Eine Kulturfrage - Michaela Keplinger-Mitterlehner im Interview
Sie sind eine der bekanntesten Bankerinnen Oberösterreichs. Wie würden Sie Ihr Verhältnis zu Geld beschreiben?
Sehr sachlich würde ich sagen, und diese emotionale Distanz steigt mit der Größe der Summen. Geld wird zu einer ganz normalen Ware, und dieser professionelle Umgang ist im täglichen Bankgeschäft wichtig.
Gilt diese Haltung auch im persönlichen Umgang mit Geld?
Ich habe auch privat ein sehr entspanntes Verhältnis zu Geld. Geld bedeutet für mich Freiheit und Sicherheit. Ich bin ein sehr sicherheitsorientierter Mensch.
Geld und Glück – sehen Sie da einen Zusammenhang?
Ab einem gewissen Punkt ist Geld ein Hygienefaktor. Die Grundversorgung muss gesichert, die Bedürfnispyramide von Nahrung bis Wohnen muss abgedeckt sein. Darüber hinaus kommt es auf den Persönlichkeitstyp an, der unterschiedlich ausgeprägt sein kann. Menschen mit einem Vermögen von 100 Millionen Euro können todunglücklich sein, weil sie in der Angst leben, es zu verlieren. Andere haben deutlich weniger zur Verfügung und sind dennoch glücklich, weil sie sich das leisten, was ihnen guttut.
Der Traum von den eigenen vier Wänden ist für viele Bürger aufgrund hoher Preise, gestiegener Zinsen und strenger Kreditregeln in weite Ferne gerückt. Was tun?
Das ist ein großes gesellschaftspolitisches Thema, das einen Schulterschluss zwischen Banken und Politik erfordert. Das Ziel ist es, auszuloten, welche Möglichkeiten es gibt, um mehr leistbaren Wohnraum zu schaffen. Das muss nicht immer ein Eigenheim, sondern kann auch eine attraktive Mietwohnung sein. Bei den strengen Kreditregeln wurde weit übers Ziel hinausgeschossen.
Eine österreichische Eigenart ist auch, dass die Liebe zur Börse schwach ausgeprägt ist. Warum ist das so?
Das ist eine Kulturfrage. Der typische Österreicher verbindet Aktien überwiegend mit Spekulation und selten mit einer langfristigen Anlagestrategie. Das war auch der Fehler bei der Einführung so mancher „Volksaktie“, bei der falsche Erwartungen geweckt wurden und viele das schnelle Geld erwartet haben. Dass der Kapitalmarkt in Österreich wenig ausgeprägt ist, zeigt sich auch am bescheidenen Interesse der Unternehmen, an der Börse aktiv zu werden. Das geht Hand in Hand. Will man Menschen nicht fördern, damit sie langfristige Investoren werden und am Wirtschaftsleben aktiv teilnehmen? Letztlich geht es um das Thema -„Vorsorgestrategie“, das mir ein großes Anliegen ist.
Wie könnte so eine Vorsorgestrategie in der Praxis aussehen?
Wer 100 Euro monatlich über einen Zeitraum von 30 Jahren einzahlt, kann bei einer Verzinsung mit einem Aktien-fonds-Sparplan am Ende über einen Betrag von 100.000 Euro verfügen. Mit einem entsprechenden Ansparkonzept lassen sich viele der Schwankungen an der Börse ausgleichen. Wichtig ist nur, sich das strategisch zu überlegen und früh genug damit anzufangen. Genau dafür sind Banken da. Das ist unsere Aufgabe, und das sage ich auch immer unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern: Ihr seid auch mit dafür verantwortlich, dass die Frauen später einmal nicht unterversorgt sind, wenn sie 60 Jahre alt sind.
STECKBRIEF
Name: Michaela Keplinger-Mitterlehner
Geburtsort: Helfenberg
Geburtsjahr: 1965
Sternzeichen: Skorpion
Lebensmittelpunkt: Linz
Mein Lebensmantra: Gott gebe mir den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann. Die Kraft, Dinge zu ertragen, die ich nicht ändern kann und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.
In meiner Signatur steht: Vorstand
WORDRAP
Frauen in Spitzenpositionen sind ... mittlerweile Gott sei Dank keine Ausnahmen mehr.
'Balance von Körper, Geist & Seele hole ich mir ... beim Laufen, Langlaufen sowie Yoga, aber auch, wenn ich mich auf Kunst einlassen kann.
Die richtige Portion Mut im Job bedeutet ... neue Wege zu beschreiten und das Abwägen zwischen Chance und Risiko.
Mein aktueller Buchtipp ist … „Die Welt von morgen“ von Robert Menasse.
In den wenigen Momenten, die ich für mich habe, ... bin ich in der Natur.
Auf meinem Nachtkästchen liegt … mindestens ein Buch.
Immer im Kühlschrank steht ... Skyr.
Ich bin ein guter Gesprächspartner, ... weil mich Menschen interessieren und ich gerne zuhöre.
Schlagwort „Female Empowerment“. Ich unterstütze Frauen, ihren Weg zu gehen, indem ... ich sie ermuntere, sich etwas zuzutrauen und gegenüber anderen ihre Meinung zu vertreten.
Für die Zukunft in der modernen Arbeitswelt wünsche ich mir ... ein Umfeld, das von KI unterstützt wird, wo die Entscheidungen aber von Menschen getroffen werden.
Wenn ich nicht im Office bin, ... findet man mich bei einer Kundenveranstaltung, bei Freunden und Familie oder in einem „Kunsttempel“.
Freunde sagen über mich, ... dass ich gut kochen kann.
Meine Familie sagt über mich, ... dass ich zu viel arbeite.