Unglaublich: Schock um Schumacher-Interview
"Weltsensation!", "Michael Schumacher: Das erste Interview" titelte die Klatschzeitung vor wenigen Tagen fett auf ihrem Cover. Was wie ein kleines Wunder aufgemacht ist, ist in Wirklichkeit nichts anderes als ein handfester Medienskandal. Statt einer Sensation ist der Bericht nämlich vor allem eins: sensationell dreist. Deutlich kleiner unter dem Titel der erste Hinweis darauf: "Es klingt täuschend echt."
Rätselraten um Gesundheitszustand
Ex-Ferrari-Pilot Michael Schumacher ist seit seinem schweren Skiunfall 2013 nicht mehr öffentlich in Erscheinung getreten. Weder hat er Interviews gegeben, noch sind Details zu seinem aktuellen Gesundheitszustand bekannt. Umso größer also die Sensation des "ersten Interviews" mit dem Deutschen: Mit seinem Titel vom 15. April gibt das Wochenmagazin den Anschein, persönlich mit dem siebenfachen Weltmeister gesprochen zu haben.
Interview mit KI gefaket
Blöd nur, dass das Gespräch nicht nur nie stattgefunden hat, sondern überdies auch noch gänzlich frei konstruiert ist. Die Redaktion der Frauenzeitschrift hat dafür einen neuen, besonders "kreativen" Verwendungszweck der um sich greifenden Künstlichen Intelligenz (KI) gefunden. Statt mangels Möglichkeit Schumi selbst zu befragen, hat sie Antworten einer KI verwendet. Dass das in die Rubrik "frei erfunden" fällt, hat das Blatt aber nicht davon abgehalten, den 57-Jährigen aufs Cover zu hieven und die errechneten Antworten als quasi bare Münze auszugeben.
Eiskaltes Kalkül
Abgedruckt sind Textpassagen, die bei den Leserinnen gezielt auf die Tränendrüse drücken sollen: "Mein Leben hat sich total verändert", lässt die KI aus Schuhmachers Perspektive wissen. Der Verweis auf seine Lieben darf da natürlich auch nicht fehlen, meinen KI und Redaktion: "Meine Frau und meine Kinder waren ein Segen für mich, ohne sie hätte ich es nicht geschafft." Selbst vor dem Abdruck rührseliger Aussagen über seinen Gesundheitszustand schrecken die Verfasser nicht zurück: "Ich kann mit Hilfe meines Teams sogar wieder allein stehen und sogar langsam ein paar Schritte laufen. Natürlich kann es sein, dass das nie mehr so wird wie vor meiner Verletzung, aber das hindert mich nicht daran, weiter zu kämpfen." Garniert wird die Zitate-Auswahl mit Informationen aus dem Familienleben der Formel 1-Legende.
Winziger Hinweis auf die Quelle
Deutlich zurückhaltender ist "die aktuelle", wenn es um das Offenlegen der Quelle zum Interview geht. "Das Interview war im Internet. Auf einer Seite, die mit Künstlicher Intelligenz, kurz KI genannt, zu tun hat", ist da lapidar zu lesen. Damit aber nicht genug, will das zur Funke-Mediengruppe gehörende Magazin den Humbug auch noch als Insider-Information verkaufen und überbietet sich selbst mit wüsten Spekulationen. "Doch woher weiß diese KI die persönlichen Hintergründe? Über Ehe, Kinder und Krankheiten? Jemand muss die Informationen – wie in Wikipedia – ins Internet eingegeben haben. War es wirklich Schumi selbst, der aus dem Krankenbett heraus die Infos eintippte? Oder etwa jemand aus der Familie, Pfleger oder Angestellte? Die Antworten klingen jedenfalls täuschend echt! Zu schön, um wahr zu sein?", heißt es in dem Artikel.