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Marcin Wiklik/ Istock / Getty images plus

Ski-Nation Österreich

06.02.2023 um 18:53, Friederike Ploechl
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Aufgepasst beim Pistenspaß, denn unterschätzte Gefahren durch Schneemangel lauern auch auf den heimischen Pisten.

Abseits der Pisten sind mittlerweile viele Hänge auch in der Winter­saison durch­gehend aper. Dadurch verschärft sich auch drastisch die Gefahr bei Skiunfällen. Denn kommt man – etwa wegen zu hohen Tempos – von der Piste ab, werden die Ski abrupt gestoppt und die Verletzungsgefahr bei einem Sturz auf gefrorenem oder steinigem Boden ist ungleich größer als auf Schnee. Die mildernden Sturzräume fehlen und entsprechend viele schwere Unfälle, auch mit tödlichem Ausgang, hat es in diesem Winter bereits beim Skifahren gegeben.  

Identitätskrise. „… Weil Schifoan is des leiwaundste Wos ma sich nur ­vurstelln kann …“ So gut wie jeder, kennt bei uns die „Skifahrer-Hymne“ von Wolfgang Ambros. Auch weniger ambitionierte Skifahrer grölen den Refrain mit Inbrunst. Das soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass gerade beim Skifahren sehr viele Verletzungen passieren. Laut einer Statistik werden mehr als 80 Prozent aller Verletzungen beim Skifahren durch Stürze selbst verursacht. Viele Wintersportler überschätzen sich gerne selbst, fahren zu riskant und sind oft auch nicht aufmerksam genug. Das Knie ist Nummer 1 im Verletzungsbereich beim Skifahren.  

Wunderwerk Knie. Das Kniegelenk ist das größte Gelenk im mensch­lichen Körper und auch ein kompliziertes und anfälliges. Es ist die Verbindung zwischen Oberschenkel- knochen, Kniescheibe und Schienbein und wird von Muskeln, Sehnen und Bändern zusammengehalten. Das Kniegelenk ist im ganz normalen Alltag bereits einer permanenten Belastung ausgesetzt. Sei es beim Stiegensteigen oder wenn man – auch nur leicht – stolpert, wird das Kniegelenk gleich um ein Vielfaches des Körpergewichts belastet. Wichtig für die Gesundheit und Stabilisierung des Knies ist auch ein ausreichender Muskelaufbau, da die Muskulatur die Gelenke entlastet und sie vor einer Fehlbelastung schützen kann. Was aber tun, wenn im Knie Schmerzen, Verschleißerscheinungen oder durch Unfälle verursachte Verletzungen auftreten? Unbedingt so rasch wie möglich einen Facharzt zu Rate ziehen, um die Ursachen abzuklären und mit einer zielführenden Behandlung beginnen zu können. 

Fachkompetenz. Wir machten uns auf die Suche nach Experten für Antworten auf die brennendsten Fragen rund um das Knie und haben diese bei den Unfallchirurgen und Sport­orthopäden der Praxisgemeinschaft MOVE im Schloss Puchenau bei Linz gefunden. Besonders dem gehäuften Auftreten von Knieverletzungen bei Skiunfällen wollten wir auf den Grund gehen. Neben den Band- und Meniskusverletzungen gibt es natürlich noch diverse Knochenbrüche – allen voran der Schienbeinkopfbruch, der beim Skifahren sicher am häufigsten auftritt. Gott sei Dank selten sind schwerste Kombinationsverletzungen wie die Knieluxation, wo im Knie quasi alle Bänder kaputtgehen, oder Risse der Patella- oder Quadricepssehne. Das passiert einerseits durch Stürze mit hoher Energie, wie wir sie vom Skirennsport kennen, andererseits auch ganz häufig durch sehr unspektakuläre Ereignisse. Dazu zählt etwa auch der Klassiker der „blöd gelaufenen Unfälle“ wie Umfallen beim Anstellen zum Lift, wo dann meist im Falle einer Verletzung des vorderen Kreuzbandes der Mechanismus fast immer eine Kombination aus Verdrehung und Einknicken des Beins in die X-Stellung ist.

