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Lasha Kilasonia / iStock / Getty Images Plus

Auf zu neuer Stärke

19.03.2025 um 08:09, Klaus Schobesberger
5 min read
Rosenbauer startet nach einer Krise mit einem neuen Mehrheitseigentümer durch. Neupositionierung ist auch Gebot der Stunde in Österreich und der EU.

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Der 1. April 2025 markiert eine Zeitenwende beim weltweit größten Feuerwehr­ausstatter Rosenbauer. An diesem Tag hat das börsennotierte Unternehmen nämlich eine außerordentliche Aufsichtsratssitzung einberufen. Einziger Tagesordnungspunkt: die Neuformierung des Kontrollgremiums. Ein formal notwendiger Schritt, seit der Familienclan des 1866 in Linz gegründeten Konzerns die Mehrheit an die Robau Beteiligungsverwaltung GmbH abgetreten hat und der Deal von den Kartellbehörden abgesegnet wurde. Hinter der Investorengruppe stehen „Red Bull“-Erbe Mark Mateschitz, KTM-Eigentümer Stefan Pierer sowie die Raiffeisenlandesbank Oberösterreich mit ihren Beteiligungsgesellschaften. Alle drei zeigen ein vitales Interesse daran, dass Firmensitz und Produktion dieser Unternehmensperle fest im Land verankert bleiben und nicht ins Ausland abwandern. Dieses Szenario war nach den tiefroten Spuren in der Bilanz im Jahr 2022 nicht abwegig. „Es war für uns der perfekte Sturm“, sagt Vorstandsvorsitzender Sebastian Wolf rückblickend im Interview (siehe Seiten 22 / 23). Der frühere Finanzvorstand übernahm im Sommer 2022 das Kommando und musste sich in seiner neuen Funktion als CEO gleich an vielen Fronten als Brandbekämpfer betätigen. Massive Lieferkettenprobleme, energiepreisinduzierte Inflation, in­effiziente Produktionsabläufe und ein Cyber-Angriff, der das Werk für Tage stilllegte, sorgten für „Alarmstufe Rot“ und brachten das Unternehmen an den Rand des Abgrunds. 
 

Mit dem Flughafen-Löschfahrzeug Panther ist Rosenbauer mit Sitz in Leonding Weltmarktführer.

Aufstieg und Fall einer Kultmarke

Welche dramatischen Folgen der Niedergang eines Leitbetriebs für eine Region hat, konnte jeder hautnah am Insolvenzverfahren des Motorradherstellers KTM mitverfolgen. Dieses wurde am 29. September 2024 eröffnet und schlug in Österreich auch politisch hohe Wellen. Rund zwei Milliarden Euro Forderungen wurden angemeldet, 2.623 Mitarbeiter waren betroffen, Lieferketten und Zulieferer gerieten ins Wanken. Die Zerschlagung des Unternehmens konnte mit der Annahme des Sanierungsplans vor Gericht Ende Februar verhindert werden. Der Neustart der Kultmarke ist damit gesichert; die Produktion soll im März in Mattighofen wieder anlaufen. Mit der Insolvenz stand auch Stefan Pierers Engagement bei Rosenbauer plötzlich am Prüfstand. Der Industrielle übergab sowohl den Vorstandsvorsitz bei der KTM AG als auch bei deren Muttergesellschaft, der börsennotierten Pierer Mobility AG, an Gottfried Neumeister. Davor ist bereits ein anderes neues Gesicht in den Leitungs­gremien gesichtet worden: Remus-Chef Stephan Zöchling ist zum Vorstand der Pierer Industrie AG und zum Aufsichtsratschef der Pierer Mobility AG berufen worden. Er gilt auch als ­potenzieller Investor der KTM AG. Dass Pierer seinen engen Vertrauten Friedrich Roithner, der seit Anfang des Jahres der Geschäftsführung der Pierer Konzerngesellschaft angehört, in den Aufsichtsrat von Rosenbauer entsendet, war selbst für gut informierte Beobachter überraschend. Anstatt Mark Mateschitz kommt Florian Hutter, die formell mächtigste Person im „Red  Bull“-­Beteiligungsimperium. Für die RLB OÖ wird Gernot Hofer künftig die Fäden im Aufsichtsrat ziehen, er ist CEO der Invest Unternehmensbeteiligungs AG. 
 

