SPÖ: Parteirebell Lercher übernimmt Chefposten
- Personelle Konsequenzen
- Lercher gewählt
- Nicht plump dagegen
- Unklarheiten um Landtagssitz
- Doskozil gratuliert
- Drexler bedankt sich bei Lang
- Wallner gegen Frontalopposition
Die steirische SPÖ hat nach der Wahlniederlage am 24. November und der Ankündigung der FPÖ mit der ÖVP in Regierungsverhandlungen zu treten am Donnerstag personelle Konsequenzen gezogen. Unter dem Titel "Aufstellung der SPÖ Steiermark für die Oppositionspolitik" wickelte bei einer Sitzung des Landesparteivorstands Anton Lang seinen Rückzug ab. An seiner Stelle übernimmt der obersteirische "Parteirebell" Max Lercher die Speerspitze erstmals in der Opposition.
Personelle Konsequenzen
Lang selbst trat nach der Sitzung nicht vor die Mikrofone. Lercher wurde das Wort überlassen, links und rechts an seiner Seite die Noch-Landesräte Doris Kampus und Ursula Lackner, sowie Jörg Leichtfried und andere. Lercher bedankte sich zuerst bei Lang, der "bis zur letzten Minute alles getan hat, um einen bestmöglichen Übergang in der SPÖ Steiermark zu schaffen". Er habe nicht in die Öffentlichkeit gedrängt, sondern im Hintergrund Lösungen geschaffen, so der designierte Parteivorsitzende.
Lercher gewählt
"Ich werde gerne als Parteirebell bezeichnet. Ich habe reflektiert warum: Ich denke, weil ich die Dinge gerne beim Namen nenne. Da möchte ich auch in meiner neuen Funktion so halten. Ich wurde mit 87 Prozent zum designierten Vorsitzenden gewählt. Auch für mich ist es überraschend in der Höhe, weil - so ehrlich bin ich: Ich habe nicht überall in der Bewegung nur Freunde. Es ist meine Aufgabe die Freundschaft zu stärken. Mir ist das bewusst und ich bedanke mich für das Vertrauen." Auf seinen Vorschlag hin werde Hannes Schwarz weiterhin Klubobmann bleiben. Er sei laut Lercher mit über 93 Prozent bestätigt worden.
Lercher setzte fort: "Wir könnten nun hergehen und sagen: Die Ergebnisse waren so, weil wir schlecht kommuniziert haben, oder nicht gehört wurden oder Prozesse nicht so gut gestalten. Ich möchte das nicht tun. Wir haben verstanden, dass wir in weiten Teilen die Glaubwürdigkeit nicht mehr haben. Das tut mir leid - vor allem bei den Ergebnissen bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie bei den Frauen. Es muss einen Grund haben, warum die FPÖ gewählt wird. Den Grund darf man nicht beschönigen, dem muss man sich stellen und Glaubwürdigkeit aufbauen."
Nicht plump dagegen
Er wolle "ohne ideologische Scheuklappen Lösungen" präsentieren: "Die Lebensrealität der Menschen, die Sorgen und Nöte der Steirerinnen und Steirer sind mein politisches Programm, dem müssen wir uns stellen. Ab heute gehen wir - wie es aussieht - erstmals in Opposition. Wir werden nicht plump gegen alles sein." Die SPÖ wolle sich konstruktiv einbringen, wo sie das könne, aber dort hart sein, wo dem nicht entsprochen werde, was angekündigt wurde.
Lercher weiter: "Das, was versprochen wurde, ist ein neuer Stil in der Steiermark, weg vom alten System. Wir wissen aber auch wie es ist, bei vielen Themen, die uns Herzensanliegen sind, da und dort im Würgegriff der ÖVP zu stehen. Das wird die freiheitliche Partei jetzt erleben. Mario Kunasek hat eine bewusste Entscheidung gemacht, trotz ausgestreckter Hand der Sozialdemokratie, hin zur ÖVP. Im Sinne der Steiermark wünsche ich mir, dass diese Verhandlungen Gutes bringen. Im Wissen wie Politik funktioniert, vor allem auch seitens der ÖVP, wage ich das zu bezweifeln." Er wolle daher eine Ansage machen: Sollte nicht dieser Reformwille kommen, den sich die designierten Regierungsparteien offenbar wünschen, "ist die Sozialdemokratie bereit Gespräche zu führen, um die Lebensrealität der Steirerinnen und Steirer zu verbessern."
Unklarheiten um Landtagssitz
Offen blieb allerdings, ob und wie Lercher im neuen Landtag einen Platz haben wird. Er hatte in seinem Wahlkreis Obersteiermark nur auf dem 24. Platz kandidiert, auf der Landesliste sogar nur auf dem 77. Es müssten daher Dutzende vor ihm gereihte Politikerinnen und Politiker auf ihr Mandat verzichten, damit er zu einem Landtagssitz kommen kann. Auf die Frage von Journalisten, wie das gelöst werde, vertröstete Lercher auf die kommenden Tage. Weitere Fragen wurden nicht beantwortet. Seitens der Partei hieß es, dass man sich die Angelegenheit bis kommende Woche noch anschauen werde.
Doskozil gratuliert
Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil, den Lercher im Vorjahr bei der Wahl zum Bundesparteivorsitzenden unterstützt hatte, gratulierte dem Obersteirer: "Mit ihm an der Spitze ist die SPÖ Steiermark bestens gerüstet, die Herausforderungen der Zukunft zu meistern. Max Lercher ist genau der Richtige für diese verantwortungsvolle Aufgabe, und ich bin überzeugt, dass er die Partei mit seiner klaren Linie und seiner Entschlossenheit hervorragend führen wird."
Drexler bedankt sich bei Lang
Der steirische ÖVP-Chef Christopher Drexler bedankte sich in einer Aussendung bei Lang: "Unsere persönliche Zusammenarbeit war immer von einem wertschätzenden und vertrauensvollen Miteinander geprägt. Ich habe ihn als einen Politiker kennen und schätzen gelernt, der in der Sache hart, aber immer fair verhandelt hat. Das Ziel, unsere Steiermark weiterzuentwickeln, hat er jeden Tag von ganzem Herzen und mit voller Kraft betrieben. Ich habe größten Respekt vor seinen Leistungen und seiner Art, mit der er nicht nur dem politischen Mitbewerber, sondern jedem auf Augenhöhe begegnet ist."
Wallner gegen Frontalopposition
Lang und Lercher hatten vor der Sitzung kein Statement gegenüber Medien abgegeben, doch Leobens Bürgermeister Kurt Wallner, der als einer der ersten nach der Wahl laut eine mögliche Koalition mit der FPÖ ins Treffen geführt hatte, meinte: "Ich erwarte mir von der Sitzung zunächst Einigkeit und ein offenes Wort." Er sprach sich für Lercher aus, meinte aber auch, dass es "keine Frontaloppositionspolitik", sondern "kritische und konstruktive Positionen" brauche.
An der Sitzung nahmen neben Lang, Lercher und Wallner auch andere Bürgermeister von Städten wie etwa Knittelfelds Stadt-Chef Harald Bergmann sowie weitere wichtige Vertreter der steirischen SPÖ teil: die Gewerkschafter Josef Muchitsch und Horst Schachner, Klaus Zenz (FSG), Elisabeth Grossmann und Grazer Gemeinderats-Klubobfrau Daniela Schlüsselberger.