Schön wertvoll: Taugt Kunst als Geldanlage?
Utopische Summen werden bei Kunstversteigerungen immer wieder erreicht und lassen viele verblüfft den Kopf schütteln. Das Gemälde „Les femmes d’Alger. Version O.“ von Pablo Picasso erzielte vor einigen Jahren 179,4 Millionen Dollar bei einer Auktion, 20 Jahre zuvor hatte es der Vorbesitzer für 32 Millionen Dollar gekauft. Macht eine Verfünffachung des Werts. Das lässt so manchen träumen: Einmal ein Bild aus dem Familienschatz oder vom Flohmarkt für das Vielfache des Anschaffungswerts verkaufen und man hätte ausgesorgt. Zugegeben ein schöner Traum, aber einer, dem man nicht allzu lange nachhängen sollte. Dennoch ist der Kunstmarkt eine interessante Alternative für Anleger, die auch einen emotionalen Mehrwert ihrer Investition schätzen.
Kunst ist ein Milliardenmarkt
Es ist ein Markt, auf dem immense Summen umgesetzt werden. Auf dem weltweiten Auktionsmarkt wurden im Jahr 2019 laut Statista über 24 Milliarden Euro mit Kunst und Antiquitäten umgesetzt. Galerien, Messen und Verkäufe auf Onlineplattformen noch gar nicht mitgerechnet. Die Pandemie hat dem Kunst- ähnlich wie dem Gold- und auch Immobilienmarkt einen enormen Schub verpasst: Beständige Werte werden wieder mehr geschätzt. So meldete das Auktionshaus Dorotheum das vergangene Jahr als das beste in seiner Geschichte. Es war nicht nur das beste Umsatzjahr für Moderne Kunst, sondern es wurden auch in allen anderen Malereisparten Weltrekordpreise erreicht. So wechselte zum Beispiel Maria Lassnigs Großformat „Wilde Tiere sind gefährdet“ für 1,367 Millionen Euro den Besitzer – der laut Dorotheum höchste Preis, der je bei einer Auktion für zeitgenössische österreichische Kunst erzielt wurde. Besonders hoch gesteigert wurden zudem Werke von Georg Mathieu, Alighiero Boetti, Piero Dorazio und Kenny Scharf. Arbeiten österreichischer Künstler, etwa von Alfons Walde, Martha Jungwirth, Hermann Nitsch, Max Weiler oder Otto Muehl, wurden zu Spitzenpreisen zugeschlagen. Preise weit über den Erwartungen gab es laut Martin Böhm, geschäftsführenden Gesellschafter des Dorotheum, auch für Arbeiten von André Derain oder Fernand Leger.
Die Künstler der Zwischenkriegszeit sind derzeit sehr im Kommen, weil hier noch Neuentdeckungen möglich sind. (Peter Assmann)
Was lohnt sich, was nicht?
Doch wie geht man die Kunstinvestition überhaupt an? Die wesentlichste Voraussetzung: „Eine große Kennerschaft. Wer die nicht hat, sollte sich entsprechend beraten lassen. Denn der Markt ist ziemlich unübersichtlich“, sagt Peter Assmann, Kunsthistoriker und Leiter der Tiroler Landesmuseen. Klar, wer in Altmeister wie Klimt, Schiele oder sogar Picasso investieren will, der kann sich einer gewissen Rendite gewiss sein – muss jedoch für das Investment auch ordentlich in die Tasche greifen. Deswegen rät Assmann: „Es gibt auch tolle regionale Künstler.“ Das Risiko bleibt, dass man das Werk nie für mehr verkauft und nichts daran verdient.
Zentraler Player am Markt
Gut beraten ist man etwa bei Galeristen. Ein zentraler Player im globalen Kunstbetrieb ist Thaddaeus Ropac, der mit seinem 140-köpfigen Team von Salzburg aus Standorte in Frankreich, England und Korea sowie das Werk weltberühmter Kunstschaffender wie Valie Export, Anselm Kiefer und Elizabeth Peyton, aber auch aufstrebender junger Künstler managt. Die Londoner Zeitschrift „ArtReview“ reiht ihn regelmäßig als einzigen Österreicher unter die „Power 100“ der internationalen Kunstwelt.
NFT-Kunst boomt
Nicht zuletzt der Pandemie geschuldet, hat sich ein Großteil des Marktes längst ins Internet verlagert. Auch beim Dorotheum werden 50 Prozent mehr Gebote via Live Bidding verzeichnet. Viele Künstler präsentieren sich ausschließlich auf Instagram, vermarkten sich hier erfolgreich direkt. Stella Rollig, Generaldirektorin des Wiener Belvedere, landet kürzlich einen besonderen Coup in der Welt der Non Fungible Token, kurz NFT: Gustav Klimts „Der Kuss“ wurde in 10.000 digitale Ausschnitte zerstückelt, für 1.850 Euro pro Stück verkauft. Bei NFTs handelt es sich um digitale Kunstwerke wie Gifs oder Videos, denen ein Zertifikat hinterlegt wird. So konnte man schon für 10.000 Euro virtuell ein paar Sekunden mit Kate Moss Auto fahren. Der Künstler Beeple wurde mit NFTs zum Millionär: Im November 2020 begann er, seine Arbeiten als NFT anzubieten, einen Monat später verkaufte er die erste Kollektion aus 20 Arbeiten für 3,5 Millionen Dollar. Mittlerweile hat er sich auf Platz drei des Rankings der teuersten lebenden Künstler katapultiert. Assmann hält nichts vom NFT-Boom: „Da würde ich wirklich lieber in eine Originalversion von einem Künstler ums Eck investieren – außer ich will das Belvedere finanziell unterstützen. Es muss einem klar sein, dass man von dem Kuss eigentlich gar nichts hat.“