Mietwagen Revolution
Nach einer Karriere in der Luftfahrtbranche – unter anderem bei Pan Am und der Lauda Air – ist Andreas Weingartner (56) seit 2021 für das Marketing bei Hertz Österreich und Slowenien verantwortlich. Der Manager mit oberösterreichischen Wurzeln ist mit der Entwicklung der Mietwagenbranche zufrieden, sieht aber einige Herausforderungen auf die Autovermieter zukommen. Weingartner zweifelt auch daran, dass sich die E-Mobilität in der nächsten Zeit zu einem wichtigen Geschäftsmodell für Hertz entwickeln wird.
Wie sieht der Mietwagenmarkt zurzeit aus?
Wir verzeichnen weiterhin Steigerungen, spüren gleichzeitig aber auch die in allen Bereichen gestiegenen Kosten. Dass wir mit der Kostenthematik nicht allein dastehen, macht sich auch bei den Firmenkunden bemerkbar, die einerseits bei Dienstreisen auf der Kostenbremse stehen, andererseits aber verstärkt bemüht sind, alternative, flexiblere und somit kostenoptimierte Modelle zu fixen Firmenflotten auszuloten – was wiederum uns ins Spiel bringt. Auch das Thema CO2(-Reporting) trägt merklich zu einem geänderten Reiseverhalten bei Geschäftsreisen bei.
Wie viele Mietwagen haben Sie in Österreich im Bestand und welche Standorte sind für Sie besonders von Bedeutung?
Unsere Mietwagenflotte ist saisonalen Schwankungen unterworfen, liegt aber im vierstelligen Bereich. Wien als Wirtschaftsmetropole mit der Kombination aus Geschäftsreisen und Tourismus ist sicher unser wichtigster Standort. Besonders das Geschäft am Flughafen Wien läuft gut, wobei der Hauptbahnhof sehr gute Zuwachszahlen zu verzeichnen hat. Es folgen ziemlich gleichauf der Industriestandort Graz und der Tourismus-Hotspot Salzburg. Linz schafft durch einen starken lokalen Markt auch noch den Sprung aufs Stockerl, wobei man im Vergleich zur Vergangenheit das Fehlen von internationalen Flugverbindungen sehr stark bemerkt.
Spüren Sie in den letzten Jahren auch ein verändertes Verhalten im Segment der Privatkunden?
Auch hier bemerkt man ein geändertes Mobilitätsverhalten. Besonders im urbanen Bereich geht quer durch alle Altersklassen der Trend weg vom eigenen Auto, hin zu bedarfsorientierten Mobilitätslösungen. Viele fragen sich, warum ich Parkgebühren, Steuern oder Versicherungen für 365 Tage zahlen soll, wenn ich das Auto nur am Wochenende und für ein oder zwei Ferienfahrten im Jahr nutze?
Wie wichtig sind private Mietwagenkunden für Sie?
Sehr wichtig, denn sie machen heute schon etwa 50 Prozent unseres Geschäfts aus.
Gibt es neue Geschäftsfelder, die Sie bedienen?
Im B2B-Bereich bieten wir Hertz 24/7 an. Hier werden Firmen Fahrzeuge an den Betriebsstandort geliefert, die dann dort verbleiben und von den Reisenden der Firma über eine App individuell gebucht werden können. Das im Hintergrund stehende System eröffnet der Firma vielfältige Möglichkeiten, große Teile des Flottenmanagements und -handlings ohne Personalaufwand und Bürozeiten unabhängig an diese App auszulagern. Das umfasst nicht nur die Fahrzeugbuchung, sondern auch regelmäßige Pflege, Check und Wartung durch uns. Auch haben wir einige Projekte in der Pipeline, die dem bereits angesprochenen Mobilitätsverhalten auch im privaten Bereich attraktive Lösungen anbieten. Das wird sowohl den Bereich der Wochenendmieten als auch Autoabos/ Minilease umfassen. Da diese Produkte aber noch nicht am Markt platziert sind, möchte ich an dieser Stelle noch nicht mehr darüber sagen.
Sind das alle Innovationen?
Nein, neben der klassischen Autovermietung von Pkw und Transportern bis 3,5 Tonnen bieten wir im Zeitraum von April bis September mit Hertz Ride auch Motorradmieten und unter dem Brand Hertz Classics auch Oldtimermieten an. Nicht unerwähnt sollten auch unsere Elektroautos bleiben, die wir sowohl im Pkw-Bereich als auch als City Transportern anbieten. Hier haben wir aktuell ein Special „zum Ausprobieren“ für Nutzer im urbanen Bereich. Zudem gibt es bei uns barrierefreie Mietwägen. In einer Kooperation mit Hallermobil bieten wir VW Caddys zum Transport von Rollstuhlfahrern an.
Gibt es im Mietwagensektor eine verstärkte Nachfrage nach E-Autos?
Dazu gibt es ganz klar nur eine Antwort: Nein, denn es mangelt an allen Ecken und Enden an der notwendigen Infrastruktur. Für den Mieter ist ein E-Auto mit zu viel Aufwand in der Vorbereitung der Reise verbunden. Er muss sich fragen: Wo kann ich das Auto aufladen? Welcher Mietwagenvermieter betreibt eventuelle Ladestationen entlang meiner Strecke? Welche Apps sind notwendig? Gibt es ausreichend Ladestationen im Hotel und wie groß ist der notwendige Zeitaufwand für einen Ladevorgang? Momentan mieten E-Autos nur Fans dieser Mobilitätsform oder Menschen, die ihre Wege und die entsprechende Infrastruktur entlang dieser Wege genau kennen.
Sie haben jetzt die Nachteile eines E-Autos aus der Sicht des Kunden beschrieben. Wie sieht das aus der Perspektive des Mietwagenanbieters aus? Sollte man die E-Mobilität nicht stärker fördern?
Dort, wo es Sinn macht, mit Sicherheit. Doch noch sind die Kosten für ein E-Auto für einen Mietwagenvermieter im Vergleich zu einem Verbrenner viel höher.
An welche Kosten denken Sie da konkret?
Für die Wartung eines E-Autos brauchen sie als Mietwagenbetreiber speziell ausgebildete Mechaniker, die ihren Preis haben. Dazu kommen noch höhere Anschaffungs- und Reparaturkosten. Und auch der höhere Reifenabrieb bei mit Elektromotoren angetriebenen Autos schlägt sich negativ auf das Budget.