3 Städte, 5 Superfans und Lewis Capaldi
Wiener Stadthalle, acht Uhr morgens am Valentinstag. Während die meisten Menschen entweder schon auf dem Weg in die Arbeit sind oder noch im Bett liegen, sitzen sechzehn junge Mädchen zwischen Schlafsäcken, Decken und Wärmflaschen auf dem Asphalt vor der Wiener Stadthalle. Ihnen steht noch ein langer Tag bevor, denn der Grund, warum sie mitten im Februar auf der Straße campieren, kommt aus Schottland und wird erst in zwölf Stunden zu sehen sein: Lewis Capaldi.
Erster Stopp in Wien
Der junge Hitmacher gastiert auf seiner Welttournee auch in der österreichischen Hauptstadt und wird dort ungeduldig erwartet. Unter den Fans, die der Kälte trotzen, befinden sich die 18-jährige Patricija und die 17-jährige Alessandra. Die beiden haben sich gerade erst kennengelernt, teilen sich aber schon eine Decke. Sie sind bereits seit sieben Uhr morgens vor Ort, denn sie haben ein Ziel: die erste Reihe.
Für die Mädchen ist es das erste Lewis Capaldi-Konzert, dementsprechend groß ist die Vorfreude. „Ich bin seit vier Jahren Fan. Ich liebe alles an ihm, seinen Humor, seine Musik, sein Aussehen, alles!“, schwärmt Alessandra. Auch für Patricija ist die lustige Art des Sängers mitunter ein Grund, warum sie so begeistert von ihm ist. Sie fügt scherzend hinzu: „Ich glaube, er hat noch nicht gerafft, dass er berühmt ist. Er ist wahnsinnig bodenständig und zieht sich an wie Adam Sandler.“
Um Capaldi live zu sehen, ist die 23-jährige Camilla eigens von Genua nach Wien angereist. Sie sah den Schotten erstmals beim San Remo-Festival 2020 und ist seither ein großer Fan. Den Titel ihres Lieblingsliedes, „Before You Go“, hat die Italienerin sogar auf ihrer Haut verewigt. „Das Lied bedeutet mir sehr viel“, erklärt sie. Als Capaldi diesen Hit zwölf Stunden später auf der Bühne singt, steht Camilla in der ersten Reihe. Es haben sich also sowohl die lange Anreise als auch das lange Anstehen gelohnt.
Von Wien nach Hamburg
Auch in Hamburg macht Lewis Capaldi auf seiner Tour Halt. Hier ist die Schlange um acht Uhr morgens dreimal so lang wie jene in Wien, knapp vierzig Fans harren schon in der Kälte aus. Unter anderem Mara, die aus dem Ruhrgebiet in Nordrhein-Westfahlen kommt und in Hamburg schon ihren zweiten Stopp dieser Tour einlegt. Es ist also nicht ihr erstes Lewis Capaldi-Konzert, auch nicht ihr zweites oder drittes: „Ich habe ihn schon elf Mal live gesehen und fünf Mal persönlich getroffen.“ Capaldis Musik entdeckt sie 2018 per Zufall auf einer Streaming-Plattform. Als sie zum ersten Mal seine Stimme hört, weiß sie sofort: „Den muss ich live sehen!“ Seitdem ist sie treuer Fan. „Lewis schätzt seine Fans“, sagt sie. „Wenn man mit ihm spricht, hört er einem wirklich zu. Man fühlt sich wertgeschätzt. Irgendwann hat er mich auch erkannt, zwar nicht namentlich, aber er hat sich mein Gesicht gemerkt.“
Mara besuchte im März 2020 noch Capaldis Konzert in London, bevor die Pandemie seine Tournee zu einem abrupten Ende zwang. Zu dieser Zeit befürchtete die 24-Jährige, dass die Welt Lewis womöglich vergessen würde. Die 15.000 Menschen, die später am Abend noch die Barclays Arena hier in Hamburg füllen werden, zeigen, dass das zum Glück nicht passiert ist. „Ich hoffe, dass er diesmal die Chance bekommt, sich überall auf der Welt zu beweisen, nicht nur in seiner Heimat. Das ist bislang wegen Covid zu kurz gekommen“, so die Studentin.
Welchen Ratschlag würde Mara ihm für seine Zukunft geben? „Mach weiter so. Verlier dich dabei nicht selbst und denk daran, das Leben ist kein Sprint. Es ist ein Marathon, also muss man durchhalten, auch wenn es manchmal zäh ist.“ Dass Capaldi sich selbst oft sehr unter Druck setzt, ist kein Geheimnis. Erst vor wenigen Tagen veröffentlichte er seinen Song „How I’m Feeling Now“, in dem er unter anderem seine Selbstzweifel schildert. Als er das Lied an diesem Abend auf der Bühne in Hamburg spielt, ist auch Mara zutiefst berührt.
Von Wien über Hamburg bis nach Frankfurt
Nur zwei Tage später sitzt Mara wieder vor den Toren einer Konzertarena, diesmal in Frankfurt. An ihrer Seite ist Alina, die von Lewis selbst liebevoll als „Day 1 – Fan“ bezeichnet wird. Ganze dreiundzwanzig Mal hat Alina den Schotten schon live gesehen und ihn auch siebzehn Mal persönlich getroffen. Sie erinnert sich an das erste Mal zurück: „Wir hatten bereits auf Instagram geschrieben, weil ich ihm dabei geholfen hatte, seine Single ‚Tough‘ zu promoten. Als ich ihn dann zum ersten Mal persönlich traf, ging er auf mich zu und sagte: ‚Alina! Es ist so schön, dich endlich kennenzulernen!‘ Das hat mich total überrascht, dass er meinen Namen kannte.“
Seitdem hat sie Capaldi in sämtlichen Städten Europas gesehen – von Belgien über die Niederlande bis hin nach Großbritannien. Bei der Erinnerung an das Konzert in Köln vor drei Jahren kommen ihr Tränen. Die Monate davor seien eine schwere Zeit gewesen; sie habe ihren Job verloren und sei in ein Loch gefallen. „Lewis und seine Musik waren immer für mich da“, sagt sie. Als sie ihn nach dem Konzert in Köln 2020 trifft und er bemerkt, dass es ihr nicht gut geht, baut er sie auf und sagt: „Bleib stark! Ich möchte dein Gesicht weiterhin bei meinen Konzerten in der ersten Reihe sehen.“ Wie sehr Lewis Fans wie Alina schätzt, zeigt sich einige Stunden später, als sie gemeinsam mit Mara und einigen anderen Freundinnen in der ersten Reihe steht und Lewis ihr während der Show zuwinkt.
Ein neues Album steht in den Startlöchern
Egal, in welcher Stadt, Lewis Capaldi berührt und begeistert. Es bleibt zu hoffen, dass er nach seiner Amerika-Tour im Frühling bald für weitere Konzerte nach Europa zurückkehren wird. Währenddessen können sich Fans auf seine Dokumentation und sein neues Album freuen, die jeweils im April und Mai erscheinen werden.
Zur Autorin
Ihre Faszination für andere Länder, Pop-Kultur und Menschen lässt Passion Author Melanie Falkensteiner immer wieder neue, spannende Entdeckungen machen. Ihre Tipps und Empfehlungen teilt die Studentin aus Klagenfurt auf www.weekend.at.