FinTech mit menschlichen Touchpoints
Inhalt
- „Schlechtester Banker der Welt“
- Mindset des Hedgefonds-Managers
- Demokratisierung der Vermögensverwaltung
- Erster „vollhybrider Asset Manager“
- Human Capital statt Venture Capital
- KI wird Branche brutal verändern
Zu den effektivsten Methoden der Finanzbildung zählen negative Erfahrungen mit dem eigenen Geld. Bei David Mayer-Heinisch (38) war es ein gern erzähltes Schlüsselerlebnis als Teenager, das ihn beruflich in die Finanzbranche ziehen und schließlich zum Mitgründer des FinTechs Froots machen sollte. „Meine Eltern waren wie fast alle Österreicher: Sie haben sich mit dem Thema Finanzen gar nicht auseinandergesetzt. Aber mein Vater hat etwas sehr Cooles gemacht: Er ist mit mir und meinen beiden Brüdern 1999 zur Bank gegangen, hat uns jeweils 5.000 Schilling in die Hand gedrückt und gesagt: ‚Ihr habt zehn Minuten Zeit, sucht euch etwas aus.‘“
„Schlechtester Banker der Welt“
Der junge Steirer sollte in diesem Beratungsgespräch „den wahrscheinlich schlechtesten Banker der Welt“ kennenlernen. Auf dessen Anraten -setzte er den gesamten Betrag auf die Aktien einer deutschen Softwarefirma namens SAP, heute ein Weltkonzern, und verfolgte daraufhin täglich die Kursschwankungen in der Zeitung – bis zum Jahr 2001. Dann platzte die Dotcom-Blase und die Kurse der Technologieunternehmen rasselten in den Keller. „Zuerst fühlte ich mich reich, dann arm. Aber diese Erfahrung hat meine Neugier geweckt“, erinnert sich Mayer-Heinisch im Gespräch mit CHEFINFO. Jetzt wollte er es genau wissen: Nach der Schule machte er seinen Abschluss an der Wirtschaftsuniversität Wien und begann seine Karriere in der großen Finanzwelt als Fondsmanager bei Raiffeisen International.
Mindset des Hedgefonds-Managers
Damals lernte er im großen Stil, was er auch als kleiner Anleger erfahren hatte: Die größten Fehler am Kapitalmarkt sind emotionale Fehler. Viele ignorieren die Zyklen in der Finanzwelt und extrapolieren die Vergangenheit in die Zukunft. Eine weitere Lektion: Wer den Weg des quantitativen Managements mit mathematischen, rationalen Methoden bei der Entscheidung über die Zusammensetzung eines Aktienportfolios oder Investmentfonds verfolgt, sitzt am längeren Hebel und profitiert von den emotionalen Fehlern anderer Anleger. Mayer-Heinisch wechselte zu einem quantitativen Hedgefonds in Deutschland und verwaltete schließlich vier Milliarden Euro für die größten Staatsfonds der Welt.
Demokratisierung der Vermögensverwaltung
„Ich habe damals Tag und Nacht gearbeitet. Es war die härteste, aber faszinierendste Zeit meines Lebens.“ Nach sechs Jahren stieg er dennoch aus, um kleinere Brötchen zu backen. Der Antrieb dafür war die zunehmende Asymmetrie in der Finanzindustrie. Während den Rockefellers dieser Welt dank gefüllter Taschen ein Veranlagungsuniversum offenstand, blieb es Normalbürgern verwehrt. Der Unterschied in der Beratung, die -institutionelle Investoren und kleine Privatanleger für ihr Geld erhalten, sei unnötig groß, sagt Mayer-Heinisch. Dank neuer technologischer Möglichkeiten habe eine „Demokratisierung der Vermögensverwaltung“ eingesetzt. Das sei auch notwendig, denn „die Vollkasko-Gesellschaft ist vorbei. Jeder Einzelne in unserer Gesellschaft wird seine finanzielle Zukunft selbst in die Hand nehmen müssen. Der Staat und sein Sozialsystem können künftig nur eine Armutsabsicherung sein.“
Erster „vollhybrider Asset Manager“
Das war der Startschuss für Froots – ein Kofferwort, das für Financial Roots, also die Wurzeln finanzieller Vorsorge, steht. Gemeinsam mit dem holländischen Gründungspartner Dirk van Wassenaer, den er bei einem MBA-Programm in Madrid kennenlernte, investierte er im Jahr 2021 rund 200.000 Euro in den neuen digitalen Vermögensverwalter mit niedrigen Eintrittsbarrieren, maßgeschneiderten Portfolios und dem Service einer Privatbank. Das Ziel: der „erste vollhybride Asset Manager“ zu werden. Alle Geschäftsprozesse laufen zu 100 Prozent automatisch, außer dort, wo menschlicher Mehrwert geboten werden kann: beim Kundenkontakt und beim Investment Research. „Meine naive Annahme am Anfang war, die Leute kommen, eröffnen online ein Depot, überweisen Geld und wir sehen sie nie wieder. Aber was man nicht unterschätzen darf, ist der Human Factor. Geldgeschäfte sind Vertrauensgeschäfte, deshalb brauchen wir menschliche Touchpoints, offline und online, die von ungefähr einem -Drittel der Kunden genutzt werden“, erläutert -Mayer-Heinisch.
Human Capital statt Venture Capital
Vertrauensbildend sind auch bekannte Investoren aus der Finanzwelt wie der frühere Banker -Andreas Treichl, der 10 Prozent am Unternehmen hält und als Aufsichtsratsvorsitzender fungiert. Bei Froots zählt das Human Capital, erklärt Mayer-Heinisch, hier werden keine Kompromisse gemacht – sowohl bei den Investoren als auch bei den Mitarbeitern. Als Depotbank dient Schelhammer Capital, die Privatbank der Grazer Wechselseitigen. Das veranlagte Geld gilt damit als Sondervermögen. „Das einzige Risiko, das der Kunde trägt, ist das Kapitalmarktrisiko“, sagt der FinTech-Gründer. Die All-in-Gebühren liegen je nach Veranlagungsvolumen zwischen 0,7 und 1 Prozent. Mayer-Heinisch bezeichnet Froots nicht als Startup. Gefragt -seien Investoren mit einem langfristigen Engagement und nicht Venture-Capital-Fonds mit Zeithorizonten von drei bis fünf Jahren. „Wenn unsere Kunden Veranlagungszeiträume von 25 Jahren haben, können wir nicht kurzfristig denken“, sagt Mayer-Heinisch. Die Kunden kommen aus unterschiedlichen Milieus und investieren von 75 Euro im Monat bis zu zweistelligen Millionenbeträgen.
KI wird Branche brutal verändern
Schwerpunkt ist derzeit noch Österreich. Es ist immer ein schmaler Grat, wie viel Geld man in Wachstum investiert und wo man hingeht. „Europa ist noch nicht One Market. EU-Länder haben unterschiedliche Steuern und unterschiedliche Anforderungen.“ Mayer-Heinisch ist davon überzeugt, dass KI die Finanzbranche in den kommenden fünf Jahren noch brutal verändern wird. „Wer da nicht an der Forefront ist, wird sich schwertun, eine Existenzberechtigung zu haben. Ein junges Unternehmen wie wir hat den Vorteil, agiler zu agieren.“