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Rollen der Ball oder die Kugel, rollt meistens auch der Rubel. Das internationale Sportwetten-Business von heute geht zurück auf die griechische Antike.
Rollen der Ball oder die Kugel, rollt meistens auch der Rubel. Das internationale Sportwetten-Business von heute geht zurück auf die griechische Antike.
planktoncg / iStock / Getty Images Plus, martinrlee / iStock Editorial / Getty Images Plus

Bet-Geschichten

27.02.2025 um 08:58, Jürgen Philipp
3 min read
Sportwetten. Welche Branche entstand 676 vor Christus und setzt ­heute eine Billion US-Dollar um? Einblicke in die Sportwetten-Branche.

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Es sind kleine Märchen wie diese, welche die Faszination Sportwetten auf den Punkt bringen. Mit nur fünf Pfund Einsatz brachte es der Brite Leigh Herbert zu Ruhm, Ehre und Geld. Er wettete, dass der unterdurchschnittliche Klub Leicester City Meister der „Premier League“-­Saison 2015/16 werden würde. Leicester spielte eine Jahrhundertsaison, schaffte trotz durchschnittlichem Kader ohne ­große Stars die Sensation und brachte Leigh Herbert 25.000 Pfund ein. Eine ­Quote von 1: 5.000. Übrigens die gleiche Quote wird bei britischen Sportwetten-Anbietern dafür geboten, sollte heuer eine Frau als Trainerin einen ­„Premier League“-Klub übernehmen. England ist nach wie vor das Mutterland der ­Sportwetten, dabei begann alles im antiken Griechen­land. Das erste erwähnte „­Wettbüro“ der Menschheit gab es bereits 676 vor Christus. Im Rahmen der Olympischen Spiele wurden Wetten angenommen. Was heute der Fußball ist, waren damals Pferderennen. Eben jene ­Pferde- neben Hunde­rennen waren die Treiber des (noch illegalen) Wettgeschäfts im 18. und 19. Jahrhundert in England. ­Wetten waren ein beliebtes Freizeitvergnügen, das immer mehr in die britische Kultur einging. 

The Isle of Bet

Zu jener Zeit entstand auch der Beruf des „Buchmachers“, der die abgegebenen Tipps manuell in Bücher eintrug. Die Quoten wurden mit einer ­simplen Formel „1/Wahrscheinlichkeit in Dezimal­form“ errechnet. Die Regierungen im Vereinten Königreich sahen dem bunten Treiben lange gelassen zu. 1920 wollte man aber mitmischen und man rief das staatliche Toto-Monopol ins Leben. 14  Jahre später tauchte ein gewisser William Hill auf. Hill gründete 1934 ein Unternehmen, das streng genommen keines war, denn kommerzielle Wetten waren immer noch verboten. Es begann ein Katz-und-Maus-Spiel mit der Regierung, bei dem Hill stets eine Nasenlänge voraus war. Unzählige Lokalwechsel und eine Meisterschaft in konspirativem Marketing machten ihn zur Legende. Hill dachte wohl: ­„Wetten, die bekommen mich nicht?“ Und er gewann, denn sein Name steht ­heute für einen der größten Wettanbieter weltweit. 2020 wurde William Hill um 3,36  Mrd. Euro an die britische 888 Holdings verkauft. Das Versteckspiel ­hatte 1961 ein Ende. Die britische Regierung legalisierte das Wettgeschäft und damit öffneten im ganzen Land Tausende von Betting Offices. Mit ein Grund, ­warum die Insel heute Sitz der vier größten Wettanbieter der Welt ist, denn im Großteil Europas waren Sportwetten bis auf staatliche Toto-Tipps noch illegal. Der allergrößte von ihnen heutzutage ist bet365. Erst im Jahr 2000 gegründet, nutzten die ­Briten als eine der Ersten das Internet für Sportwetten. 

1934 gründete William Hill ein – damals noch illegales – Betting Office. Heute steht sein Name für einen der größten Sportwetten-Anbieter in der Branche.

Österreichs Wettpioniere

Einige Jahre zuvor, 1997, hatten die Österreicher Manfred Bodner, Norbert Teufelberger und Karl Wieseneder eine ähnliche Idee. Sie gründeten betandwin. Als echte Pioniere revolutionierten sie die Branche, indem sie erstmals Live-Wetten anboten. Das Unternehmen wäre, inflationsbereinigt, aus heutiger Sicht das erste rot-weiß-rote Unicorn (mehr als eine Milliarde US-Dollar Marktwert) geworden. 2006 verkaufte man an ­Ongame  e-solutions AB aus Schweden und aus betandwin wurde bwin – bwin wiederum wurde Trikot-Sponsor von Real Madrid und in weiterer Folge eines der größten Unternehmen seiner Art. Seit 2016 gehört bwin zu Σntain, die – woher sonst – aus Großbritannien stammen. Die Geschichte von bwin ist fast typisch für die ­Wettbranche. Eine Branche, die von unglaublich vielen Besitzerwechseln, Mergers und Neugründungen gekennzeichnet ist. So auch beim Linzer Unternehmen bet-at-home. 1999 in Wels von Franz Ömer und Jochen Dickinger gegründet, ging man 2004 an die Wiener Börse und knackte die 1-Million-Kunden-Marke im Jahr 2012. Das weckte Begehrlichkeiten. Seit 2014 gehört das Unternehmen der französischen Betclic Everest Group. Ebenfalls in Linz beheimatet, ist ein ­weiterer Pionier des Sportwetten-Business: CBCX. Das heute zur Kontron AG gehörende Unternehmen liefert die Software und Quoten für Wettterminals und Live-­Wetten. Mit rudimentären Formeln wie „1/Wahrscheinlichkeit in Dezimalform“ hat das heute nichts mehr zu tun. Die Sportwetten-Branche setzte sehr rasch auf ­komplexe Berechnungen, Algorithmen und Simulationsprogramme.
 

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