Die Hütte brennt in Österreich

Mit dem neuen ­Mehrheitseigentümer soll nun auch ein neues Kapitel in der Unternehmensgeschichte aufgeschlagen werden. Motto: „Auf zu neuer Stärke“. Durch die Kapitalerhöhung wird Rosenbauer zusätzlich 119 Millionen Euro erhalten. „Damit können wir unsere Zinsaufwendungen deutlich reduzieren, unser Eigenkapital stärken und uns wieder voll und ganz auf unser Kerngeschäft konzentrieren“, erklärt Wolf. Zusätzlich soll Robau mit seiner „umfangreichen Expertise im Industrie- und Finanzbereich“ dafür sorgen, dass Rosenbauer seine Marktposition auf den Weltmärkten weiter ausbaut. Guter Rat ist gerade in Zeiten des globalen Umbruchs entscheidend für den Unternehmenserfolg. Denn der perfekte Sturm braut sich wirtschaftlich und sicherheitspolitisch auch über Europa und damit Österreich zusammen, wenn nicht gegengesteuert wird. „Die Hütte brennt“, beschrieb ­Christoph Neumayer, der Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV), die Lage der heimischen Industrie im Feuerwehr-Jargon. „Zum Glück haben wir jetzt wenigstens eine neue Regierung“, sekundiert IVOÖ-Geschäftsführer Joachim Haindl Grutsch. Aber von einem ­echten Restrukturierungsprogramm sei man weit entfernt. 
 

„Red Bull“-Erbe Mark Mateschitz: Für das Milliarden-Imperium ist Rosenbauer die erste Industriebeteiligung.

Regierungsprogramm bleibt vage

Das Regierungsprogramm ist für Haindl-Grutsch sehr vage, „ein Programm unter Vorbehalt“. Diese Formulierung ist bei vielen Punkten im Koalitionsabkommen zu finden, nämlich „unter Vorbehalt budgetärer Möglichkeiten“. Kurzfristig wirksame Standortrettungsmaßnahmen wie die Investitionsprämie, eine Lohnnebenkostensenkung und eine Strompreiskompensation sucht man aber vergeblich. Dabei seien solche Schritte gerade jetzt bitter nötig, wo die Krise mit voller Wucht am Arbeitsmarkt ankommt. Schönzureden gibt es nichts: Das Wirtschaftsforschungsinstitut WIFO hat die Zahlen von 2024 kürzlich nach unten korrigiert. Demnach schrumpfte Österreichs Wirtschaftsleistung im Vorjahr um 1,2 Prozent und damit stärker als 2023 (–1,0 Prozent). Die Industrie verzeichnete gar ein Minus von 4,5  Prozent. Die Rezession wird sich laut Prog­nosen auch 2025 fortsetzen. „Der wirtschaftliche Ausblick bleibt düster, umso mehr bräuchte man von einer Bundesregierung ein paar vertrauensbildende, rasch wirksame Maßnahmen“, sagt Haindl-Grutsch. Die Insolvenzen seien nur die Spitze des Eisbergs – der Großteil der Probleme spiele sich unter der Oberfläche ab. „Dort sehen wir einen schleichenden Personalabbau, Verlagerungen ins Ausland und den Verlust von Aufträgen, weil die Preise nicht mehr wettbewerbsfähig sind. Das ist der industrielle Wertverlust, den Österreich in den vergangenen zwei Jahren am stärksten in ganz Europa erlebt hat“, so Haindl-Grutsch.
 

Joachim Haindl-Grutsch Geschäftsführer IVOÖ

"Der wirtschaftliche Ausblick bleibt düster, umso mehr bräuchte man von der Bundesregierung ein paar vertrauensbildende, rasch wirksame Maßnahmen."

