Faszination Sturm! Was man als Kenner wissen sollte
Rhabarber und Spargel im Frühling, Sturm und Kürbis im Herbst sowie Glühwein im Winter – saisonale Köstlichkeiten muss man genießen, bevor ihre Zeit wieder vorüber ist! Im Spätsommer und Herbst ist der beliebte Klassiker bei so ziemlich jedem Heurigen erhältlich. Und das hat seine Gründe: Die liebliche Süße in Verbindung mit der spritzigen Kohlensäure erzeugen den unverkennbaren Sturm-Geschmack und machen Lust auf ein, zwei, vielleicht sogar drei Glaserl – oder mehr. Und weil das Sturm-Getränk nun einmal so beliebt ist, haben wir alles Wissenswertes wie die Sturm-Herstellung, den Alkoholgehalt des Sturm-Getränks und noch viele weitere wertvolle Sturm-Infos für Sie zusammengetragen.
Was ist Sturm?
Sein Name lässt es erahnen: Beim Sturm-Getränk handelt es sich um einen bereits gärenden Traubenmost, der aus frühreifen Rebsorten hergestellt wird. Das klingt nach Lebendigkeit, und so schmeckt er auch. Das dürfte auch der Grund für seine große Beliebtheit sein, denn Sturm ist quasi Most mit Alkohol bzw. die Vorstufe des Weins. Seine trübe Farbe und das typische Prickeln hat das Herbstgetränk dem Gärungsprozess zu verdanken. Durch diesen wird CO² freigesetzt, welches wiederum die natürlichen Hefepartikel aufwirbelt.
Zudem ist die Bezeichnung „Sturm“ EU-weit geschützt. Diese Bezeichnung ist nämlich nur unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt. Das heißt, dass der teilweise gegorene Most nur als „Sturm“ verkauft werden darf, wenn er ausschließlich aus österreichischen Trauben erzeugt, geerntet und verarbeitet wurde.
Was ist der Unterschied zwischen Sturm und Most?
Ist die Weinlese abgeschlossen, gibt es bald Traubenmost und Sturm. Traubenmost ist der durch das Pressen der Trauben gewonnene Saft, der einerseits Ausgangsprodukt für Wein oder Schaumwein ist, aber auch gerne so getrunken wird. Stammt er ausschließlich aus österreichischen Trauben, darf er als „österreichischer Traubenmost“ verkauft werden. Er enthält keinen Alkohol.
Sturm hingegen ist teilweise gegorener Traubenmost. Während des Gärungsprozesses wird der natürliche Fruchtzucker der Trauben durch Weinhefe in Alkohol und Kohlensäure umgewandelt. Das Endprodukt ist hefetrüb und prickelt leicht.
Wie viel Prozent hat ein Sturm?
Der Sturm gelangt ab einem Alkoholgehalt von rund vier Prozent in den Verkauf. Was viele aber nicht bedenken: Er gärt weiter, bis der größte Teil des Zuckers in Alkohol umgewandelt ist. Dadurch entsteht der typische „Rauschzustand“ – der Sturmtrinkern sicher bekannt ist. Nach ein paar Gläsern Sturm löst das Getränk nur zu gern auch einen „Sturm“ im Kopf aus. Und wer ist schuld daran? Der hohe Zuckergehalt! Denn dieser lässt den Alkoholgeschmack in den Hintergrund rücken und ebnet gemeinsam mit der Kohlensäure dem Alkohol schnell den Weg in den Blutkreislauf.
Wie gesund ist der Sturm?
Im Sturm-Getränk sind alle Inhaltsstoffe der Trauben noch vorhanden. Vor allem Vitamine – B-Vitamine und Vitamin C – und sogenannte „Polyphenole“ bleiben erhalten. Polyphenole sind Farbstoffe, die eine günstige Wirkung auf Herz und Gefäße zeigen. Zahlreiche Inhaltsstoffe des Sturms wirken demnach antientzündlich und antioxidativ. Obendrein kann das nur in roten Trauben vorhandene Resveratrol Entzündungen vorbeugen und den Cholesterinspiegel verbessern. So wird „schlechtes“ LDL-Cholesterin gesenkt und „gutes“ HDL-Cholesterin erhöht.
