Manfred Schauberger: "Wir vergeuden Talente"
CHEFINFO: Sie sind Unternehmensberater. Aus der Sicht des Unternehmensberaters: Was braucht das Bildungssystem?
Manfred Schauberger: Ich gehe davon aus, dass die überwiegende Anzahl der Beteiligten nur das Beste will. Wir sehen aber, dass man andere Wege gehen muss. Aus meiner externen Beratersicht und dem Feedback, das ich von meinen Kunden aus der Wirtschaft bekomme, braucht es zuerst den Blick auf den Arbeitsmarkt. Ich bin Jahrgang 1963, komme also aus der Babyboomer-Generation. In unserer Zeit war es nicht nur gut, dass Arbeiterkinder studieren durften. Sie waren vor allem einmal weg vom Arbeitsmarkt und haben diesen nicht belastet. Jetzt ist das komplett anders. Die Zahl der Schüler in den höher- und weiterbildenden Schulen wird immer höher, während unsere Wirtschaft dringend geschickte Leute bräuchte, die eine Lehre absolvieren. Rund die Hälfte aller Kinder in unseren höher- und weiterbildenden Schulen benötigen private Nachhilfe. Das schafft Frustration: Frustrierte Schüler, Eltern und Lehrer. Die größte Bildungsreform aus meiner – und aus Sicht vieler meiner Kunden – wäre es, wenn Lehrlinge – egal welchen Beruf sie lernen – bei sehr guten Leistungen später studieren gehen könnten. Vielen geht erst später der Knopf auf und sie brauchen ein wenig länger, um zu reifen. Wir vergeuden daher Talente, die in weiterbildenden Schulen Plätze versitzen, anstatt auf eigenen Beinen zu stehen. Das alles verlangt nach einem Paradigmenwechsel. Wir brauchen mehr junge Menschen, die einen Beruf erlernen mit mehr Durchlässigkeit in Richtung eines späteren Studiums. In der Schule ist das wie im Sport. Wenn ich in einer Mannschaft drei von zehn Menschen habe, die kein Talent besitzen, zieht das die gesamte Gruppe runter, weil man viel Zeit in diese drei investiert, und das frustriert alle.
Global betrachtet hat Österreich eines der teuersten Bildungssysteme. Wie können wir das System wieder effizienter machen?
Schauberger: Ich glaube nicht, dass das eine Frage des Geldes ist. Es ist eher eine Frage der Organisation. Wir müssen die Durchlässigkeit erhöhen und die Ströme besser lenken. Das würde einige Effekte haben und eine Verbesserung herbeiführen. Wir sollten die jeweils beste Ausbildung für jeden finden und nicht bloß Lehrpläne erfüllen, welche die Schüler nicht dort abholen, wo sie gerade stehen. Dazu würde ich den Lehrern mehr Freiheiten beim Unterrichten geben. Sie brauchen mehr Rückhalt. Das ist keine von innen fundierte Analyse, sondern nur meine externe Beobachtung, die mir auch von meinen Kunden aus der Wirtschaft zurückgespiegelt wird. Generell glaube ich aber nicht, dass unser Schulsystem so schlecht ist, wie man es oft macht.