Tennis-Star Thomas Muster: "Junge jammern mehr"
Inhalt
- Weiterentwicklung
- Blick ins Ausland
- Generationenwechsel
- Tipps an die Jugend
- Gegen neue Medien
- Familienglück
Thomas Muster weiß früh, wo er hin will: nach ganz oben. Vom steirischen Leibnitz arbeitet er sich ausdauernd nach Monaco und schließlich als erster Österreicher an die Spitze der Tennis-Weltrangliste. Heute lässt es der 57-jährige „King of Clay“ deutlich ruhiger angehen. Zwischen Riesener Alm, Kärnten und Graz genießt er die Zeit mit seiner Familie. Weekend hat ihn im Rahmen der Eröffnung einer Ausstellung getroffen.
Das Finale 1988 ist Ihr denkwürdigster Moment hier in Wien, was ist die schönste Erinnerung?
Thomas Muster: Wien war sehr lässig. Die größte Chance hatte ich gegen Horst Skoff, aber an dem Tag hätte ich einfach im Bett bleiben sollen. Leo (Leo-Günther Huemer, ehemaliger Turnierdirektor; Anm.) hat mich bekniet: „Die Halle ist ausverkauft, du musst spielen!“ Was hätte ich machen sollen? Die Leute hätten gesagt, ich habe Angst, gegen Horstl zu spielen, auf der anderen Seite habe ich gewusst, ich kann gar nicht gewinnen, denn Best of Five geht sich nie aus. Das war das damalige Skandalfinale! Im Radio wurde es so beschrieben: „Der eine speibt sich an und der andere knöchelt um.“ In dem Fall konnte ich nur verlieren. Das war schade, aber so war es auch schön.
Weiterentwicklung
Wie würden Sie die Entwicklung des Turniers beschreiben? Wie fühlt man sich, wenn man wieder zurückkommt in das Umfeld, welches sich in den letzten 40 Jahren so stark verändert hat?
Thomas Muster: Das Turnier war immer wertvoll. Da gibt es drei Namen, die hier nicht gespielt haben von den Besten der Besten. Also, Rafael Nadal, Björn Borg und Courier. Also, die Halle hat schon ein paar Spieler gesehen. Die Halle wurde modernisiert, es gibt jetzt LED-Anzeigen, die hat es nicht gegeben, es hat die Umkleide nicht gegeben. Es war alles einfacher. Es hat kein Player-Gym gegeben, es hat einen Player-Bereich gegeben, da hast du Essensmakerl gekriegt und du durftest dir etwas vom Buffet nehmen. Aber da war weder von Fitnessraum noch von Masseur noch sonst irgendetwas die Rede, da hat es nichts gegeben. Es war damals großartig und es ist heute auch großartig.
Blick ins Ausland
Was könnte die Halle in Zukunft vielleicht wieder an österreichischen Pionieren sehen?
Thomas Muster: Der eine ist verletzt (Sebastian Ofner Anm.) Zu Schwärzler kann ich jetzt zu wenig sagen, denn in der Jugend waren schon viele gut. Er hat bereits beachtliche Erfolge.
War es schlau Österreich zu verlassen?
Thomas Muster: Wenn du in Österreich der Beste wirst, dann musst du weg. Du musst dir deine Hörner woanders abstoßen, andere Quellen anzapfen. Habe ich auch gemacht. Die meisten behaupten heute, ich hätte aus Steuerflucht in Monaco gelebt. Ich habe mir dort gerade einmal ein Zimmer teilen können mit dem Ronnie Leitgeb in Monaco, dort konnte ich lernen. Damals hat es nicht so viele Hallen gegeben, in Monaco hat man das ganze Jahr im Freien trainieren können. Die besten waren dort, man konnte sich messen. Der Sport bleibt der gleiche. Es gibt Gesetzmäßigkeiten, die werden sich nicht verändern.
Generationenwechsel
Was ist der größte Unterschied zwischen der damaligen Generation zu ihrer Zeit und den Spielern heute?
Thomas Muster: Die Spieler jammern mehr und verdienen mehr. Wesentlich mehr. Was auch okay ist. Ich bin keinem etwas neidig, weil es ein harter Sport ist. Aber, ja. Das hat aber jede Generation mit sich. Die, die bei uns gespielt haben, haben auch gesagt, ihr habt es ja schön. Das kann jede Generation zur nächsten sagen. Bis dorthin, dass es in Wimbledon keine Sessel gegeben hat und deswegen die ATP gegründet worden ist, dass man ...
Dass das Publikum einen Sitz hat.
