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Markus Achleitner und Bernhard Adler | Credit: LAND OÖ / GRUBER
Wirtschaftslandesrat Markus Achleitner und ecop-Technologies-Gründer Bernhard Adler vor einem Bauteil der Rotationswärmepumpe
Wirtschaftslandesrat Markus Achleitner und ecop-Technologies-Gründer Bernhard Adler vor einem Bauteil der Rotationswärmepumpe
LAND OÖ / GRUBER

Dampf für die Energiewende

23.01.2024 um 09:06, Klaus Schobesberger
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Wirtschaftslandesrat Markus Achleitner über wichtige Innovationen, höheres Tempo und mehr Landesbudget für die Transformation von Industrie und Wirtschaft.

Bis 2040 will Österreich klima­neutral sein. Dafür müssen viele große und noch mehr kleine Räder gedreht werden. Zu Letzteren zählen Unternehmen, deren Entwick­lungen einen wichtigen Beitrag für die Dekarbonisierung leisten können. Eine davon ist die mehrfach ausgezeichnete Erfindung von ecop Technologies mit Sitz in Neuhofen an der Krems. Deren Gründer und Geschäftsführer Bernhard Adler hat eine spezielle Wärmepumpe gebaut, die Abwärme nutzt und damit bis zu 200 Grad Celsius heißen Dampf für industrielle Prozesse erzeugt. Die mit 68 Patenten abgesicherte Technologie ist eines von sieben Forschungsprojekten, die auf Empfehlung einer internationa­len Jury nun mit rund drei Millionen Euro Landesförderung aus dem Wirtschafts­- und Forschungsressort gefördert wer­den. CHEFINFO sprach im Zuge eines Besuchs bei ecop Technologies mit Wirt­schaftslandesrat Markus Achleitner.

Kein anderer Bereich ist so entscheidend für die Zukunftsfähigkeit des Standorts wie Innovation.

Markus Achleitner, Wirtschaftslandesrat

Wie wichtig sind Forschungsprojekte wie die Rotationswärmepumpe, damit die Energiewende gelingt?
Die Energiewende ist für einen Industriestandort eine Her­kulesaufgabe. Dafür braucht es Forschung und Entwicklung. Der Landesforschungs-­Call „Future Energy Technologies“ bil­det genau das ab. Die sieben Projekte beschäftigen sich mit Schlüsseltechnolo­gien wie Wasserstofferzeugung, Energie­speicherung oder eben mit einem Wär­mepumpensystem, das Restwärme zu Dampf aufheizt. Es braucht die richtige Energie für die richtige Anwendung. Das ist der Grund, warum das Land Ober­österreich auch in Zukunft viel Geld für Forschung bereitstellt.

437,5 Millionen Euro beträgt das Standortbudget des Landes für 2024, davon fließen 103 Millionen Euro in Wissenschaft und Forschung. Was soll das bewirken?
Es ist ein Signal der Ver­lässlichkeit in stürmischen Zeiten. Ober­österreich verzeichnet ein Rekordniveau bei Beschäftigung sowie Exporten und ist erstmals unter den Top 20 der EU­-Industrieregionen. Hier gilt es, den ein­geschlagenen Kurs in Richtung Zukunft zu halten. Kein anderer Bereich ist so entscheidend für die Zukunftsfähigkeit des Standorts wie Innovation. Das gilt auch für die Energiewende. Es ist stand­ortpolitische Grundsatzstrategie, schnel­ler als andere diese Transformation zu erreichen. Das stärkt unsere Wettbe­werbsfähigkeit. Deshalb fließen 2024 erstmals mehr als 100 Millionen Euro in Wissenschaft und Forschung.

