Business Angel: Vom Manager zum Investor
Die blitzblaue Farbe ist allgegenwärtig in der Montagehalle der Xelectrix Power GmbH. Unübersehbar dominiert sie die Außenflächen der containergroßen Metallboxen, die ein ganz besonderes Innenleben haben. Es sind Hoch-Volt-Speichersysteme, die in Mauthausen gefertigt werden. Netzbetreiber benötigen sie zur Netzstabilisierung, auf Baustellen kommen sie als Hybridlösungen mit Generatoren zum Einsatz oder sie sind als Stromspeicher für erneuerbare Energien gefragt. Die Speichertechnologie ist ein wichtiger Baustein, damit die Energiewende funktionieren kann. Was die Innovation aus dem Mühlviertel leistet, ist auch auf der Weltausstellung in Dubai zu sehen. Mitten in der Wüste steht die erste autarke Ladestation für Elektrofahrzeuge des Logistikunternehmens UPS. Gespeist mit Strom aus einer Photovoltaik-Anlage. Als Energiemanagement-Zentrale dient die blaue Power-Box, die ein eigenes Stromnetz generiert. Kostengünstiger, klimaneutraler und effizienter können Pakete derzeit nicht ausgeliefert werden. Genau auf diese mobilen und semimobilen Anwendungen ist Xelectrix spezialisiert – mit steigendem Interesse aus aller Welt. „Wir haben Anfragen im Haus, die inzwischen die 100-Millionen-Euro-Grenze überschreiten. Man spürt, dass das Thema der Transformation der Energieversorgung bei Kunden angekommen ist“, sagt Martin Lehner, der seit Juli als Investor und strategischer Partner an Bord des Unternehmens ist.
Forschung in Markterfolge umsetzen
Für die Gründer Alexander und Dominik Hartl ist der Einstieg Lehners als Business Angel ein Glücksfall. Der Top-Manager bringt internationale Erfahrung und seine Kontakte aus drei Jahrzehnten in führender Position beim Baumaschinen-Hersteller Wacker Neuson mit ein – zuletzt als CEO. Aus dieser Zeit kennen sich auch die drei Neo-Geschäftspartner. Die beiden Brüder waren viele Jahre im Baumaschinenbereich tätig und haben ihr Unternehmen vor mehr als zehn Jahren an den schwedischen Konzern Atlas Copco verkauft. 2015 stießen sie schließlich auf das Thema „Batteriespeicher“, mit dem sie für den Eigenbedarf eine elektrische Baumaschine ohne kostenintensive und ineffiziente Dieselgeneratoren betreiben wollten. Was folgte, waren mehrere Jahre intensive Forschung und Entwicklungsarbeit, um die Grenzen der üblichen Speichertechnologien zu überwinden. „Jetzt geht es darum, den Vorsprung in der Entwicklung in Markterfolge umzusetzen und die Serienfertigung sowie die Produktion hochzufahren. Dafür werden wir Partnerschaften benötigen. In diesem Prozess befinden wir uns gerade“, sagt Lehner. Jetzt kommen Lehners internationalen Kontakte im Baumaschinenbereich und seine Erfahrung, aus einer Gründung etwas Großes mitzuformen, ins Spiel: „Ich habe vor 34 Jahren bei Neuson begonnen, das damals ein noch sehr junges Unternehmen mit etwa 35 Mitarbeitern war – heute würde man auch Startup dazu sagen.“ Das Unternehmen hat sich über die Jahre zu einem internationalen Konzern mit 1,6 Milliarden Euro Umsatz, 6.000 Mitarbeitern und Produktionsstätten in Asien, USA und Europa entwickelt. Genau dieses Praxiswissen ist für Xelectrix interessant. Eine Win-win-Situation für alle Beteiligten.
