Kinder kippen um: Ramadan wird zu Problem an Schulen
- Ramadan in Österreich
- Problem im Unterricht
- Immer jüngere Kinder fasten
- Druck durch soziale Medien
- Das sagen Experten zum Ramadan
Lehrer schlagen Alarm: Der Ramadan stellt viele Schulen in Österreich vor erhebliche Herausforderungen. Immer mehr Kinder fasten trotz gesundheitlicher Risiken, Lehrer beobachten massive Konzentrationsprobleme. Gruppendruck und soziale Medien verschärfen die Situation.
Ramadan in Österreich
Der Fastenmonat Ramadan ist eine der fünf Säulen des Islam. Gläubige verzichten von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang auf Nahrung. Auch zu trinken ist erst mit dem abendlichen Fastenbrechen wieder erlaubt. Nicht nur psychisch eine Herausforderung, auch körperlich geht das strenge Fasten an die Substanz. Kinder sind deswegen vom Fasten eigentlich ausgenommen. Trotzdem zeigt sich ein beunruhigender Trend: Die Zahl der fastenden Schülerinnen und Schüler ist jährlich im Steigen begriffen. Besonders besorgniserregend: Bereits Sechsjährige verzichten auf Essen und Trinken während der Schulzeit.
Problem im Unterricht
Das bestätigt auch der Wiener Pflichtschulvertreter Thomas Krebs. „Wir beobachten, dass immer jüngere Kinder fasten und viele von ihnen nicht wissen, dass sie das gar nicht müssen.” Die Konzentrationsfähigkeit lässt im Laufe des Tages drastisch nach, wodurch das Lernen massiv erschwert wird. An Sportunterricht ist ohne ausreichendes Trinken gar nicht zu denken.
„Ohne Flüssigkeitszufuhr ist es nahezu unmöglich, am Unterricht teilzunehmen. Wir sehen Kinder, die unterzuckert sind, plötzlich einschlafen oder sogar umkippen”, erklärt er gegenüber Ö1.
Kinder, Personen mit körperlichen oder intellektuellen Einschränkungen, chronisch Kranke und Hochbetagte sind vom Fasten befreit. Versäumte Fastentage nachzuholen ist für alle jene zulässig, die akut erkrankt sind, sich auf Reise befinden, schwangere und stillende Frauen, Frauen im Wochenbett oder in der Menstruation. Diese Erleichterungsregeln sind im Qur’an und in den islamischen Überlieferungen festgeschrieben.
Immer jüngere Kinder fasten
Dabei sind Kinder bis zur Pubertät vom Fasten eigentlich ausgenommen. Die religiöse Mündigkeit beginnt im Islam erst im Alter zwischen 12 und 14 Jahren. Auch danach gilt: Fasten soll nur, wer dazu körperlich in der Lage ist. Zudem gibt es zum strikten Fasten Alternativen, wie etwa den Verzicht auf Süßigkeiten oder Handys.
Die gesundheitlichen Risiken des Fastens für Kinder sind erheblich. Dehydration, Kreislaufprobleme und Unterzuckerung treten gehäuft auf. „Gesundheit geht vor, das müssen Eltern ihren Kindern klarmachen”, betont Carla Amina Baghajati, Schulamtsleiterin der IGGÖ. Sie rät, dass Eltern ihren Kindern eine Jause mitgeben und ihnen erlauben, bei Bedarf etwas zu essen oder zu trinken.
Die Islamische Glaubensgemeinschaft Österreichs (IGGÖ) hat dazu auch eine Orientierungshilfe mit dem Titel „Ramadan im schulischen Kontext” herausgegeben. Die Empfehlung ist klar: Nicht nur Jugendliche, auch Erwachsene sollen auf den eigenen Körper hören. Generell müssten Eltern und Lehrer für das Thema sensibilisiert werden.
Druck durch soziale Medien
Dabei dürfte das Thema weniger bei den Eltern, als viel mehr bei den Jugendlichen selbst angesiedelt sein – Stichwort Gruppenzwang. Soziale Medien verstärken den Druck auf Jugendliche und Kinder massiv. „Viele Kinder fasten, weil sie sich sonst ausgegrenzt fühlen oder Angst haben, nicht dazuzugehören”, erklärt Christian Netzer, Vorarlberger Kinder- und Jugendanwalt. Der Druck komme oft aus der eigenen Peergroup, verstärkt durch Influencer und religiöse Communitys im Internet.
Das sagen Experten zum Ramadan
Islamwissenschaftler und -Vertreter betonen, dass der Ramadan nicht als Zwang erlebt werden sollte. „Kinder sollen langsam an das Fasten herangeführt werden. Probefasten oder das Auslassen einzelner Mahlzeiten sind eine mögliche Lösung”, erklärt IGGÖ-Expertin Baghajati. Lehrer und Eltern sollten gemeinsam an einem verständnisvollen Umgang arbeiten, um den Schulalltag nicht zu belasten.