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Schinken
Eine herzhafte Jause.
Eine herzhafte Jause.
GKRPHOTO/ISTOCK/GETTY IMAGES PLUS

Schinken, Speck & Co.

23.03.2021 um 13:51, Sarah Estermann
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Was wäre ein Ostersonntag ohne Osterschinken? Auf jeden Fall wäre er nur halb so gschmackig. Nach 40 Tagen voller Enhaltsamkeit (oder schlechtem Gewissen) darf endlich wieder geschlemmt werden!

Ein Fest für Genießer.

Das Osterfest lockt mit süßen und sauren Köstlichkeiten, mit Striezel und Schoko-Osterhasen, mit bunten Ostereiern und, eben, mit frischem Schinken. Der Osterschinken hat dabei tatsächlich eine lange Tradition, obwohl – Hand aufs Herz – die wenigsten von uns am Vorabend in der Kirche waren, um den Osterkorb mitsamt Schinken weihen zu lassen. Hier kann mittlerweile zum Glück nachgeholfen werden: Wenn der Besuch in der Kirche beispielsweise pandemiebedingt entfallen muss, kann man sich den geweihten Osterschinken auch einfach zuschicken lassen (gesehen bei Aumaerk Fleischmanufaktur in Wien).

Schinkenspeck von Pöll
Pöll setzt auf ausgesuchtes Fleisch aus der Region.

Darf's ein bisserl mehr sein?

Das Wort „Schinken“ wird heutzutage ein wenig inflationär verwendet, denn eigentlich bezeichnet es einen Teil des Schweines, nämlich die Keule. Wir unterscheiden heute im Großen und Ganzen zwischen Kochschinken, bei dem das Fleisch zuerst gepökelt und dann gebrüht wird, und Rohschinken, bei dem auf das Pökeln die Lufttrocknung folgt. Zuletzt kann ein Schinken auch geräuchert werden. Heutzutage gibt es natürlich unzählige Veredelungsvarianten, die die Gaumen der Gourmets erfreuen. Im Laufe der Zeit wurde der Begriff aber auch auf andere Fleischerzeugnisse ausgedehnt, die entweder aus einem anderen Teil des Schweines hergestellt werden oder überhaupt von einem anderen Tier stammen: So gibt es neben Schinken von weißen, schwarzen oder gefleckten Schweinderln auch Schinken vom Wild, vom Hahn, von der Ente, vom Känguru, in manchen Ländern sogar vom Bären!

Qualität mit Tradition.

Aber bleiben wir in der Region, denn gerade in Österreich haben wir ganz ausgezeichnete Traditionsbetriebe, die uns mit ihrem köstlichen Schinken und seinem Artverwandten, dem Speck, versorgen. Die Auswahl ist groß und, was noch viel wichtiger ist: Die Qualität ist herausragend. Selbst bei größeren Betrieben werden Regionalität und Nachhaltigkeit mittlerweile großgeschrieben. Auch das Wohlergehen der Tiere rückt immer mehr in den Vordergrund.

Florian Hütthaler, Inhaber Hütthaler KG:

Die Hauptzutaten unseres Erfolgsrezepts waren von Beginn an Regionalität, modernste Technik sowie höchste Zufriedenheit und Wohlbefinden unserer Mitarbeiter. Mit unserem nachhaltigen „Tierwohl“-Programm sind wir mittlerweile über die österreichischen Grenzen hinaus bekannt und einzigartig. Hofkultur reicht über die gesamte Wertschöpfungskette: beginnend beim Landwirt über den Frächter und den neuen Schlachthof nach Tierwohl- Grundsätzen bis hin zur Verarbeitung und zum Vertrieb. Seit 2014 leisten wir in diesem Bereich Pionierarbeit und tragen mit der Hofkultur maßgeblich zur Zukunft der Branche bei. Unserer Meinung nach ist genau diese Qualitätsstufe „Tierwohl“ nicht mehr vom Markt wegzudenken, da die Nachfrage ständig steigt: Ein Umdenken des Konsumenten hat mittlerweile stattgefunden und in Zeiten von Klimaschutz und Ressourcenschonung bewegt sich der Trend bei Fleischliebhabern immer mehr in Richtung Tierwohl und Regionalität.

Honigschinken
Köstlicher Honigschinken von Hütthaler.

Unter dem Stichwort „Tierwohl“ stellen Betriebe wie Hütthaler Standards auf, die bei der Herstellung der Fleischprodukte eingehalten werden müssen: Dazu gehören der würde- und respektvolle Umgang mit dem Tier vom ersten bis zum letzten Tag, ein artgerechtes Aufwachsen und die Wahrung der tierlichen Integrität, beispielsweise durch ein Kupierverbot des Ringelschwänzchens. Die Landwirte erhalten durch eine Abnahmegarantie für einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren die Sicherheit, dass ihre Bemühungen sich lohnen. Viele der österreichischen Fleischhauer sind Familienbetriebe, die seit vielen Jahrzehnten ihre Traditionen leben und weitergeben, wie eben Hütthaler oder auch Anton Riepl in Gallneukirchen. Vieles, was heute nachgefragt wird wie etwa Regionalität, ist für ihn und seine Fleischmanufaktur schon lange selbstverständlich.

Anton Riepl, Anton Riepl Fleischmanufaktur KG:

Die Königsklasse der Schinken ist auf alle Fälle der Beinschinken: am Bein gepökelt und gekocht, dann zart geräuchert. Die besten Schinken haben einen Fettrand, da das Fett ein natürlicher Geschmacksträger ist und den Schinken, der ohnehin sehr mager ist, saftig macht. Der spezielle, typische Osterschinken, im Brotteig eingebacken, ist natürlich bei uns erhältlich.