Klima retten – mit cleverer Technik
Die Speichertechnologie der findigen Brüder kommt genau zur richtigen Zeit. In Österreich sind mit dem Erneuerbaren Ausbau-Gesetz wichtige Weichen für die Zukunft gestellt worden. Zum ersten Mal ist es möglich, regionale Energiegemeinschaften zu gründen, wo sich Private und Unternehmen zusammenschließen können, um Energie zu erzeugen und zu verteilen. „Ich bin der festen Überzeugung, dass Energieerzeugung regionaler und die Preisbildung beim Strom viel variabler wird. Strom wird entweder geteilt oder in Batterien gespeichert, um ihn später zu nutzen“, sagt Lehner. Das besondere Know-how des Unternehmens besteht in der Wechselrichter-Technologie in Verbindung mit Lithium-Eisen-Phosphat-Batterien, die wesentlich sicherer sind als die in Autos verwendeten Lithium-NMC-Batterien. Bei der Batterietechnologie sei noch lange nicht das Ende der Fahnenstange erreicht, sagt Lehner, der sich bereits bei Wacker Neuson intensiv mit dem Thema „Elektrifizierung“ beschäftigt hat. Der größte chinesische Batteriehersteller CATL hat gerade die erste Natrium-Ionen-Batterie vorgestellt, die nächstes Jahr in Serie gehen wird. Diese Innovation kommt ganz ohne Lithium und seltene Erden aus. In der EU tritt zudem 2022 die neue Batterieverordnung in Kraft. Zwischen 95 und 98 Prozent der Altbatterien sollen wieder rückgeführt werden in neue Anwendungen. Weltweit fließen Milliarden in die Batterieforschung, auch zunehmend mehr bei uns. Allein in Europa entstehen in den nächsten Jahren 30 Giga-Factorys – Batteriefabriken nach dem Vorbild des US-Auto-Pioniers Tesla.
Folge deinem Herzen – und den Megatrends
Geht es nach Hansi Hansmann, Österreichs erfolgreichstem Startup-Finanzierer, sind Investments, die mit der Bewältigung der Klimakrise zu tun haben, empfehlenswert. „Es ist immer gut, einem Megatrend zu folgen“, sagt der 70-Jährige. Und er hat noch einen anderen Tipp: Geld zu verdienen ist zwar legitim, soll aber nicht die einzige Motivation sein – weder für den Gründer noch für den Business Angel. In beiden Punkten liegt Martin Lehner ziemlich richtig. Bei der Motivation fügt Lehner noch einen weiteren Punkt an: „20 Jahre lang jede Woche die Koffer zu packen und wenig Zeit für die Familie zu haben, geht an die Substanz. Das war der wesentliche Beweggrund für mich, meinen Job als CEO aufzugeben und etwas Neues zu machen.“ Ähnlich erging es auch Franz Fuchsberger. Der 51-Jährige baute gemeinsam mit Wolfgang Platz Tricentis auf. Es gilt als erstes „Unicorn“ Österreichs, also ein seltenes „Einhorn“-Technologieunternehmen, dessen Bewertung die Milliarden-Dollar-Grenze übersteigt. Die Firma, die sich auf automatisierte Softwaretests spezialisiert hat, ist heute mehrheitlich in US-Besitz. Nach sehr erfolgreichen, aber auch anstrengenden Jahren als Manager, Vertriebschef und Startup-Gründer hat der gebürtige Salzburger seine Heimatstadt mit seiner Familie wieder zum Lebensmittelpunkt erkoren und startete sogar ein Philosophiestudium. An Tricentis hält Fuchsberger noch Unternehmensanteile, hat aber seit 2019 keine offizielle Funktion mehr. Dafür ist er als Partner bei eQventure eingestiegen und ist seither als Business Angel tätig. Die vom Linzer Herbert Gartner gegründete Beteiligungsgesellschaft mit Sitz in Graz unterstützt ausschließlich heimische Gründer. Eine weitere Besonderheit: Es zählt zur Erfolgsstrategie von eQventure, über eine Syndizierung nur jeweils einen Investor im Firmenbuch des Jungunternehmens einzutragen und somit auch nur einen Ansprechpartner bei Folgefinanzierungen und beim Exit zu haben. Das schafft Klarheit bei den Gründern und vermeidet einen Kompetenz-Wirrwarr. 20 Millionen Euro werden pro Jahr vergeben. Nicht wenig fließt davon nach Oberösterreich. „Linz ist ein guter Boden. Die jungen oberösterreichischen Gründer haben einen Spirit und eine Leidenschaft, die vorbildhaft sind“, sagt Fuchsberger. Das jüngste Erfolgsbeispiel für den Investor ist das erst 2018 gegründete Linzer Startup Xaleon, das sich auf DSGVO-konformen Kundenservice und Vertragsabschlüsse mit Chatbots spezialisiert hat und im Jänner 2021 vom deutschen Remote-Spezialisten TeamViewer AG um einen zweistelligen Millionenbetrag übernommen wurde.