Thomas Muster: Nein, dass wir einen Sitz haben. Beim Seitenwechsel. Man muss in die Tennisgeschichte schauen. Warum gibt es die ATP? Warum gibt es das alles heute? Das wissen die Spieler auch oft heute nicht.
Tipps an die Jugend
Haben Sie deshalb auch einen Tipp für einen jungen Spieler, der gerade auf die Tour kommt?
Thomas Muster: Arsch zusammenkneifen und kämpfen und tun. Es wird keinem etwas geschenkt. Es gibt Hunderttausende, die das Gleiche vorhaben. Und da haben nur zehn Platz unter den ersten zehn. Man musste um fünf Uhr in der Früh oder um sechs Uhr nach der letzten Partie trainieren. Worüber die Leute heute noch reden, ist die Intensität, die bei diesem Training war. Wir hatten die Intensität. Das haben die heute nicht mehr. Die trainieren anders. Du findest heute witzigerweise fast immer einen Trainingsplatz. Das hat es damals nicht gegeben. Da war alles voll. Wir haben teilweise zu sechst auf einen Platz gespielt. Wenn du sagst, du musst zu sechst, bei einem 500er dich auf- oder einschlagen in der Früh, dann fragen sie dich, ob du einen Vogel hast. Heute heißt es: „Der spielt mit dem nicht und der mit dem nicht.“ Früher hast du eingetragen, "Muster+1". Du musst auf diesen Platz. Dann hat sich einer dazu gestellt. Man muss die weiten Wege gehen. Das macht heute keiner mehr.
Man kennt Sie als fleißigen Arbeiter. Ab wann kann man vom Tennis leben?
Thomas Muster: Du verdienst unter dem 200. Platz noch kein Geld. Das ist zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel.
Wie viel Glück gehört dazu, dass man es in den Profisport schafft?
Thomas Muster: Das ist ein Weltsport, da wollen ganz viele hin. Es gibt viele Talente, die nicht das Talent haben zu arbeiten und nicht dorthin kommen, die anderen arbeiten hart, aber haben zu wenig Talent. Das liegt irgendwo dazwischen, konsequent einen Weg zu gehen. Man kann eine Karriere planen bis zu einem gewissen Grad. Es gibt viele Wege, die dorthin führen, finden muss man ihn selbst.
Gegen neue Medien
Wären soziale Netzwerke zu Ihrer Zeit etwas Gutes gewesen?
Thomas Muster: Nein, ich bin lieber ohne Social Media. Ich möchte mir gar nicht ausmalen, was damals gewesen wäre.
Was macht einen Thomas Muster glücklich?
Thomas Muster: Ich bin froh, dass ich so weit weg bin vom Tennis mittlerweile. Ich kann mein Leben genießen, habe eine tolle Familie, mir etwas in meinem Leben geschaffen. Wenn ich den Durchschnitt des Österreichers, 76, 77, Jahre hernehme, habe ich noch 20 Sommer. Und die möchte ich genießen.
Familienglück
Ist Ihre Tochter Skifahrerin geworden?
Thomas Muster: Sie ist eine großartige Skifahrerin. Sie hat selbst entschieden, dass sie nicht in die Ski-Hak gehen will. Wo ich auch ein bisschen froh bin, darüber. Weil ich weiß, dass Profisport kein Honiglecken ist. Wenn sie das gewollt hätte, hätte ich das unterstützt. Aber sie ist eine großartige Sportlerin. Sie möchte dann die Matura machen. Und auch ein bisschen Sport machen. Sie hat eine kaufmännische Ausbildung in dem Fall.
Wo sind Sie jetzt überall daheim? Haben Sie das Grundstück in Neuseeland noch?
Thomas Muster: Ich wohne nirgends, wo die Leute glauben, dass ich wohne. Wir bewegen uns in einem Dreieck zwischen Riesener Alm, Kärnten und Graz, meinen Hauptwohnsitz habe ich nach wie vor in Graz.
Wo ist es eigentlich schöner in Graz oder am Wörthersee?
Thomas Muster: Das kann ich nicht sagen. (lacht) Beides hat seine schönen Seiten. Das ist, wie wenn man mich fragen würde, Australien oder Neuseeland?
Spielen Sie zum Spaß noch Schlagzeug?
Thomas Muster: Ja, aber immer seltener. Aber ich liebe das Eisstockschießen auf der Riesener Alm. Mit den Kindern lustige Momente erleben, das erfüllt mich.
Würden Sie sagen, Sie sind glücklich?
Thomas Muster: Ich bin glücklich. Wenn Sie mein Haus kaufen, bin ich noch viel glücklicher (lacht).