Road Office: Der ganz normale Büro„Van“sinn
Wie stark die Nachfrage an „Roadoffices“ steigt, sieht man am niederösterreichischen Hersteller MULE VAN. Schon beim Besuch der Homepage poppt ein Banner auf, der um Verständnis bittet, dass aufgrund der „überwältigenden Nachfrage seit unserem Release auf YouTube“ die Beantwortung von Anfragen bis zu zehn Tage dauern könnte. Gründer Nikolas Fischer ist ein „Horse Man“ und als solcher oft wochenlang am Stück unterwegs. Er suchte nach einem Auto, das genügend Zugkraft für Pferdeanhänger hat, Allradantrieb, eine Waschmaschine für verschmutze Kleidung, eine Duschkabine und einen Arbeitsplatz samt autarker Wärme-/Kälteversorgung sowie Internet. Fischer wurde nicht fündig – MULE VAN war geboren. Gemeinsam mit einem Karosseriebauer bietet das Unternehmen drei Modelle an. Das größte – THE BIG MULE – bezeichnet Fischer als „Tiny House mit Motorradgarage“. Fischer fand eine Lücke, die immer größer zu werden scheint.
40 Millionen digitale Nomaden
Neu ist die Idee nicht, schon in den 80er-Jahren präsentierten Karosseure wie Zender Mobile Offices. Damals wurden diese Studien und Prototypen als unsinnig abgetan. Bis Corona kam. Tatsächlich nutzten einige ihr Auto aus „Ausweich-Homeoffice“. Produkte wie Klemmbretter als „Schreibtisch“, einsteckbare Mittelkonsolen oder Kofferraummodule kamen reihenweise auf den Markt. Die meisten davon dienen aber nur als Notlösung. Wer also richtig auf dem Workation (Work and Vacation)-Trip ist, der braucht dazu spezielle Fahrzeuge oder spezielle Plätze. So wie es das Startup Emma Wanderer im Sinn hatte. Aus einem ehemaligen Fußballplatz in Hieflau sollte der erste Remote-Work-Campus Europas werden. Sollte, denn das Startup ging pleite und arbeitet aktuell an der Sanierung. Der Co-Working Space 2Kanter aus Engerwitzdorf hat es besser gemacht. Nicht zuletzt durch die Nähe zur FH Hagenberg sind einige Stellplätze für digitale Nomaden und Menschen auf Workation reserviert. Rund 40 Millionen digitale Nomaden soll es weltweit schätzungsweise geben, zehnmal so viele wie noch vor vier Jahren.
Plug and work
Herkömmliche Campingmobile sind für eine solche Klientel zu wenig flexibel. Hersteller von Caravans bieten daher immer mehr „Business-Pakete“ an, so wie Caravan Grebner aus Würzburg. Grebner sieht sich dabei eher im B2B. Man will die rollenden Homeoffices an Firmen verkaufen, welche dieses als Incentive an ihre Mitarbeiter verleihen können. Den Office-Caravan sieht man auch als Alternative zum Boarding House für Mitarbeiter auf Baustellen. Ein anderes Konzept verfolgt PlugVan aus Berlin. Einschiebbare Module machen aus jedem herkömmlichen Kastenwagen ein Wohn-, Werkstatt- oder Arbeitsmobil. Das Fahrzeug ist damit vielseitig verwendbar. Große Umbauten sind nicht nötig.
Privatjet auf vier Rädern
Wem das zu schnöde ist, der kann sich ganze High-Class-Büros in Vans packen lassen. Becker macht aus einem Mercedes Sprinter einen „Jetvan“, und das ist durchaus wörtlich gemeint. Die Innenausstattung gleicht jenen von Luxus-Privatjets. Das Mobiliar ist dabei ebenso flexibel. Die Ledersessel können in alle Richtungen bewegt werden. Vom Meetingroom zum Einzelbüro braucht es nur wenige Handgriffe. Der Jetvan im langen Radstand besitzt sogar ein luxuriöses Badezimmer samt Toilette. Becker steht dabei in Konkurrenz zum kanadischen Unternehmen Inkas. Inkas ist Spezialist für Fahrzeugpanzerungen, und weil die VIP-Klientel auch einmal länger unterwegs ist, baut das Unternehmen ebenso High-Class-Roadoffices und sonstige Spezialmobile. So haben die Kanadier sogar ein „Cannabis Mobile“ im Programm. Ein fahrbarer Humidor für die in Kanada legalen Pflanzen. Bislang sind es eher kleinere Manufakturen und Hersteller, die rollende Büros möglich machen. Von den Massenherstellern hat sich erst einer ernsthaft des Themas angenommen: Nissan. Schon 2007 präsentierten die Japaner den NV 200 Concept, ein „Office Vehicle“ als Studie. 2021 wurde die Studie konkreter. Der Nissan Office Pod, basierend auf dem Camper NV350, zeigt, was machbar ist. Der „Bürotrakt“ ist per Knopfdruck ausfahrbar, das Dach wird zur Chill-out-Area. Ob der „Bürowagen“ in Serie geht, ist derzeit aber noch nicht sicher.