bleibt zu abstrakt. Wenn ich zu Mohammed sage, gehe in die Tabakfabrik, da sind junge Firmen und Leute – nein, leider nicht. Dort sitzen gute Firmen, aber wenn man keinen Adressaten hat, ist man auch dort verloren. Die Innenstadt ist auch kein Treffpunkt für junge Ausländer. Man muss nachdenken, wie man 20.000 junge internationale Leute hierher bringt – und zwar so, dass sie sich wohlfühlen und hier bleiben wollen.

Wie lässt sich das umsetzen?
Buchberger: Man kann nicht den ganzen Großraum Linz von Steyr über Hagenberg bis Wels zur vibrierenden Region für junge Ausländer machen. Also muss man sich überlegen, wo man drei, vier vibrierenden Kerne macht. Diese Zentren muss man so herrichten, dass das der Platz 7/24 ist. Ein Platz, wo jeder jederzeit hingehen kann, um zu arbeiten, zu lernen, Firmen und Professoren zu treffen und auch zu wohnen. Da sind wir so weit weg davon. Die Leute müssen das Gefühl einer Community haben und dass ihr Leben interessant ist, sonst gehen sie schnell woanders hin. Wir meinen immer, die Innovation kommt von Plänen, die man in der Politik oder an der Uni macht, aber sie kommt von den jungen Leuten – und zwar oft außerhalb des Geplanten.

Mit der Digital-TU hätte man die Chance, etwas ganz Neues zu machen. Wird diese genutzt?
Buchberger: In der heutigen Zeit müsste eine solche Uni eine digitale sein, die virtuell existiert als Metaverse, als globale Universität. Gleichzeitig braucht diese natürlich einen Landing Point, dort muss die Vibration des Miteinanderlebens hundertprozentig sein, die Lifestyle-Functions muss man gleich mitdenken. Die Digital-Uni ist eine ungeheure Chance, weil man was Revolutionäres erfinden kann, auch eine Weltneuheit in der Struktur. Das eben fertiggestellte Konzept, in dem auch viele Gedanken meines Konzepts vom Oktober 2020 enthalten sind, gibt einen sehr guten Rahmen vor. Es liegt jetzt an den Leuten, die berufen werden sollen, um die neue Uni  aufzubauen, die konkreten Strukturen und Maßnahmen rasch zu erfinden und umzusetzen mit dem Ziel, dass wir hier mit unserem Gesamtkomplex an akademischen Institutionen im Großraum Linz eine deutlich größere Attraktivität für die akademische Jugend und die Spitzenforscher der Welt entwickeln.

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