Sturm-Getränk: saisonal, regional und einzigartig
Doch Sturm ist nicht gleich Sturm. Auch innerhalb Österreichs gibt es ein paar regionale Spezialitäten, die ganz besonders hervorstechen:
Schilchersturm
Einer davon ist der Schilchersturm aus der grünen Steiermark. Das kulinarische Highlight besticht durch seine wunderbare dunkelrosa Färbung, die in jeder Instagram-Story für staunende Augen und Vorfreude sorgt.
Uhudlersturm
Das burgenländische Pendant zum Schilchersturm ist der Uhudlersturm. Dieses Sturm-Getränkt zeigt sich ebenfalls im pinken bis roten Kleid. Der Uhudlersturm duftet herrlich nach Waldbeeren. Da möchte – und kann – man ja gar nicht aufhören!
Sturm, Neuer Wein oder Bitzler – Ein Getränk mit vielen Namen
Obwohl die Bestellung eines Sturms in Österreich kaum Verwirrung stiftet, ist das in unseren deutschsprachigen Nachbarländern nicht unbedingt der Fall. Sie wollen schließlich keine Massenpanik auslösen, wenn Sie am Heurigenbankerl sagen, dass „eh gleich ein Sturm kommt“. Die Schweizer und Deutschen haben nämlich ihre eigenen Bezeichnungen für den Herbstklassiker. In Deutschland heißt er neben „Neuer Wein“ auch „Federweißer/-roter“, „Rauscher“ oder „Bitzler“, während die Schweiz auf den ähnlich stürmischen Namen „Sauser“ zurückgreift.
Sturm-Getränk-Herstellung
Frischer Sturm vom Winzer ist zu Hause gut gekühlt ein paar Tage haltbar. Aber nur, bis der Zucker zu Alkohol vergoren ist. Ist dies geschehen, dann bezeichnet man den Sturm als „Staubigen“. Sturm wird immer nur leicht zugestöpselt, da der Gärungsprozess noch nicht abgeschlossen ist und das Gärgas die Flasche sprengen könnte. Als Schutz vor Insekten reicht ein Stück Backpapier, das auf die Flaschenöffnung und um den Flaschenhals gewickelt werden kann. Doch gibt es noch mehr beim Sturmtrinken zu beachten:
Sturm-Getränk und seine Regeln
Um den Namen „Sturm“ überhaupt tragen zu dürfen, muss übrigens mindestens ein Prozent Alkohol enthalten sein. Im Weingesetz gibt es sogar Richtlinien, die besagen, in welchem Zeitraum Sturm verkauft werden darf. Ausschließlich zwischen dem 1. August und 31. Dezember des aktuellen Erntejahres darf das Saisonprodukt auf den Markt gehen. Außerdem müssen die Trauben in Österreich geerntet und verarbeitet worden sein.
Sturm-Getränk und seine Lagerung
Beim Sturm-Genuss ist übrigens große Vorsicht geboten! Denn in den Flaschen brodelt es regelrecht. Durch den anhaltenden Gärungsprozess entsteht wie bereits erwähnt CO², was die Boutaillen zum Bersten bringt, wenn diese dicht verschlossen werden. Deswegen ganz wichtig: Sturm nur im Stehen und auf keinen Fall mit Korkenverschluss lagern!
Sturm-Getränk und seine Benimmregeln
All jene, die beim nächsten Heurigenbesuch mit ihrem Sturm-Wissen angeben wollen, sollten jetzt ihr Notizbuch öffnen und den Kuli zücken! Denn bei diesem Getränk gibt es so manch ein Fettnäpfchen, das sich vermeiden lassen kann.
- Traditionell wird Sturm mit der linken Hand getrunken
- Da Sturm kein fertiger Wein ist, wird nicht angestoßen
- Vor dem ersten Schluck wird statt „Prost“ lieber „Mahlzeit“ gesagt
- Serviert wird Sturm klassischerweise im Henkelglas
Jetzt aber schnell zum Heurigen oder in die Buschenschank! Lassen Sie sich – Achtung, Wortspiel – im Sturm erobern und genießen Sie den Herbstliebling in vollen Zügen.
Zur Autorin
Kulinarik, Reisen, Film & Musik, Psychologie und kreative Hobbys - nur eine kleine Auswahl an Dingen, die Passion Author Helene Schweinberger aus Niederösterreich zu ihren vielfältigen und informativen Textbeiträgen für www.weekend.at inspirieren.