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Bettina Ganghofer
Bettina Ganghofer, geboren in Bremen, ist Östereichs einzige Flughafen-Managerin und eine von sechs im deutschsprachigen Raum.
Bettina Ganghofer, geboren in Bremen, ist Östereichs einzige Flughafen-Managerin und eine von sechs im deutschsprachigen Raum.
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Die Zukunft des Fliegens

09.11.2021 um 16:09, Gert Damberger
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Flughafenmanagerin Bettina Ganghofer will in Zusammenarbeit mit dem Land Salzburg den Individualverkehr vom und zum Flughafen verringern. Außerdem erklärt sie, warum niemand „Flugscham“ haben muss.

weekend online: Frau Ganghofer, keine Branche leidet so unter der Pandemie wie der Flugverkehr. Wie entwickelt sich die Auslastung des Salzburger Flughafens?

Bettina Ganghofer: Laut den internationalen Prognosen wird der weltweite Flugverkehr erst um das Jahr 2024 wieder das Vorkrisenniveau erreicht haben. Wir in Salzburg werden da keine Ausnahme sein. 2021 war und ist das sprichwörtliche Tal der Tränen für uns. Von Jahresanfang bis zum Monat Mai  haben wir in einem normalen Geschäftsjahr bereits rund eine Million Passagiere abgefertigt, heuer waren es lediglich 2.500. Auch nach der Lockerung der Maßnahmen am 19. Mai geschah im Flugverkehr erst mal – gar nichts. Das Luftfahrtgeschäft lässt sich ja nicht so einfach aus- und einschalten, es braucht Zeit, um die Maschine in Gang zu setzen und heuer ging es erst ab Juli es wieder allmählich aufwärts.

weekend online: Trotzdem planen Sie schon den Mobilitätsknoten „Flughafen 4.0“, den Salzburg Airport der Zukunft. Wie sieht der denn aus?

Bettina Ganghofer: Bei diesem vom Land Salzburg geförderten Projekt geht es um den Flughafen als Verkehrsknotenpunkt und die bessere Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz. Darüber hinaus wollen wir ein nicht fahrplanmäßiges, an die Nachfrage angepasstes, Angebot, wie z. B. Sammelbusse, schaffen, um den Individualverkehr zum und vom Flughafen zu reduzieren. Für 900.000 Passagiere, die pro Jahr ankommen und für die 900.000 Abreisenden wollen wir auf Basis einer gründlichen Datenerhebung einen optimalen Verkehrsmix zusammenstellen.

weekend online: Wie stellen Sie sich den Flughafen in 15 Jahren vor? Gibt es da schon eine S-Bahn Richtung Hauptbahnhof?

Bettina Ganghofer: Wenn Sie auf die Aktivierung der „Stieglbahn“ oder dem Anschluss bei der Schwarzenberg-Kaserne anspielen, da bin ich eher skeptisch. Baulich wäre bei der einen Variante wegen der Unterführung unter die Autobahn mit erheblichen Kosten zu rechnen und bei der Stieglbahn-Variante fehlt einfach der Platz für die Realisierung. In die Zukunft geblickt sehe ich am Salzburger Flughafen für das Jahr 2036 eine komplett erneuerte Terminallandschaft mit einer Kapazität für rund zwei Millionen Fluggäste pro Jahr. Wir wollen modernisieren, den baulichen Altbestand nachhaltig technisch adaptieren und wo sinnvoll auch ergänzen – das bedeutet kein Ausbau des Flughafens! Bis 2040 wollen wir unseren CO2-Ausstoss so verringern, dass wir bei CO² Netto Null-Emissionen erreichen. Die Digitalisierung vieler Prozesse wie z.B. der Passagierabfertigung werden stark das „Flughafenerlebnis“ verändern.

weekend online: À propos Klimaschutz, da steht der Flugverkehr ja generell am Pranger, obwohl er ja nur für rund 3 Prozent der globalen Emissionen verantwortlich ist. Wie sehen Sie die Zukunft des Fliegens?       

Bettina Ganghofer: Ich bin mir sicher, dass die Luftfahrtindustrie ihre Hausaufgaben machen wird. Optimierte Triebwerke, ultraleichte Baumaterialien, modernste Elektroniksysteme und spritsparende NEO-Klassen von den großen Herstellern wie Boeing und Airbus sind die Zukunft. Kurzstrecken werden in den nächsten 15 Jahren mit Elektroflugzeugen angeboten werden, das wird eine spannende CO²-neutrale Konkurrenz zur Bahn und Strasse, der Zeitfaktor spielt ja doch bei einer Reise immer eine große Rolle. Nicht die Verteuerung der Flugtickets wird Lösungen bringen, sondern Forschung und Entwicklung. Die Luftfahrt bleibt für viele Weltgegenden einfach alternativlos, auch im Bereich des Umweltschutzes. Lange Wegstrecken in Amerika, Russland, China und vielen anderen Ländern sind in vertretbaren Zeiten nur mit dem Luftverkehr zu bewältigen.

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