Wie wichtig staatliche Förderungen für Private und Unternehmen bei der Energiewende sind, wird deutlich, wenn sie abhandenkommen. In Deutschland fehlen nach dem Verfassungsgerichtsurteil plötzlich 60 Milliarden Euro für den Klimaschutz. Was bedeutet die deutsche Haushaltskrise für uns?
Wir blicken mit Sorge zu unseren Nachbarn, weil hier die Gefahr besteht, dass der Transformationsschwung von 60 Milliarden Euro verspätet oder gar nicht kommt. Das hätte nicht nur negative wirtschaftliche Auswirkungen für Öster­reich, sondern für ganz Europa. Ich hoffe, dass die Verantwortungsträger der Politik schnell für klare Verhältnisse sorgen, damit dieses wichtige Transformationskapital schnell seine Wirkung entfalten kann.

Im Gespräch
Wirtschaftslandesrat Markus Achleitner im Gespräch mit Chefredakteur Klaus Schobesberger in der Montagehalle bei ecop Technologies.

Deutschland und Italien haben kürzlich vereinbart, die Produktion erneuerbarer Energie, von Erdgas und Wasserstoff in Nordafrika zu steigern und per Pipeline über die Alpen zu transportieren. Wo bleiben wir?
Alle Länder machen jetzt ihre nationalen Infrastrukturpläne, die auf EU­Ebene abgestimmt werden. Es ist eine europäische Gesamtaufgabe. Beim Aufbau der Wasserstoffinfrastruktur erle­ben wir eine Henne­-Ei­Diskussion. Die Pipelinebetreiber sagen, sie bräuchten erst die Abnehmer in der Industrie, bevor gebaut werden könne. Die Industrie sagt, sie brauche erst Wasserstoff zu wettbe­werbsfähigen Preisen. Daher müssen Staaten bei der Infrastruktur mit Startin­vestitionen in Vorleistung gehen. Das gilt auch für Österreich. Wir sind auf Bun­desebene in Verhandlungen, damit mit dem Bau von Wasserstoffübertragungs­netzen begonnen werden kann. Für die Wärmewende, die den größten Teil der Energiewende ausmacht, wird Wasser­stoff im industriellen Bereich die Schlüs­seltechnologie sein.

Stichwort Tempo bei der Energiewende: Der Bau der 220-kV-Leitung, die die voestalpine für die grüne Stahlproduktion benötigt, liegt wegen der Beschwerde einer Bürgerinitiative auf Eis. Was sagen Sie dazu?
Das ist wirklich eine ärger­liche Geschichte, weil der Anspruch des Bundes mit der Wirklichkeit nicht zusam­menpasst. Es wurde vom Klima­ und Energieministerium verabsäumt, eine Beweisführungspflicht der Beschwerde­führer in die UVP-­Novelle aufzunehmen. Derzeit hat jede Beschwerde automatisch aufschiebende Wirkung. Die Rechnung dieser Fehlentscheidung haben wir nun präsentiert bekommen. Gerade bei der Energiewende geht es um Tempo.

Sind Sie optimistisch, dass wir die Energiewende schaffen?
Ich bin zuversichtlich, weil die technischen Lösungen de facto am Tisch liegen. Jetzt geht es darum, diese Zeit der Transformation so zu gestalten, dass die Wettbewerbsfähigkeit der pro­duzierenden Industrie und Wirtschaft in Europa erhalten bleibt. Denn sonst wandern sie ab. Erste Tendenzen gibt es bereits. Die EU muss auch die rund 20 Produktionsstätten für grünen Was­serstoff im nordafrikanischen Raum und im Nahen Osten bestimmen. Es geht um Diversifizierung und darum, die Abhän­gigkeit von einem Lieferanten zu ver­meiden. Wir werden die Importquote bei Energie von rund 80 Prozent in Europa mit einem gemeinsamen Kraft­akt auf rund 50 Prozent drücken kön­nen. Für diese 50 Prozent brauchen wir Lieferanten, Pipelines und die Skalierbarkeit, dass Wasserstoff vergleichbar und kompetitiv ist mit anderen Regio­nen dieser Welt.