LH Thomas Stelzer: „Politik braucht kreative Unruhe“
CHEFINFO: Herr Landeshauptmann, was sind die großen Herausforderungen der nächsten Legislaturperiode?
Thomas Stelzer: Wir hatten einen guten wirtschaftlichen Start aus der Krise. Das darf kein kurzes Aufflackern bleiben, um den weiteren Aufstieg zu den europäischen Spitzenregionen nicht zu gefährden. Dieses ehrgeizige Ziel ist nötig, um die Beschäftigung am Standort zu halten. Unsere Unternehmen sind im internationalen Wettbewerb. Auch Politik muss sich international messen lassen. Es braucht auch wieder ein ausgeglichenes Budget, um Schulden wieder abzubauen.
CHEFINFO: Die Rettung von MAN Steyr scheint im Vergleich zu den Umwälzungen in der Automobilindustrie eine einfache Übung gewesen zu sein. Gibt es eine politische Antwort darauf?
Stelzer: Ein Teil des Konzeptes von Siegfried Wolf ist ein Forschungsbereich für den MAN-Standort, um genau diese Transformation zu unterstützen. E-Mobilität wird einen großen Teil der neuen Mobilität ausmachen, aber es wird auch andere Antriebsformen geben. Wir bemühen uns daher sehr, das vom Bund geplante Wasserstoff-Kompetenzzentrum nach Oberösterreich zu holen.
CHEFINFO: Sie gelten als ruhiger, besonnener Charakter. Ist es das, was die Leute nach dieser Krise wollen?
Stelzer: Die Corona-Zeit mit den vielen Einschränkungen schärfte den Blick der Bevölkerung dafür, welche Gestaltungsmacht Politik an der Hand hat. Menschen schauen daher genauer als früher, wen sie an den Schaltstellen sitzen haben wollen. Ich bin überzeugt, dass Politiker gefragt sind, die Herausforderungen benennen, Ziele definieren und sich darum kümmern, dass die Ziele erreicht werden – und zwar mit Hausverstand und viel Power. Das versuche ich auch zu tun und hier sehe ich auch meine Verantwortung.
CHEFINFO: Innovationen und Ideen boomen in der Wirtschaft, aber nicht in der Politik. Trifft diese Beobachtung zu?
Stelzer: Ich denke, die politische Arbeit konnte zuletzt mit vielen Neuerungen punkten. Es wurde viel digitalisiert in der Verwaltung, auch was die Einbindungsmöglichkeiten der Bürger in Entscheidungsprozesse betrifft. Eine Innovation heuer ist das eher atypische Wahljahr. Ich werde alles tun, um den Wahlkampf, der möglichst nur im September stattfinden soll, knapp zu halten. Bürger wollen, dass jetzt aus der Krise herausgearbeitet wird und nicht parteitaktische Spielchen geliefert werden.
CHEFINFO: Gibt es eine schöpferische Zerstörung in der Politik? Oder anders gefragt: War die Transformation von Schwarz zu Türkis mit dem Wahlgewinn eine politische Innovation?
Stelzer: In der großen Koalition herrschte damals Stillstand. Eine Politik, die nichts mehr bewegt und sich nur noch mit sich selbst beschäftigt, kommt nicht gut an. Der Ansatz von Bundeskanzler Kurz war deshalb, zu entscheiden und Dinge anzugehen, über die schon lange diskutiert wurde. Dieser proaktive Zugang war auch der Grund, warum sich der Erfolg eingestellt hat. Politik braucht – um den Begriff der schöpferischen Zerstörung aufzugreifen – eine kreative Unruhe. Man soll sich als Politiker freuen, wenn ein Ziel erreicht wurde. Aber man darf nie übersehen, sofort weiterzumachen. Dieses ständige Antreiben von Themen und Vorangehen sehe ich als eine meiner Grundaufgaben.