Laufsport - Im Tempo des Herzschlags
Beinahe 90.000 Österreicher sind laut Statistik von Marathon Austria bereits einen Marathon gelaufen. Und auch dieses Jahr werden in den warmen Monaten die Menschen die Füße in die Hände nehmen und versuchen, im freundschaftlichen Wettstreit ihre eigenen Grenzen zu überwinden und zu verschieben. Doch es gibt vieles zu beachten, egal ob man an einem Wettbewerb teilnehmen will oder Joggen als Hobby ausübt.
Ist Sport Mord?
42 Kilometer Dauerlauf stellen für den Körper eine große Belastung dar. Selbst der Gründungsmythos der Laufveranstaltung, als Pheidippides nach der Schlacht bei Marathon nach Athen lief, hat ein unschönes Ende: Der Mann stirbt nach der Überbringung der Siegesbotschaft an Erschöpfung. Dieser erste Marathonläufer ist vermutlich eine Erfindung antiker Schriftsteller und geübte Läufer können die beschriebene Distanz durchaus bewältigen. Doch wie in so vielen Fällen gilt: Die Dosis macht das Gift. Jakob Ebner ist Kardiologe und Sportmediziner in Kirchdorf. Er weiß, wie Sport gesund praktiziert wird: „Um das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu senken, reichen bereits relativ geringe Trainingsdistanzen.“ Laut einer dänischen Studie ist die Sterblichkeit unter jenen Läufern am geringsten, die pro Woche verteilt auf drei Einheiten 1 bis 2,4 Stunden laufen. Wie sieht der Experte die Gefahr, wie der Athener Bote zu enden? „Es gibt immer wieder Fälle von Marathonteilnehmern, die während des Wettkampfs plötzlich versterben. Hierbei handelt es sich oft um vorbestehende Herzerkrankungen, die vor dem Wettkampf nicht erkannt wurden, oder um Elektrolytentgleisungen. Das Risiko, einen Marathon nicht zu überleben ist statistisch aber gering.“
Damit alles rund läuft
Laufen ist auch der präferierte Sport Ebners. Da er häufig unterwegs ist und viele 24-Stunden-Schichten im Klinikum hat, schätzt er die Flexibilität: „Die Laufschuhe brauchen im Koffer nicht viel Platz, und nichts ist schöner, als eine neue Kongressstadt laufend zu erkunden.“ Er weist auch darauf hin, dass man selbst mit relativ geringem Trainingsumfang gute Ergebnisse im Ausdauertraining erreichen kann. Wichtig ist, auf den eigenen Körper zu hören. „Ich rate dazu, langsamer zu laufen, mehr Regenerationstage einzubauen und dafür eine gewisse Regelmäßigkeit eisern beizubehalten.“ Er warnt davor, die Bedürfnisse des Körpers auszublenden, um die Leistung immer weiter zu steigern. Vor allem im Sommer achtet der Sportmediziner bei der eigenen Bewegung auf Abwechslung, um seine Gelenke zu schonen: „Dann gehe ich gerne Mountainbiken, Bergsteigen oder Klettern.“
Warmlaufen des Motors
Bevor man 42 Kilometer weit rennt, hat man jedoch noch einen weiten Weg vor sich. Man sollte sich für so ein Training mit der optimalen Ernährung auseinandersetzen. Und schließlich will man auch nicht an unpassendem Material scheitern. Die Wichtigkeit guter Laufschuhe und der richtigen Bekleidung darf keineswegs unterschätzt werden. Beim Training sollte man es langsam angehen. „Ungesunder Ehrgeiz zu Trainingsbeginn ist nicht zielführend“, weiß Ebner. Den Regenerationen zwischen den Trainingsläufen kommt eine Schlüsselrolle zu: „Gerade in den Rastphasen finden im Körper die für den Trainingserfolg so wichtigen Adaptionsprozesse statt.“ Bei Nichtbeachtung kann dies zu einem Übertraining führen und Regeneration beugt außerdem Verletzungen vor. Ein Tipp des Experten, um Überlastungen zu vermeiden, ist das Wechseln von Schuhen und Strecken, zum Beispiel vom Asphalt zum Waldweg oder zur Wiese.
Digitaler Laufpartner
Mittlerweile greifen immer mehr Läufer auf digitale Gadgets und Apps zurück, die den Fortschritt tracken, beim Trainingsplan helfen oder sogar die Gesundheitsparameter im Auge behalten. Besonders Smartwatches boomen. Das Schweizer Unternehmen Garmin war vormals besonders für Navigationsgeräte bekannt. Mittlerweile machen Smartwatches mehr als die Hälfte des Umsatzes der Aktiengesellschaft aus. Auch Ebner beobachtet die technologischen Entwicklungen mit großem Interesse. „Smartwatches können definitiv helfen, Rhythmusstörungen zu erkennen, für eine genauere Diagnose ist dennoch die Konsultation eines Arztes unabdingbar.“ Er berichtet auch von Apps, die mithilfe der Mobiltelefon-Kamera Rhythmusstörungen erkennen können. „Ich plane, demnächst diese Technologie zum Rhythmusmonitoring bei den Patienten in meiner Ordination zu etablieren“, erzählt er.
Rundumcheck
Vor dem großen Laufevent sollte man jedoch erst mal den Weg zum Arzt einschlagen. Ebner führt bei Sportlern meistens eine körperliche Untersuchung, eine Blutabnahme, ein Herzultraschall, ein EKG und ein Belastungs-EKG durch. „So gewinne ich einen sehr guten Überblick über den Gesundheitszustand des Athleten.“ Für seine eigene Praxis hat Ebner einen ungewöhnlichen Weg eingeschlagen. Er arbeitet hauptberuflich als Leitender Oberarzt im Klinikum Kirchdorf, außerhalb der Ambulanzzeiten nutzt er die dortigen Räumlichkeiten als seine Ordination. „Das neue Konzept meiner Wahlarztpraxis im Spital vereint viele Vorteile für das Klinikum Kirchdorf, meine Patienten und mich als Arzt.“ Die Ordinationsausstattung entspricht den neuesten Standards und im Falle notwendiger weiterer Untersuchungen kann Ebner die Patienten direkt weiter überweisen. Nach dem Einkauf des richtigen Lauf-Equipments, einem zielgerichteten Training, gesunder Ernährung und dem Check-up beim Arzt steht dem Marathon nichts mehr im Weg. Und glücklicherweise gibt es für ja für jede Ambitionsklasse den passenden Bruchteil eines Marathons, der gelaufen werden kann.
ZUR PERSON
Jakob Ebner ist Leitender Oberarzt der Abteilung für Innere Medizin des Pyhrn-Eisenwurzen Klinikums Kirchdorf und betreibt außerdem eine Wahlarzpraxis. Er absolvierte seine Facharztausbildung Innere Medizin in Kirchdorf und seine Sonderfachausbildung Kardiologie am KUK Linz. Außerdem besitzt er das Ärztekammerdiplom für Sportmedizin und betätigt sich als ehrenamtlicher Bergrettungsarzt.