Im Tatort ist immer der Unternehmer der Gauner
Um die Gründerfreundlichkeit Österreichs ganzheitlich zu betrachten, muss man tiefergehen, findet Erich Lehner, Partner und Geschäftsführer von EY Österreich. Nur technische Rahmenbedingungen wie Steuern oder Gesellschaftsrecht zu untersuchen wäre zu verkürzt. „Man muss sich auch das soziokulturelle Umfeld ansehen, das beginnt im Kindergarten bzw. der Schule und zieht sich in vielen Medien durch. Im Tatort ist immer der Unternehmer der Gauner. Da haben wir noch viel Luft nach oben.“ Dabei gäbe es tolle Unternehmerpersönlichkeiten in Österreich. „Die Wahrnehmung trifft oft nicht die Realität. Diese ist viel besser, als sie wahrgenommen wird.“
Österreich: Besser, als wir glauben
So zeigt der Global Entrepeneurship Monitor des Joanneum Graz, dass Österreich global bei Förderungen ganz oben steht. „Es ist zwar nicht ganz einfach, doch die ersten fünf Millionen Euro bekommt man in Österreich leichter als anderswo, und dafür werden wir beneidet.“ Das Problem ist die Weiterfinanzierung. „Unsere Kultur setzt auf Fremdfinanzierung. Das ist aber ohne Sicherheiten schwierig. Wir haben also eine Lücke bei Investments von über zehn Millionen Euro. Wenn, so Lehner, nur ein Prozent der 400 Milliarden Euro auf Sparbüchern als privates Risikokapital eingesetzt werden würde, wäre viel zu gewinnen. Lehner lobt auch die heimischen Unis und FHs. „Kapital, Know-how und Rolemodels wären da, was im akademischen Umfeld fehlt, sind Spin-offs.“ Auch die digitalen Verwaltungstools wie Finanz-Online sieht Lehner auf der Habenseite. „Da waren wir bei den Ersten dabei.“
Eine Frage des Mindsets
Abgesehen davon sieht Lehner bei den Rahmenbedingungen Licht- und Schattenseiten. „So könnte die FlexCo die Mitarbeiterbeteiligung verbessern und die Fungibilität von Anteilen. Das ist nicht nur bei Neugründungen wichtig, sondern auch bei Etablierten.“ Ein Problemfeld stellt für ihn die Sozialversicherung dar: „Weil das Handling extrem komplex ist. Selbst Experten scheitern teilweise an den Formalitäten.“ Und wie sieht es bei den so oft geschundenen Steuern aus? Lehner wünscht sich ein steuerliches Privileg bei Risikokapital und Bewegung bei der Behaltefrist. Steuern seien ebenso pragmatisch zu betrachten. Für den Experten liegt es mehr am Mindset, wie es in Irland gegeben ist. „Irland ist sehr unternehmerfreundlich. Sie haben eine geringe KÖSt, doch die müssen sie aber wegen der OECD-Mindestbesteuerung nun in die Höhe schrauben. Diese liegt nun bei einer Mindeststeuer von 15 Prozent.“ Für Erich Lehner ist daher das Kapitel Steuern nur eines von vielen. „Es geht um kurze Behördenwege, gute Rahmenbedingungen, stabile politische Verhältnisse, qualifizierte Facharbeiter oder starke Universitäten. Das alles ist weit wichtiger als steuerliche Aspekte.“