Auf der Suche nach den Unicorns
Solche schnellen Exits sind die Ausnahme und wohl auch nicht immer im Sinne des Erfinders. Denn Fuchsberger will intensiv mitarbeiten, dass möglichst viele österreichische Unicorns entstehen, die einen Footprint in der Tech-Welt hinterlassen. Motto: Gründer von heute haben alles, außer Erfahrung und Kapital. „Die junge Generation hat eine andere Art und Weise, an Dinge heranzugehen, da wollen wir niemandem dreinreden, aber viele unternehmerische Problemstellungen ändern sich nicht. Hier können wir helfen, rascher ans Ziel zu gelangen.“ Ein Startup mit Unicorn-Potenzial ist für Fuchsberger Symflower – auch weil es ihn an sein eigenes Unternehmen erinnert. Das Linzer Startup testet Software wie Tricentis, aber mit einem anderen Fokus und in einer sehr frühen Phase. Die Symflower-Gründer Evelyn Haslinger und Markus Zimmermann haben sich schon als Studienkollegen den Kopf zerbrochen, wie man teure, langwierige Softwaretests beschleunigen könnte. Softwareprüfungen erfolgen nach wie vor händisch. Das ist extrem aufwendig und birgt das Risiko von menschlichen Fehlern. Das Linzer Startup hat diesen Prozess mit vollautomatischer Qualitätssicherung auf den Kopf gestellt. Dadurch hat der Programmierer wieder mehr Zeit für komplexere Arbeiten. Was viele nicht wissen: Entwickler verwenden 40 Prozent ihrer Zeit mit dem Testen von Source Codes, erklärt Fuchsberger. „Diese Spezialisten sind aber eine extrem gefragte Ressource und daher sehr teuer. Hier sehe ich ein enormes Potenzial, das Symflower freisetzen kann.“
Was Manager und Unternehmer unterscheidet
Aus einer ganz anderen Ecke kommen Gerhard Hinterkörner und Hanno Bästlein. Hinterkörner ist für die Erfolgsgeschichte des Frischteig-Unternehmens „Tante Fanny“ mitverantwortlich und hat seine Unternehmensanteile 2019 verkauft. Seither investiert er in Unternehmen (siehe Interview). Hanno Bästlein, 1963 in Leverkusen geboren, verbrachte fast seine gesamte berufliche Laufbahn in Österreich – mit durchaus beeindruckenden Stationen. Unter anderem war er Finanzvorstand bei der damaligen VA Tech sowie der AMAG in Ranshofen, CEO der Constantia Packaging und Geschäftsführer der B&C Industrieholding. Bereits damals hat er sich um Beteiligungen umgesehen und sich ein Portfolio erarbeitet. Der Reiz für ihn als Manager war es auch, unternehmerisch tätig zu sein, sagt Bästlein im Gespräch mit CHEFINFO. „In einem Konzern, selbst wenn man im Vorstand sitzt, ist man mit vielen Abstimmungsprozessen konfrontiert, vieles davon ist schwerfällig und man spricht über das Geld anderer Leute. Das heißt nicht, dass diese Menschen nicht verantwortungsvoll damit umgehen würden, aber es ist etwas völlig anderes, wenn das eigene Geld im Spiel ist. Das ist der zentrale Unterschied zwischen Manager und Unternehmer.“
Anti-Aging-Produkte – warum nicht?
