Unsere Investoren sind unsere Kunden
CHEFINFO: Biogena wächst heuer um 27 Prozent – und das in einem Krisenjahr, in dem viele Firmen nur schwer über die Runden kommen. Was steckt dahinter?
Albert Schmidbauer: Für uns ist das nichts Außergewöhnliches. Wir hatten seit der Gründung 2006 noch nie ein Jahr, in dem wir Verluste geschrieben haben. Wir hatten immer schon starke Wachstumsraten, aber nie überzogen und immer auf solidem Fundament. Deshalb produzieren wir auch selbst in Koppl bei Salzburg. Ich verfolge seit etwa sieben Jahren ein People-Planet-Profit-Geschäftsmodell, das einerseits Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten miteinbezieht, aber auch Umwelt sowie Profit ausbalanciert verfolgt. Profit ist wichtig wegen der Unabhängigkeit. Ich will, dass Entscheidungen hier in Österreich als Familienunternehmen getroffen werden und nicht in London oder New York City. Deshalb gehört das Unternehmen immer noch zu 96,1 Prozent mir.
Bei Nahrungsergänzung und Mikronährstoffen sind Sie nicht der einzige Anbieter am Markt. Was macht Biogena anders?
Schmidbauer: Wir setzen von den Produkten bis zur Verpackung auf allerhöchste Qualität. Bei uns arbeiten Pharmazeuten, Mediziner, Ernährungswissenschaftler im größten Wissenschaftsteam der Branche. Auch die Qualitätssicherungsmaßnahmen sind radikal. Niemand macht so viel wie wir. Das hängt aber auch damit zusammen, dass ich selbst Heavy User meiner Produkte bin. Das ist mehr als Business, das ist Leidenschaft, das ist Überzeugung. Wir erreichen inzwischen auch unglaublich viele Menschen: Wir haben 800.000 Kunden in 70 Ländern dieser Welt und 23.000 Partnerärzte. Auch zahlreiche Spitzensportler vertrauen uns.
Sie setzen neben dem Onlineversand auch auf eigene Stores. Warum?
Schmidbauer: 2009 habe ich in Wien meinen ersten Biogena-Shop eröffnet, zu einer Zeit, wo jeder gesagt hat, man müsse Retail vergessen und nur noch online handeln. Damals habe ich mehr mit Begeisterung als mit Verstand begonnen. Der erste Monatsumsatz im Juni 2009 in diesem Geschäft war 1.385 Euro. Mit weltweit 25 Stores sind wir über diese Phase längst hinweg. Das Angebot wird von unseren Kunden geschätzt, in Gesundheitsfragen persönliche Beratung in Anspruch nehmen zu können. Das ist ein Vertrauensbonus, den wir uns holen, weil wir real da sind und nicht nur mit Chatbots. Wir verstecken uns nicht hinter einer Website. Hinzu kommen Dienstleistungen wie Diagnosemessungen oder Biohacking-Anwendungen. Wir sind auch keine Kapsel-Company, sondern eine Gesundheits-Company.
Rückblickend klingt das ja fast nach einer guten Startup-Story, oder?
Schmidbauer: Für österreichische Verhältnisse kann man ein Unternehmen mit 450 Mitarbeitern, einer eigenen Produktion und 81 Millionen Euro Umsatz nicht mehr als Startup bezeichnen. Wir möchten uns aber jene Dynamik und Frische bewahren, mit der Startups an die Sache herangehen. Wir legen großen Wert darauf, nicht in die Etablierungsfalle hineinzutappen. Wir sind alle untereinander per Du – auch mit jedem Lehrling. Wir versuchen, flache Hierarchien und eine Open-Space-Policy in den Büros umzusetzen. Ich selbst habe kein Büro, sondern sitze mitten unter meinen Leuten. Wir gehen auch bei der Finanzierung eigene Wege – zum Beispiel aktuell mit Anleihen.
Sie haben gerade die dritte 7,5-Prozent-Anleihe platziert – wer sind die Investoren?
Schmidbauer: Unsere Investoren sind weitestgehend unsere Kunden und deren Umfeld. Die zweite Anleihe mit einem Volumen von sechs Millionen Euro war in zwölf Tagen überzeichnet. Mit der laufenden Anleihe werden wir zehn Millionen Euro lukrieren, insgesamt werden wir so 22 Millionen Euro einsammeln. Das Durchschnittsinvestment bei den Anleihezeichnungen sind 10.000 Euro. Das ist nicht wenig.
In Österreich finanzieren Unternehmen ihr Wachstum überwiegend mit Bankkrediten. Sie sind 2015 auch mit Crowdfunding durchgestartet, warum?
Schmidbauer: Es ist eine Frage der Unabhängigkeit und welche Marketingeffekte man damit erzielt. Wir sind die Crowdfunding-Pioniere. Als das Alternativfinanzierungsgesetz 2015 in Kraft trat, waren wir die Ersten, die über die Ziellinie gegangen sind. Wir sind seither immer erwachsener geworden – von einem Minibörsengang bis zu den Anleihen heute. Die drei Anleihen werden im Jänner an der Wiener Börse gelistet. Mein Ziel ist es, das Unternehmen 2028 an die Börse zu bringen. Bei diesem Drittelmix aus Banken, eigenen Instrumenten wie Anleihen und der Cashflow-Finanzierung fühle ich mich wohl. Ich denke, dass diese Art der Finanzierung zunehmend normal wird.
Wofür wird das Geld verwendet?
Schmidbauer: Das Geld fließt in die Produktentwicklung und in den Markt. Wir haben aktuell 260 Präparate im Vollsortiment – von Nahrungsergänzungsmitteln gegen Parodontitis bis zur Unterstützung von Anti-Aging. Im Juli wurde mit einem Promotion-Store in der besten Lage in Los Angeles der erste Pflock in den USA eingeschlagen. Aktuell starten wir in Mailand mit einem Shop durch. Wir gehen auch verstärkt Saudi-Arabien an und haben in China die ersten Spuren hinterlassen. Allein in Deutschland gibt es noch wahnsinnig viel zu tun. In Düsseldorf werden wir eine Premiumfläche mit Store und Biohacking-Anwendungen eröffnen.
Wo soll der Börsengang stattfinden?
Schmidbauer: Wahrscheinlich in Frankfurt und Wien. Die Biogena international GmbH Co KG bringe ich gerade in die neu gegründete Biogena Good Vibes AG ein. Auf dem Weg zur Börse möchte ich fünf bis sechs strategische Kernaktionäre gewinnen, die etwa 12 Prozent der Anteile halten. Weitere 12 Prozent sollen Streubesitz sein, 9 Prozent gehen in die Mitarbeiterbeteiligung und mehr als 60 Prozent verbleiben bei mir und meiner Familie. Mit unserer Mehrheit werden wir dafür sorgen, dass die DNA von Biogena erhalten bleibt