Der „Doppel-Wumms“ des Friedrich Merz

Österreichs Hoffnungen ruhen auch auf Deutschland, dem mit Abstand wichtigsten Handelspartner der Alpenrepublik. Fast-Kanzler Friedrich Merz plant gemeinsam mit Koalitionspartner SPD, ein Sondervermögen von rund einer Billion Euro lockerzumachen. Der „Doppel-­Wumms“ mit je 500 ­Milliarden Euro gilt zwei Bereichen, wo massiver Investitionsstau herrscht: ­Infrastruktur und Bundeswehr. „Deutschland ist unser stärkstes Land. Dort haben wir die meisten Mitarbeiter. Das heißt: Wenn Deutschland sich gut entwickelt, profitieren wir“, sagt Joachim Schönbeck, Vorstandsvorsitzender des Maschinen- und Anlagenbauers Andritz. Indirekt über Kunden rechnet Schönbeck, auch vom Aufschwung der Rüstungsindustrie in Deutschland zu profitieren. „Wir sehen eine steigende Nachfrage im Bereich Metallumformung, Schmiedetechnik und wir gehen davon aus, dass dort die Nachfrage steigen wird.“ Dass die Europäische Union via „Omnibus“-Verfahren die Bremse bei den Verordnungen anzieht und mit dem „Clean Industrial Deal“ die Wettbewerbskraft stärken will, sei ein erster Schritt in die richtige Richtung. „Wir sehen, dass es einen Wandel gibt und Europa ernsthaft dabei ist, nicht nur Vorreiter für Regularien zu werden“, sagt Schönberg. Der Industrielle und ehemalige Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl geht noch einen Schritt weiter. Er fordert, dass das lähmende und undemokratische Einstimmigkeitsprinzip bei wichtigen Entscheidungen der EU aufgehoben wird. „Wir müssen in der Außen- und Sicherheitspolitik sowie in wichtigen Bereichen der Wirtschaftspolitik eine vertiefte Union schaffen“, sagt er im Interview (siehe Seite 21). Nur wenn Europa mit einer Stimme spricht, könne es wieder zu einem gleichberechtigten Partner von den USA und China werden.
 

Kann er Kanzler? Die Hoffnungen in Europa ruhen jedenfalls auf Friedrich Merz.

Auf Trumps Zoll-Politik vorbereitet

Der deutsche Historiker Heinrich August Winkler sieht Trumps zweite Präsidentschaft als die „tiefste Zäsur der Weltgeschichte seit dem Untergang des Sowjet­imperiums, ja vermutlich seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs vor 80 Jahren“. Österreichs stark exportorientierte Wirtschaft fürchtet vor allem Trumps Isolationismus und Zollpolitik. Sowohl Rosenbauer als auch Andritz haben in den USA Firmen gekauft und sehen sich daher gut gewappnet. „Wir hoffen, dass es uns ausschließlich positiv betrifft, sicher sind wir uns nicht. Wir sehen aber einen klaren Trend in den USA für eine Reindustrialisierung“, sagt Schönberg, der nicht ­daran glaubt, dass die Zölle in der publizierten Höhe kommen werden. ­Andritz erwirtschaftet rund 20 Prozent seines Geschäftsvolumens in den Vereinigten Staaten. Rosenbauer hat 900 Beschäftigte in den USA. „Amerika ist für uns der größte Einzelmarkt und wir sind dort die Nummer zwei gemessen an den Marktanteilen und erwirtschaften rund 400  Millionen Umsatz. Die Chance weiterzuwachsen, ist riesengroß“, ist Wolf zuversichtlich. Heuer sollen die Stückzahlen um 15 Prozent gesteigert werden. Gutes Omen: Das erste elektrobetriebene Flughafen-Löschfahrzeug, der Panther 6x6 Electric, wurde an den Dallas Love Field Airport in Texas verkauft. 
 

Joachim Schönbeck Vorstandsvorsitzender Andritz AG

"Wenn Deutschland sich gut entwickelt, profitieren wir."

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