Aktuell hält Bästlein 13 Beteiligungen in den unterschiedlichsten Segmenten, die er nach technologischen Komponenten und nach skalierbaren Geschäftsmodellen auswählt. Unter anderem ist der ehemalige Manager im Startup Tomorrowlabs investiert. Das Unternehmen wurde vom Linzer Mediziner Dominik Duscher und vom Pharmazeuten Dominik Thor gegründet. Hergestellt werden mit wissenschaftlichem Background Produkte gegen Hautalterung und zur Hautkräftigung. Die technologische Komponente bei Tomorrowlabs besteht für Bästlein darin, dass Dominik Duscher als Arzt fünf Jahre lang in Harvard und Stanford an der Wundheilung von Diabetikern geforscht hat. Die Kosmetika waren ein Nebenprodukt dieser Forschungen. Der Kosmetikmarkt wird von vier, fünf großen globalen Konzernen und ihren unzähligen Marken dominiert, aber in puncto Marketing und Vertrieb sind diese nicht sonderlich innovativ. Die Technologie hinter Tomorrowlabs ist patentierbar und baut auf einer Grundlagenforschung auf, für die ein Brite und zwei Amerikaner den Medizin-Nobelpreis erhielten. „Das hat einen echten tiefen wissenschaftlichen Hintergrund und der Effekt ist auch messbar. Das hat mich überzeugt“, sagt Bästlein. Auch bei der Beteiligung an masterplan.com, einem E-Learning-Tool, das bereits in großen Konzernen eingesetzt wird, war die Skalierung gegeben. „Wie findet man sie? Vieles funktioniert über das persönliche Netzwerk. Man wird oft selbst angesprochen. Die Szene ist in Österreich noch halbwegs überschaubar und es gibt viele Möglichkeiten, interessante Personen kennenzulernen.“ Wichtig sei es, sein Unternehmens-Portfolio wie andere Portfolios zu verwalten. „Wenn acht von zehn Beteiligungen floppen und eines wird ein Unicorn, dann sind die Flops egal.“
Frauen und Jugend als Vorbild
Technologie und Skalierbarkeit sind bekannte Fixpunkte für den Erfolg. Aber inwiefern spielt das Gründerteam eine Rolle? Für Bästlein sind verschiedene Komponenten wichtig, so auch die Chemie untereinander. Doch man müsse als Investor viele Kieselsteine umdrehen, bis man das eine vermeintliche Nugget darunter findet. „Am Anfang jeder Gründung steht eine riesige Euphorie, dann folgt meist der Absturz bzw. die Katerstimmung, taucht man da durch, sieht man erst, was möglich ist und was nicht“, sagt Bästlein. 99 Prozent aller Startups, so die Statistik, erreichen die Umsatzmarke von einer Million US-Dollar nicht. Bästlein: „Es nützt einem das beste Wunderteam nichts, wenn es auseinanderfällt. Ein Startup zu gründen ist ein Kraftakt. Interessant zu beobachten ist, dass gemischte Teams, also Teams aus Männern und Frauen, anders funktionieren. Frauen haben meist eine bessere Risikoabwägung und sind oft ausdauernder.“ Rosen streut Bästlein der Jugend: Sie geht für den Klimaschutz auf die Straße und hat weniger Angst vor dem Scheitern. Und sie denkt anders. Sie braucht keinen Besitz mehr. „Auch ich habe seit Jahren kein Auto mehr. Ein Pkw wird zu 95 Prozent nicht genutzt. Zeigen Sie mir ein Unternehmen, dass eine Maschine anschafft, die nur zu fünf Prozent ausgelastet ist“, sagt Bästlein. Junge Leute lassen sich das Denken nicht verbieten, brechen mit Konventionen und machen unsere Zeit zu einer hoch spannenden, ist er überzeugt.
Finanzierung: am Anfang hui, am Ende pfui
Wie sehen die Business Angels das Thema „Finanzierung“? Allgemeiner Tenor: Bei den Anfangsinvestitionen hat sich für Startups vieles verbessert, Seed- und Frühphasen-Investment sind in Österreich gut etabliert. Bei der Wachstumsfinanzierung gibt es aber Luft nach oben. „Man versteht offenbar in der Politik nicht, dass Startups die Unternehmen der Zukunft sind“, sagt Martin Lehner. Er schlägt einen eigenen (vom Staat mitfinanzierten) Fonds und Steuer-Incentives für privates Risikokapital vor. Wenn der Haupteigentümer eines erfolgreich in Österreich aufgebauten Startups am Ende ein amerikanischer Investor wird, dann geht die Gleichung für den heimischen Wirtschaftsstandort nicht auf. Ist der Unternehmenswert im Ausland, passt die Balance des Investments nicht mehr. In Frankreich hat Macron das erkannt und die Finanzierung der Startups zur Chefsache erklärt, weil sie für die Zukunft eines Landes wichtig sind. Ähnlich argumentiert Fuchsberger: „Unternehmensfinanzierungen würden viel mehr an Dynamik gewinnen, wenn man die steuerlichen Stolpersteine entfernen würde.“ Konkret benennt er Mitarbeiterbeteiligungen. Sie sollten gleich behandelt werden wie Aktien. Wer seine Anteile veräußert, sollte zwar KESt, nicht jedoch Einkommenssteuer abführen müssen. „Schlüsselkräfte zu bekommen und zu halten, ist eines der allergrößten Probleme bei Startups. Gehälter auf Konzernniveau anzubieten, ist bei den meisten nicht machbar. Insofern ist die Mitarbeiter-Beteiligung eine gute Sache, nur müsste die Politik mehr daraus machen.“ Auch noch andere Bereiche sind für Investoren und Gründer nur schwer verständlich. Etwa, dass Transaktionskosten für Werbung oder Rechtsberatung beim Unternehmenskauf oder -verkauf nicht von der Steuer abgesetzt werden können. „Wenn in Österreich konsequent der Startup-Zweig gefördert und die steuerlichen Stolpersteine aus dem Weg geräumt werden würden, dann werden sich auch immer größere Finanzierungsgesellschaften entwickeln, die auch immer größere Tickets schreiben“, ist Fuchsberger überzeugt.