Schinken auf der Gabel
Aufgegabelt: Schinken ist ein außerordentlich vielfältiges Produkt.

Spezialitäten und Raritäten.

Abseits von Schinken, Speck und Co., wie wir sie kennen, entstehen in meist kleineren Fleischbetrieben echte Spezialitäten. Johann Winter aus Pfaffstätt, auch bekannt als „Michlbauer“, stellt neben Innviertler Speck, Hauswürstl und Genuss-Renkerln auch einen echten „Innviertler Prosciutto“ her. Artgerecht gehaltene Schweine, hochwertiges Futter und eine stressfreie Schlachtung am eigenen Hof sind für ihn ebenso selbstverständlich wie die Arbeit nach alter Handwerkstradition.

Schinkenspeck
Die Täter waren nicht nur am Geld interessiert.

Im Salzkammergut wurde der alteingesessene Fleischereibetrieb Pöll mit seinem Karreespeck vom Duroc-Schwein 2020 von Gault&Millau zum Speck-Sieger des Jahres gekürt. Das Duroc-Schwein ist eine Rasse, die ursprünglich aus den USA stammt und ein zwar fetteres, dafür aber umso schmackhafteres Fleisch gibt. Damit es nicht langweilig wird, versucht man es bei Pöll dieses Jahr mit einem Hirschspeck – auch hier stehen die Chancen auf eine Medaille wieder sehr gut! Aber nicht nur der fertige Speck wird bei Friedrich Pöll gerne nachgefragt. Ein kurioser Trend zeichnet sich krisenbedingt ab: „Viele Junge haben zum Beispiel im letzten Jahr die alte Selch zu Hause wiederentdeckt und reaktiviert. Jetzt kommen sie zu uns und holen sich ein schönes Stück Fleisch für die eigene Speckproduktion. Das ist toll!“

Friedrich Pöll, Pöll Fleischhauerei Vorchdorf:

Wir sind ein alteingesessener Traditionsbetrieb und beziehen unsere Tiere von den Bauern aus der Umgebung. Das sind langfristige Beziehungen, die durch Wertschätzung geprägt sind. Wir wissen daher, was wir bekommen und können auf Kundenwünsche professionell und individuell eingehen. Es wird von uns immer wieder Neues versucht und somit achtsam der Weg in die Zukunft bzw. für die nächste Generation vorbereitet!

Friedrich Pöll
Traditionsfleischer Friedrich Pöll.

Klaus Köttstorfer ist das Oberhaupt einer weiteren Fleischhauer-„Dynastie“. Als Linzer Schmankerlfleischer geht er zurzeit neue Wege: Mit seinem „Bruderhahn“-Projekt produziert er Wurst und Schinken aus Hähnchenfleisch, das nicht nur fettarm, sondern auch eiweißreich ist und sich deshalb ausgezeichnet für eine diätologisch bewusste Ernährung eignet.

Klaus Köttstorfer:

Das Fleisch vom Junghahn ist besonders schmackhaft. Bei einem niedrigen Fettanteil und gleichzeitig hohem Eiweißgehalt eignet sich das Fleisch ausgezeichnet für all jene, die sich bewusst ernähren wollen, ohne dabei auf guten Geschmack zu verzichten.

Schinken vom Junghahn
Schinken vom Junghahn by Köttstorfer.

Selten gewordene Rassen.

Neben dem Duroc-Schwein gibt es noch andere Schweinerassen, die zurzeit die Herzen der Gourmets erobern: Bei Leitners Mangalitzas in Tarsdorf werden Tiere der Rasse Mangalitza gehalten und ihr Fleisch wird zu köslichem Speck, Salami oder Grammeln verarbeitet. Die großen und kleinen Schweinderln genießen bei ihrem Bauern täglichen Auslauf auf der grünen Wiese und hochwertiges Futter.

Leitners Mangalitza
Familie Leitner mit ihren Mangalitza Schweinen.

Das Mangalitza steht übrigens, ebenso wie das Turopolje, auf der roten Liste der bedrohten Nutztierrassen. Langsamer wachsend und mit einem höheren Fettanteil ausgestattet als ihre rosafarbenen Artgenossen, wurden diese Rassen im Laufe der Zeit verdrängt und drohten, in Vergessenheit zu geraten. Nun gibt es eine Rückbesinnung, nicht zuletzt dank der „ARCHE Austria“, einer Initiative, die sich für den Erhalt seltener Nutztierrassen einsetzt, und ihrer „ARCHE Höfe“. Die ARCHE Höfe sind Zucht- und Präsentationsstätten seltener Nutztierrassen. Viele Menschen wissen, dass täglich Arten von Wildpflanzen und Wildtieren verschwinden. Wenigen Menschen ist bewusst, dass das gleiche Schicksal auch vielen Nutztier- bzw. Haustierrassen droht. Schuld daran ist der enorme Druck auf die Produzenten, möglichst schnell und billig zu produzieren. Auf den ARCHE Höfen kann nicht nur mehr über die seltenen Rassen erfahren werden, auch Fleisch und Fleischprodukte der Mangalitzas und Turopolje sind meist direkt ab Hof bei den ARCHE Betrieben erhältlich. Die Konsumenten lassen sich heute jedenfalls gerne auf die verschiedensten Spezialitäten ein. Qualität, Nachhaltigkeit und das Wohl der Tiere sind glücklicherweise ins Zentrum des Interesses gerückt. Gut zu wissen, dass Genuss und Gewissen heutzutage mehr gemeinsam haben als nur den Anfangsbuchstaben.

Turopolje Ferkel
Selten geworden sind die Turopolje-Schweine.

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