Schmerz lass nach! Zuwarten und heroisch mit Schmerzen herumhumpeln sind mit Sicherheit keine guten Strategien, denn alle Verletzungen, die mit anhaltenden Schmerzen und/oder Schwellung einhergehen, sollen unbedingt ärztlich begutachtet werden. Der Orthopäde Florian Diri­samer ist der Ansicht, dass Patienten da in aller Regel ein recht gutes Gespür dafür haben, ob „etwas ­Größeres“ passiert ist. Interessant ist, dass Patienten nach einem Kreuz­bandriss recht unterschiedliche Szenarien erleben. Manche erleben den Riss als unmittelbar einschießenden Schmerz und wissen genau, dass etwas passiert ist, andere haben ­quasi weder heftige Schmerzen noch kaum eine Schwellung, bemerken aber eine Instabilität. Im Zweifel ­sollte immer ein Spezialist aufgesucht werden, der mit nur wenigen Handgriffen in der Regel zwischen ­„harmlos“ und „abklärungsbedürftig“ unterscheiden kann. Danach weiß der behandelnde Arzt in aller  Regel schon sehr viel und hat zumindest eine Verdachts­diagnose. Diese wird dann durch Röntgen- oder MRT-Untersuchungen weiter abgeklärt. Das sollte – je nach erwartetem Ver­letzungsmuster – so schnell wie ­möglich erfolgen, da bei manchen ­Verletzungskombinationen ein rasches chirurgisches ­Einschreiten für den Patienten Vorteile bringt.

Behandlungsmethoden. Eine Kreuzbandrekonstruktion ist heute ein minimalinvasiver Eingriff, der arthroskopisch durchgeführt wird. Jeder Patient möchte natürlich nach der „besten“ Methode operiert werden. Aber zu diesem Wunsch hat ­Florian Dirisamer eine ganz klare Ansage: „Die gibt es aber nicht! Es stehen uns unterschiedliche Techniken zur Verfügung und es ist immer individuell abzuwägen, welche die im Einzelfall sinnvollste ist. Je nach Charakter der Verletzung, dem sportlichen Belastungsprofil oder auch der beruflichen Tätigkeit haben unterschiedliche Methoden Vor- oder Nachteile. Am häufigsten verwenden wir die Semitendinosussehne und die Quadricepssehne als Transplantate zur Rekonstruktion, die Patellar­sehne bei Erstoperationen eher selten, dafür aber häufiger bei wiederholter Ver­letzung. In Einzelfällen werden auch Spendertransplantate verwendet. Die früher propagierten Kunstbänder sind heute obsolet, die funktionieren nicht. Eine Kreuzbandplastik hat also nichts mit einem Plastik-Kreuzband zu tun, sondern meint den Ersatz des gerissenen Bandes durch ein anderes biologisches Material wie etwa eine Sehne.“    

OP-Tisch statt Après-Ski. Ein lang ersehntes Wochenende auf der Piste, das im Wartezimmer zu Ende geht. Was passiert dann? Die relevanten Symptome sind Instabilität und Schmerz, wobei für den Schmerz in der Regel Begleitverletzungen verantwortlich sind. Ist zum Beispiel ein gerissener Meniskus eingeklemmt, dann muss operiert und der Meniskus wenn möglich genäht werden. Dabei soll das Kreuzband immer mit versorgt werden, weil die Stabilität die Heilungschancen des Meniskus drastisch erhöht. Ein akutes chirurgisches Vorgehen ist in relativ wenigen Situationen notwendig. Oft sind ein physiotherapeutisches Anbehandeln und ein verzögertes operatives Vorgehen vernünftiger. Man kann so die Entwicklung der Stabilität kontrollieren und die Patienten erkennen, die primär nicht operiert werden müssen. Meist ist man zwei bis vier Tage stationär, je nachdem, was alles repariert werden muss. Die Physio­therapie beginnt im Idealfall unmittelbar nach der Operation mit ersten Bewegungsübungen. Man soll sich auf jeden Fall auf eine Therapiedauer von mindestens vier Monaten einstellen. Das Problem ist oft, dass Patienten rasch so geringe Beschwerden haben, dass sie das Gefühl verlieren, was in ihrem Knie eigentlich passiert ist. Dadurch geht natürlich auch leicht die Motivation zur Therapie verloren, und das Risiko für erneute Verletzungen steigt. Der Experte Dirisamer: „Wir empfehlen immer einen ‚Back to Sports‘-Test zu machen, weil man damit den objektiven Zustand ermitteln und darstellen kann – das hilft sehr in der Therapiegestaltung. Die Arbeitsun­fähigkeit muss immer individuell gesehen werden. Das Beste wäre natürlich, sich nie zu verletzen, aber Vorbeugen hilft:  Die gute alte Skigymnastik hat noch nicht ausgedient …“

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