„Will keinesfalls Balkon-Muppet spielen“
Gerhard Hinterkörner war Produktmanager in der Lebensmittelindustrie, gründete 1999 mit Alfred Karl den Frischteig-Spezialisten „Tante Fanny“ und verkaufte seine Anteile 2019. Als Investor ist er unter anderem bei Puka tätig, einem Linzer Startup, das das Lesen von Büchern revolutionieren soll.
Was ist Ihr Antrieb als Investor?
Gerhard Hinterkörner: Ich bin mit dem Unternehmergeist infiziert. Es macht mir große Freude, Neues möglich zu machen und der Esprit von jungen Menschen die unternehmerisch, mutig und weltoffen unterwegs sind, wirkt ein wenig wie ein Jungbrunnen auf mich.
Warum sind Sie als solcher tätig?
Hinterkörner: Ich denke, es gibt heutzutage kaum eine vernünftigere Anlageform, als in ein Unternehmen zu investieren. Natürlich kann man auch Geld in die Finanzmärkte investieren oder in ruhigeren Gewässern unterwegs sein, aber damit versäumt man die Chance, bei vielversprechenden Projekten dabei zu sein. Darüber hinaus unterstütze ich sehr gerne Unternehmen, die ernsthaft eine enkeltaugliche Zukunft mitgestalten möchten.
Nach welchen Auswahlkriterien wählen Sie neue Käufe oder Beteiligungen aus?
Hinterkörner: An allererster Stelle steht das Team. Sind es Menschen, die in erster Linie den baldigen Exit im Fokus haben, oder sind es engagierte Persönlichkeiten, die ihre Zukunft in diesem Unternehmen sehen. An zweiter Stelle steht ein nachhaltiges und nachvollziehbares Geschäftsmodell. Erst dann kommen ökonomische Aspekte wie die Skalierbarkeit dieser Idee.
Agieren Sie eher nur als Geldgeber oder stellen Sie mehr Ihr Netzwerk gegen Anteile zur Verfügung?
Hinterkörner: Ich will keinesfalls den Balkon-Muppet spielen, sprich operativ will ich mich nicht einmischen. Aber wenn es darum geht, das Unternehmen durch meine Kontakte zu stützen und zu fördern, dann bringe ich mich sehr intensiv ein.
Bringen Sie Ihr Know-how als Manager, Unternehmer oder Business Angel ein?
Hinterkörner: Einer der großen Vorteile für Gründer, einen erfahrenen Unternehmer mit an Bord zu haben, ist, nicht gleiches Lehrgeld bezahlen zu müssen. Hier kann man sich viele Umwege ersparen. Insbesondere im organisatorischen Bereich gibt es hier viel Potenzial.
Wo drückt den Gründern der Schuh?
Hinterkörner: Einerseits in der realistischen Einschätzung des Businessplans und andererseits bei der Planung der Kosten. Hier ist es teilweise erschreckend, mit welchen unrealistischen Einschätzung agiert wird. Die berühmte „Hockey“-Präsentation, also die Umsatzentwicklung in Form eines Hockey-Schlägers dargestellt, ist leider noch immer sehr verbreitet. Wobei ich dabei oft gar keine böse Absicht, sondern eine völlige Fehleinschätzung unterstelle. Genau umgekehrt verhält es sich bei den Kosten. Insbesondere für Marketing oder Vertrieb.
Wie beurteilen Sie die Steuerreform?
Hinterkörner: Auch wenn man sich jetzt über eine ökologische Besteuerung gewagt hat, fürchte ich, dass dies viel zu zaghaft ist. Unglaublich finde ich auch, dass man sich wieder nicht zur Abschaffung der kalten Progression durchgerungen hat.